TKP/ML-Prozess
Die moralischen Sieger stehen längst fest - sofortige Einstellung des Verfahrens!
Wenige Tage vor dem dritten Jahrestag ihrer Verhaftung konnten die im Münchner TKP/ML-Prozess angeklagten Revolutionäre Sinan Aydin und Dr. Banu Büyükavci letzte Woche in Nürnberg selbst an der Kundgebung teilnehmen. Sie forderten die sofortige Einstellung des Prozesses und die Abschaffung der Strafparagrafen 129 a/b. Klar, dass die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer die beiden herzlich begrüßten.
Die moralischen Sieger in diesem Verfahren sind ohnehin schon jetzt die unbeugsamen Angeklagten, die unermüdliche internationale Solidarität, die unerschütterliche Überzeugung in das kommunistische Freiheitsideal. Sinan Aydin und Dr. Banu Büyükavci gehören zu den vier Angeklagten, die im Februar 2018 freigelassen wurden - ein großartiger, hart erkämpfter Erfolg. Mehmet Yeşilçalı kam im Dezember 2017 auf freien Fuß. Auch bei ihm, der lebensbedrohlich erkrankt war, musste die Freilassung hart erstritten werden.
Koordinierte konterrevolutinäre Aktion
Am Nachmittag des 15. April 2015 wurden in in Deutschland und in der Schweiz zehn Mitglieder (sieben aus Deutschland, einer aus Österreich, zwei aus der Schweiz) der ATIK, der Frauenorganisation Neue Frau (Yeni Kadin) und der Jugendorganisation YDG (Neue Demokratische Jugend) durch Spezialeinheiten der Polizei inhaftiert. Den inhaftierten Revolutionären wurde laut Pressemitteilung des BKA zur Last gelegt, "sich als Mitglieder - der Beschuldigte Müslüm E. als Rädelsführer - an der ausländischen terroristischen Vereinigung 'Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten' (TKP/ML) beteiligt zu haben."
Bereits bei der Verhaftung, bei der Anklage und im Lauf des seit zwei Jahren andauernden Prozesses vor dem Münchner Oberlandesgericht wurde klar: Den Angeklagten kann keine Straftat nachgewiesen werden, sie haben sich nichts zuschulden kommen lassen außer ihrer revolutionären Gesinnung und ihrem Engagement gegen Faschismus, für Freiheit, Demokratie und Sozialismus. Die Grundlage für den politischen Prozess gegen sie sind die reaktionären Paragraphen § 129b und § 129a Strafgesetzbuch, wonach die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung strafbar sei. Abgesehen davon, dass diese Paragraphen von Revolutionären und Demokraten grundsätzlich abgelehnt werden, ist die TKP/ML in Deutschland nicht verboten und steht noch nicht einmal auf der reaktionären Terror-Liste der EU.
Hier sollte und soll ein Exempel statuiert werden: die Beteiligung am internationalen proletarischen Klassenkampf - die TKP/ML kämpft unter anderem für die demokratischen Strukturen in Rojava und gegen den IS - unter einen generellen "Terrorismusverdacht" zu stellen. Interessant, dass auch die Klageerwiderung der Postbank gegen die MLPD in diese Richtung argumentiert. Sie bringt den Verdacht einer "Terrorfinanzierung" ins Spiel, weil die MLPD sich im Rahmen der ICOR am Wiederaufbau der vom faschistisch-terroristischen IS zerstörten Stadt Kobanê beteiligte.
Für die neue Regierung, ihre verschärfte Reaktion nach innen und außen, ist der Münchner TKP/ML-Prozess wichtig im Rahmen der "Linksextremismus"-Kampagne, die die damalige große Koalition im Zusammenhang mit den G-20-Protesten losgetreten hat. Die breite Solidaritätsbewegung mit den Angeklagten ist auch eine klare Kampfansage gegen die antikommunistische Kampagne der Regierung.
"Münchner Botschaft"
Das Internationalistische Bündnis und die MLPD waren unermüdlich in der Solidaritätsbewegung für die zehn Angeklagten und gegen die Kriminalisierung revolutionärer Gesinnung tätig. Im September 2015 ergriff ICOR-Hauptkoordinatorin Monika Gärtner-Engel als Prozessbeobachterin bei einer Kundgebung der Internationalistischen Liste/MLPD die Initiative für eine "Münchner Botschaft":
"Wir sind heute hier, um den Angeklagten in diesem Prozess unsere unverbrüchliche Solidarität zu zeigen", erklärte Monika Gärtner-Engel. "Und das machen wir heute, und das machen wir morgen und das machen wir übermorgen. Ihnen wird keine einzige Straftat vorgeworfen. Ihnen wird vorgeworfen, dass sie Anhängerinnen und Anhänger der kommunistischen Freiheitsidee sind. Wenn das zum Straftatbestand wird, erwidern wir: Revolution ist kein Verbrechen!"
Die Freilassung eines Teil der Gefangenen ist ein Erfolg der europaweiten Solidaritätsbewegung. Er war erkämpft gegen das weitgehende Ausblenden dieses Prozess aus der Öffentlichkeit. Die Solidaritätsbewegung hat jeden der über 80 Prozesstage begleitet, teilweise mit Demonstrationen und Kundgebungen. Die Internationalistische Liste/MLPD hat diese Solidarität zum Thema im Wahlkampf 2017 gemacht. Zwei der Gefangenen, Deniz Pektas und Erhan Aktürk, kandidierten für die Internationalistische Liste/MLPD zur Bundestagswahl.
Wenn es zum Straftatbestand erklärt wird, für die kommunistische Freiheitsidee einzutreten, erwidern wir: Revolution ist kein Verbrechen!
Monika Gärtner-Engel
Roland Meister, Verteidiger von Sami Solmaz und Mitglied des Zentralkomitee der MLPD zu Rote Fahne News: „Wir Verteidiger und mein Mandant haben uns natürlich sehr gefreut über diesen Erfolg – nach fast drei Jahren Isolationshaft. Das ist wichtig, eine Ermutigung und Ergebnis einer intensiven Arbeit der Solidarität. Natürlich spielt auch die aktuelle Situation eine Rolle, wo die Unterstützung der Bundesregierung für die Aggression der Türkei gegen Efrîn und die Repression im Inneren – allein 1000 Verhaftungen seit Beginn des Angriffs – zunehmend in die Kritik gerät.“
Die Solidarität wird nicht ruhen, bis alle zehn Angeklagten frei sind und der Prozess eingestellt ist. Diese Solidarität ist ein wichtiger Bestandteil des Kampfs gegen den Rechtsruck der Bundesregierung und ihre Kumpanei mit dem faschistischen Erdoğan-Regime.