Landrats- und Bürgermeisterwahlen

Landrats- und Bürgermeisterwahlen

Thüringen: Bürgerliche Parteien im Abwärtstrend

1.575.086 Menschen waren am vergangenen Sonntag zur Wahl der Bürgermeister und Landräte in 14 Landkreisen und sowie der sechs Oberbürgermeister in den kreisfreien Städten Thüringens aufgerufen.

Von dw
Thüringen: Bürgerliche Parteien im Abwärtstrend
1.575.086 Wahlberechtigte konnten an der Wahl in Thüringen teilnehmen, 47,2 Prozent betrug die Wahlbeteiligung (Foto: Pixabay/webandi)

Die Wahl der Stadt- und Gemeinderäte ist separat organisiert, in drei Landkreisen war aufgrund besonderer Umstände vorzeitig neu gewählt worden.

 

Die CDU jubelt: „Wir haben mehr Stimmen als Rot-Rot-Grün zusammen.“1 Das stimmt - genauso wie es stimmt, dass unter den Blinden der Einäugige König ist. Nur 47,2 Prozent der Wahlberechtigten nahmen überhaupt an der Abstimmung teil. Mehr als die Hälfte konnten sich also für keinen der ihnen angebotenen Kandidaten begeistern. Die latente politische Krise in Thürigen vertieft sich.

Erosion bürgerlicher Strukturen

Die CDU konnte gerade einmal 17,5 Prozent der Wahlberechtigten für sich begeistern. Die drei Koalitionsparteien der „rot-rot-grünen“ Landesregierung brachten es auf 14,6 Prozent. Nicht einmal die CDU stellte in allen Wahlkreisen Kandidaten auf, SPD und Linkspartei nur in drei Viertel bzw. der Hälfte der Wahlkreise. FDP und Grüne nominierten für Landrats- und OB-Amt gerade einmal vier bzw. drei Kandidaten. Das ist Folge deutlich geschwächter Organisationsstrukturen der herkömmlichen bürgerlichen Parteien in Thüringen.

Begeisterte Teilnehmer des Rebellischen Musikfestivals 2016 (Foto: RF)
Begeisterte Teilnehmer des Rebellischen Musikfestivals 2016 (Foto: RF)

In Kürze:

  • Erosion der herkömmlichen bürgerlichen Parteien wächst
  • Antifaschistische und antirassistische Aufklärungsarbeit gegenüber der AfD muss verstärkt werden
  • MLPD unterstützt Vorbereitung des Rebellischen Musikfestivals in Truckenthal (Thüringen)

Außerhalb der kreisfreien Städte Erfurt, Weimar, Jena, Gera, Suhl und Eisenach zeigt sich diese Erosion noch deutlicher. Zwar lag die Wahlbeteiligung im ländlichen Raum minimal höher (bei 50,1 Prozent), dafür aber auch der Anteil der ungültigen Stimmen mit 2,7 Prozent. 45,7 Prozent der Stimmen, knapp die Hälfte, gingen an Kandidatinnen und Kandidaten von Bürgerallianzen und Bündnissen aller Art und Schattierung außerhalb von CDU/SPD/FDP/Grüne/Linkspartei/AfD.

"Sonstige" in der Mehrheit

Die „Sonstigen“ stellen nach bisheriger Auszählung 44 Bürgermeister in kleineren Städten und Gemeinden bzw. Landräte, alle vorgenannten bürgerlichen Parteien zusammen 33. Allerdings steht die Stichwahl in fünf kreisfreien Städten und einigen Landkreisen noch für den 29. April an. Meistens handelt es sich dabei um Kräfte mit bürgerlich-demokratischem Anspruch, so dass die rechte Tendenz aus der Erosion der Massenbasis der bürgerlichen Parteien kaum Nutzen ziehen konnte.

Vertrauensverlust gegenüber den Parteien der Landesregierung ist eindeutig

Andreas Eifler, Sprecher der MLPD-Landesleitung Thüringen

„Der Vertrauensverlust gegenüber den Parteien der Landesregierung ist eindeutig", so Andreas Eifler, Sprecher der MLPD-Landesleitung Thüringen, im Gespräch mit Rote Fahne News. "Die CDU konnte davon kaum profitieren. Das werte ich als Vertiefung der latenten politischen Krise.“

Gewachsenes Bedürfnis nach antifaschistischer Organisiertheit

„Wir haben bei den Ostermärschen, beim Gedenken in Buchenwald und in antifaschistischen Aktionen ein gewachsenes Bedürfnis nach organisierter Zusammenarbeit bei unterschiedlichen Beteiligten festgestellt“, so Andreas Eifler weiter.

 

Die AfD konnte nur in drei Landkreisen und vier Städten Kandidaten aufstellen. Sie verfügt in der Fläche nicht über funktionierende Strukturen. Auch hatten potenzielle Bewerber Angst vor dem antifaschistischen Widerstand der Bevölkerung. Die OB-Kandidaten der AfD erreichten in Erfurt 14 Prozent, in Gera 21 Prozent, in Jena 8 Prozent und in Eisenach 15 Prozent.

 

In allen vier Orten bedeutet das nicht nur in absoluten Stimmen, sondern auch prozentual deutliche Verluste. Bei den Bundestagswahlen 2017 kam die faschistoide Partei noch auf 18 bzw. 19 Prozent (Erst- bzw. Zweitstimmen) in Erfurt und Eisenach, je 29 Prozent in Gera und 13 bzw. 14 Prozent in Jena. Allerdings zeigen auch diese Ergebnisse, dass die faschistoide Demagogie der AfD von einem Teil der Menschen noch nicht durchschaut wird.

 

Die MLPD stellte zu diesen Wahlen keine Kandidaten auf, da sie sich auf den weiteren Aufbau ihres neugegründeten Landesverbands in Thüringen konzentriert. Sie bereitet gemeinsam mit den Kräften des Internationalistischen Bündnisses die Kandidatur als Internationalistische Liste/MLPD zu den Landtagswahlen 2019 vor.

Festival mit Perspektive

Aktuell unterstützt sie die Vorbereitung des Rebellischen Musikfestivals an Pfingsten im südthüringischen Truckenthal. Es steht als antifaschistisches und internationalistisches Festival für einen klaren Gegenpol zu den neofaschistischen Umtrieben in der Region. Die gesellschaftliche Polarisierung zeigt sich besonders in Hildburghausen. Dort erhielt der bekannte Neofaschist Tommy Frenck, Organisator eines europaweiten faschistischen Musikfestivals in Themar, 16,6 Prozent der Stimmen.

 

Seit Jahren gibt es in der Region dagegen erfolgreiche antifaschistische Proteste, die von MLPD und REBELL unterstützt werden. Das hat sicher dazu beigetragen, dass Frencks Gegenkandidat Reinhard Hotop, einer der Sprecher der antifaschistischen Kräfte im Landkreis Hildburghausen, mit 22,3 Prozent deutlich vor dem Faschist liegt.

 

Das Rebellische Musikfestival vom 18. bis 20. Mai wird für die Jugend und alle Antifaschisten in Thüringen und darüber hinaus der Treffpunkt zu Austausch und Koordination – und zum Feiern.