Autokartell

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Verkehrsminister verhindert Aufklärung im Fall Porsche

Der Verkehrminister der neuen großen Koalition, Andreas Scheuer (CSU), tritt trotz gegenteiliger Beteuerungen voll in die Fußstapfen seines Parteifreunds und Vorgängers, Alexander Dobrindt.

Von gis
Verkehrsminister verhindert Aufklärung im Fall Porsche
Stuttgart - besonders vom Feinstaub geplagt (Foto: fotolia.com | #135663645 | Urheber: msl33)

"Es wird neue, sehr, sehr ernste Gespräche mit den Automobilkonzernen geben", tönte Andreas Scheuer im März. Er verstehe sich nicht als ausführendes Organ der Autobosse, sondern als Freund der Automobilarbeiter und Interessensvertreter der Dieselbesitzer. Die Belegschaften von VW, Audi, MAN, Porsche und Bosch werden nach ihren Erfahrungen mit den kriminellen Machenschaften von Konzernen und Bundesregierung beim Abgasbetrug diesem Freundschaftsangebot sicher eine Absage erteilen.

Warum setzt sich Scheuer nicht für Nachrüstung mit SCR-Katalysatoren ein?

Wer nach Scheuers hochtrabenden Worten seinen Einsatz für lückenlose Aufklärung und Umrüstung der betroffenen Fahrzeuge auf Kosten der Verursacher erwartet hatte, sah sich erneut getäuscht. Bis Jahresende mögen die geneigten Herrn Autobauer ihre Software auf Trab bringen - das war alles, was von den "sehr sehr ernsten" Forderungen des neuen Verkehrsministers an die Automonopole übrig blieb. Heiße Luft. Tatsächlich wäre als Sofortmaßnahme die Nachrüstung von älteren Dieselfahrzeugen mit SCR-Katalysatoren möglich. Diese Forderung stellten kämpferische Automobilarbeiter letztes Jahr bei einer Veranstaltung in Stuttgart. Der Stickstoffausstoß geht mit dieser Nachrüstung deutlich zurück, bei warmen Motoren um über 70 Prozent. Dies belegte ein Praxistest des ADAC. Die Kosten belaufen sich auf 1.400 Euro bis 3.300 Euro inklusive Einbau.

Verkehrsministerium blockiert Aufklärung von Porsche-Betrug

Ein Heilbronner Richter prüfte die Klage eines Macan-Besitzers gegen Porsche: dieser habe in seinem Auto Abschalteinrichtungen verbaut, die die Stickoxidwerte auf den Prüfständen absichtlich niedrig halten. Der Kläger verlangt von Porsche den Kaufpreis von 85.555 Euro zurück, weil er betrogen wurde. Das Gericht lud als Zeugen den Präsidenten des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA), Ekhard Zinke.

 

Zunächst lavierte das KBA. Das berichtet der SPIEGEL. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft, die gegen Porsche im Abgasbetrug ermittelt, habe gebeten, dass "ermittlungsrelevante Informationen nicht an die Öffentlichkeit geraten". Daher werde "höflichst darum gebeten, Herrn Zinke zunächst abzuladen". Der Heilbronner Richter jedoch hielt an der Ladung fest und verlangte ein Sachverständigengutachten. Vergangene Woche nun machte das Bundesverkehrsministerium, dem das KBA unterstellt ist, von seiner Weisungsbefugnis Gebrauch und verbot den Auftritt Zinkes vor Gericht.

Es wird neue sehr, sehr ernste Gespräche mit den Automobilkonzernen geben

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU)

 

Die Begründung ist äußerst merkwürdig: Das KBA sei als staatliche Behörde der Neutralität verpflichtet. In der Zeugenvorladung in dem Heilbronner Verfahren hatte jedoch nirgends gestanden, dass Zinke vor Gericht für den Porschekäufer und gegen den Konzern Partei ergreifen müsse. Ganz offensichtlich ging Porsche sicher davon aus, dass der Betrug bestätigt werden würde.

Porsche zahlt

Ende vergangener Woche gab Porsche vollständig nach und zahlte sogar mehr, als der Macan-Besitzer beansprucht hatte. In dieser Woche hätte das Auto von den Sachverständigen begutachtet werden sollen. Dem entgeht Porsche nun. An dem Tag, an dem das Gericht über die Absage für Zinke als Zeuge informierte, ging der volle Kaufpreis samt Zinsen und Anwaltskosten von 94.112 Euro auf dem Konto des beauftragten Anwalts ein.

 

Es pfeifen die Spatzen von den Dächern, dass beim von Audi stammenden Macan-Motor eine Abschalteinrichtung Abgaswerte im Labor künstlich niedrig hält. Porsche hatte dem Modell mit Drei-Liter-Dieselmotor bereits ein Softwareupdate verpasst und kündigte im Januar ein weiteres für europaweit rund 52.500 Fahrzeuge an. Porsche war damit einem vom KBA angeordneten Rückruf zuvorgekommen. Dieses hatte schon lange von den Abschalteinrichtungen gewusst und offenbar Prüfberichte beschönigend umgeschrieben. Am Mittwoch fand bei Porsche eine großangelegte Razzia durch die Staatsanwaltschaft Stuttgart statt.

Mutiger Siegmar Herrlinger auf voller Linie bestätigt

Die Internationalistische Liste/MLPD hat den Kampf gegen Auto-Kartell und Abgasbetrug zum Thema Nummer 1 in ihrem Bundestagswahlkampf gemacht. Kämpferische Kolleginnen und Kollegen haben mutig auf Betriebsversammlungen dazu gesprochen. Siegmar Herrlinger, Porsche-Angestellter, aktiver Gewerkschafter und Direktkandidat der Internationalistischen Liste/MLPD, wurde dafür fristlos gekündigt. Eine Welle der Solidarität und klare Gerichtsurteile brachten Porsche eine gesalzene Niederlage bei.

Neue Große Koalition genauso Dienstleister der Monopole

Scheuer setzt Dobrindts Politik des willigen Dienstleisters der Automonopole nahtlos fort. Das Vorgehen im Fall Zinke ist zwar besonders plump, aber keineswegs einzigartig. So funktioniert der staatsmonopolistische Kapitalismus! Die Betriebsgruppen der MLPD werden weiter systematisch dafür arbeiten, dass sich die Automobilarbeiter an die Spitze des Kampfs gegen die kriminellen Machenschaften des Autokartells, gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Belegschaften und die Massen und für die Rettung der Umwelt vor der Profitwirtschaft stellen.