Protestaktion

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Bosnien-Herzegowina: Mutige Frauen streiken seit sechzehn Monaten

Seit 16 Monaten streiken Arbeiterinnen der Schuhfabrik Fortuna mit ihren Kollegen in Gračanice in der Region Tuzla (Bosnien-Herzegowina). Sie werden von der Gewerkschaft „Solidarnosti“ unterstützt.

Von gp / dm / nd
Bosnien-Herzegowina: Mutige Frauen streiken seit sechzehn Monaten
Najila Mujaković (links) mit Kollegin (Mitte) und Suse Bader, Europakoordinatorin der Weltfrauenkonferenzen der Basisfrauen. Sie hält den Aufruf zur heutigen Protestaktion hoch (Foto: Internationalistisches Bündnis)

Die Fabrik hatte über 1.200 Beschäftigte, überwiegend Frauen. Eine der mutig streikenden Frauen, Najila Mujaković ist mit ihrer Begleiterin extra zum 1. Arbeiterkongress der Arbeiterplattform des internationalistischen Bündnisses am 21. April nach Hildesheim gekommen. Sie wurden dort begeistert aufgenommen (mehr zum Kongress).

 

Najila Mujaković berichtet: „70 Frauen haben Zelte vor dem Werkstor aufgebaut. Wir bewachen rund um die Uhr das Tor, damit keine Maschinen abtransportiert werden können. Nach zwei Nächten lösen wir uns ab.“ Seit 19 Jahren haben sie so gut wie keine Lohnerhöhung mehr bekommen, müssen mit 170 Euro im Monat klar kommen. In Deutschland bekommt man kaum eine Sandale der internationalen Marke Fortuna unter 60 Euro.

Die Fahne am Tor der Fortuna-Fabrik haben die Frauen aus Bosnien von der Arbeiterkonferenz als Geschenk mitgenommen (Foto: Internationalistisches Bündnis)
Die Fahne am Tor der Fortuna-Fabrik haben die Frauen aus Bosnien von der Arbeiterkonferenz als Geschenk mitgenommen (Foto: Internationalistisches Bündnis)

In Kürze:

  • Seit 16 Monaten streiken Arbeiterinnen und Arbeiter der Schuhfabrik Fortuna
  • Fabrikbesitzer nützte staatliche Subventionen mit kriminellen Methoden zum Aufbau neuer Fabriken
  • Arbeiterkongress des Internationalistischen Bündnisses vereinbarte, internationale Solidarität zu organisieren

 

Die Firma ist seit Jahren in der Insolvenz. Dazu wurden 250 Frauen entlassen. Vorwiegend ältere, gesundheitlich angeschlagene oder Frauen mit Kleinkindern, die eigentlich gesetzlich ein Jahr Kündigungsschutz haben. Die Zentrale von Fortuna ist in Bangladesch. Für die internationalen Konzerne lassen Zulieferer die Arbeiter in aller Welt unter unerträglichen Bedingungen schuften, so auch in der Region Tuzla.

"Die Bevölkerung steht hinter uns"

Auslöser für den Streik war die Enthüllung, dass der Fabrikbesitzer mit kriminellen Methoden staatliche Subventionen anstatt zur Sanierung der Schuhfabrik dazu benutzt hat, drei neue Schuhfabriken mit 400 Beschäftigten zu gründen. Außerdem wurde bekannt, dass Fortuna seit Jahren keine Sozialversicherungsbeiträge an den Staat gezahlt hat, so dass die Frauen weder krankenversichert noch rentenversichert sind.

 

„Die Bevölkerung steht hinter uns. Oft kommen auch Jugendliche ans Tor, bringen Essen und Trinken.“ Bei ihren Protesten werden die Streikenden immer wieder von der Polizei angegriffen und geschlagen: „Da haben wir Gleichberechtigung. Die Polizei macht keine Unterschiede beim Draufschlagen, egal ob Frau oder Mann“, erzählt Najila Mujaković.

Angeklagt wegen Aufbau von Zelten

Sie selber ist mit zwei weiteren Frauen wegen des Aufbaus der Zelte am Tor angeklagt, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt nicht einmal in der Stadt war. Am 23. April fand eine Insolvenzverhandlung mit einem Richter statt, bei der die Arbeiterinnen und Arbeiter ebenfalls beteiligt sind. Sie fordern die Absetzung und Bestrafung des Insolvenzverwalters wegen Korruption.

 

Najila Mujaković wirbt bei den ausgelagerten Firmen unter den dortigen Arbeiterinnen um Beteiligung, denn „das wäre ein kleiner Erfolg, aber die Frauen stehen unter massivem Druck.“

Internationale Solidarität wird organisiert

Am 24. April führten die Streikenden eine Protestaktion anlässlich einer Industriemesse mit hochrangigen Politikern - auch aus der EU - durch. Weil die Messe genau gegenüber ihrem Werkstor ist, wurde ihre Protestaktion von der Polizei verboten. „Aber wir lassen uns nicht abhalten, zu protestieren. Wir haben da einige Ideen,“ sagt Najila Mujaković stolz.

 

Das taten sie auch. Eine Korrespondentin berichtet von dem Protest: "Der Protest startete um 10 Uhr und dauerte bis 15 Uhr. In der Zeit waren zirka 100 Menschen anwesend. Mit der Polizei haben sich die Arbeiterinnen geeinigt das der Protest innerhalb der Schuhfabrik, genauer im Hof, stattfindet.

 

Vor 8 Uhr haben die Arbeiterinnen Plakate und Fahnen an den Zaun gegenüber der Messe gehängt. Um 8 Uhr kam die Polizei um die Arbeiterinnen zu warnen das sie die Fabrik nicht verlassen durfen, sonst würden sie verhaftet. Um 10 Uhr kam die Polizei noch einmal um ihnen mit Verhaftung und Sonderpolizei-Einheit zu drohnen. Einschließlich Sonderpolizei waren zirka 50 Polizisten anwesend. Doch die Arbeiterinnen und Arbeiter haben sich nicht einschüchtern lassen.

Begeisterung und Freude über so viel Support

Die Arbeiterinnen und Arbeiter haben die Solidaritätsbriefe gelesen und alle waren begeistert und froh über so viel Support. Die Herrschenden in Bosnien-Herzegowina haben Angst vor den Arbeiterinnen und der internationalen Solidarität.“

 

 


Solidaritätsadressen bitte an: sindikatsolidarnosti@outlook.com