Themar
Antifaschistischer Protest – von Religion bis Revolution
Statt das Faschisten-Konzert in Themar/Südthüringen zu verbieten, macht der Staatsapparat die idyllische Kleinstadt zu einer von der Polizei besetzten Zone.
Die Polizei will die aus ganz Europa anreisenden Faschisten von den Gegendemonstranten und der Bevölkerung trennen, statt konsequent gegen jede Volksverhetzung auf dem Konzert vorzugehen. Polizeipanzer, Wasserwerfer und Hunderte Polizisten sind vor Ort.
Gottesdienst am Freitagabend
Ein breit aufgestelltes Bündnis organisiert den Protest. Bewusst haben die Themarer alle Läden an diesem Wochenende geschlossen, damit keine Faschisten bei ihnen einkaufen können. Der Freitagabend begann mit einem Friedens-Gottesdienst, in dem neben den Gemeinden auch ein Flüchtling, Politiker und ein Posaunenchor der Nachbargemeinde auftraten.
An die 300 Menschen demonstrierten anschließend durch die Stadt hin zur Festwiese. MLPD und Jugendverband REBELL verteilten ihr neues Flugblatt nicht nur an die Demonstranten, sondern wandten sich besonders an die Einwohner in den anliegenden Gärten. Würdig war die Idee, die 193 Todesopfer des faschistischen Terrors seit 1990 in Form von weißen Kreuzen mit auf den Demozug zu nehmen. Daraus dann aber einen schweigenden Kreuzzug zu machen, war umstritten. Die MLPD und der REBELL führten zunächst ein Offenes Mikrofon mit antifaschistischen Liedern und Wortbeiträgen durch, entsprach dann aber dem Wunsch, ein Teilstück der Demonstration als stilles Gedenken durchzuführen.
Abschlusskundgebung am Ort des Faschistenkonzerts
An der Festwiese standen sich die Antifaschisten und das Faschisten-Konzert, getrennt durch zwei Zäune und Polizei, gegenüber. Lauthals wurden antifaschistische Parolen gerufen, es wurde gepfiffen und gesungen. In dieser kämpferischen Atmosphäre wurde die Abschlusskundgebung abgehalten. Klaus Dimler, Sohn eines KZ-Häftlings aus Buchenwald, betonte emotional die nötige Einheit von Christen und Kommunisten im Kampf gegen den menschenverachtenden Faschismus. Julia Scheller von der MLPD gratulierte der Bevölkerung zu ihrer antifaschistischen Haltung, dem Protest von Religion bis Revolution und forderte heraus, sich zu organisieren und Multiplikatoren des Widerstands zu werden. Sie forderte das Verbot des Faschisten-Konzerts.
Nico Held vom Jugendverband REBELL war empört, dass Faschisten eine Bühne bekommen, um die Jugend zu verhetzen. Er berichtete, dass solch ein Konzert beschützt wird, während vor drei Wochen das Rebellische Musikfestival - mitinitiiert von MLPD und REBELL - vom Verbot bedroht war und die Polizei sich auf einen blutigen Einsatz einstellte. In Thüringen gibt es besondere Verbindungen zwischen Faschisten und Teilen des Staatsapparats und dem Inlandsgeheimdienst „Verfassungsschutz“. Hinter dem Faschismus stehen die Interessen der großen Konzerne. Es brauche keine Verschärfung der Polizeigesetze, sondern die konsequente Anwendung des Potsdamer Abkommens. Zum Abschluss wurde das italienische Partisanenlied „Bella Ciao“ von Hunderten Kehlen geschmettert – ein verbindendes und ermutigendes Gefühl.
Empörende Kriminalisierung
Und doch gab es in der lauen Sommernacht ein Nachspiel. Die Polizei verlangte die Personalien von Nico Held; aus seiner Rede ergebe sich ein Anfangsverdachts der Verleumdung. Das kann sich nur darauf beziehen, dass er die Verbindung von Teilen des thüringischen Staatsapparats mit den Faschisten kritisierte.
Spontan wurde zu später Abendstunde nochmal eine Protestkundgebung zur Solidarität mit Nico Held angemeldet. Aus den Verbindungen zur Themarer Bevölkerung wuchs eine Einheit und einige trugen sich als Unterstützerinnen und Unterstützer des Internationalistischen Bündnisses ein, oder haben Interesse an der Mitgliedschaft in MLPD, bzw. im REBELL.
Samstag in Themar
Vom heutigen Samstag in Themar berichtet eine Korrespondentin: „Es ist aktuell ein Volksfest hier im Ort. Die Menschen in Themar haben die Schnauze voll, dieses Spektakel jetzt das dritte Mal ertragen zu müssen. Sie sind sich ziemlich einig gegen die Faschisten. Die Polizei ist nach wie vor massiv präsent und riegelt den ganzen Ort ab. Anfangs hat sie noch versucht, die faschistischen Konzertbesucher hier durch die Feiermeile zu geleiten. Das wurde inzwischen eingestellt und die Polizei „sortiert“ am Ortseingang aus. Leider fährt sie auch regelmäßig hier durch die Festmeile.
Gerade beginnt die Kundgebung. Neben der Kirche mit den weißen Kreuzen, die auch heute wieder dabei sind, sind als Parteien nur die Grünen und die MLPD zu sehen. Wir sind mitten unter den Leuten, die sich sehr für unser aktuelles Flugblatt „Keinen Fußbreit den Faschisten! Stärken wir die Kräfte im Kampf gegen die Rechtsentwicklung der Regierung!“ interessieren. Viele stimmen uns auch zu, dass die Regierung diese Rechtsentwicklung aktiv betreibt. Bisher ist hier alles ruhig.“