Halberg Guss

Halberg Guss

Dritte Woche Streik – vor wichtiger Entscheidung

Seit 22 Tagen streiken 700 Beschäftigte der Firma Halberg Guss in Leipzig und 1.500 Beschäftigte in Saarbrücken.

Von gp
Dritte Woche Streik  – vor wichtiger Entscheidung
Die Streikfront in Leipzig wie auch in Saabrücken steht (rf-foto)

Der Streik ist die Antwort auf die Ankündigung des Eigentümers Prevent¹, den Standort Leipzig 2019 ganz zu schließen und in Saarbrücken 300 Arbeitsplätze zu vernichten. Der Streik wird von den Kolleginnen und Kollegen rund um die Uhr diszipliniert organisiert. Leiharbeiter, auch bereits Gekündigte und Auszubildende nehmen selbstverständlich teil. Die Empörung über Prevent ist riesig: „Firmen aufzukaufen um sie dann in den Ruin zu treiben ist eine Frechheit“, kritisiert ein Kollege. Die Familien unterstützen den Streik, auch die Bevölkerung. Eine Grundschulklasse hat Bilder gemalt und schreibt: „Sie machen das richtig. Wir wollen auch nicht, dass Eure Fabrik schließt. Ihr sollt nicht aufhören, zu streiken.“

Streik zeigt auch antifaschistisches Bewusstsein

Delegationen aus anderen Betrieben kommen zu den Streikenden, so Vertrauensleute von Opel Eisenach. Die Genossinnen und Genossen der MLPD sind regelmäßig am Streiktor. Auch zwischen den beiden Standorten Saarbrücken und Leipzig besuchen sich die Streikenden gegenseitig. Der gemeinsame Streik repräsentiert die Arbeitereinheit Ost/West, – eine Forderung, die in der letzten Metall-Tarifrunde eine große Rolle spielte. Die Belegschaft in Leipzig war schon 2003 aktiv am Streik zur Angleichung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich in Ostdeutschland aktiv beteiligt. Der Streik zeigt auch das antifaschistische Bewusstsein der Belegschaft, denn als die AfD versuchte, sich bei den Streikenden anzubiedern, haben ihr die Kolleginnen und Kollegen die kalte Schulter gezeigt – die AfD hat keinen Stich gemacht.

Solidarität hilft siegen (rf-foto)
Solidarität hilft siegen (rf-foto)

In Kürze

  • Streik wird von den Kolleginnen und Kollegen rund um die Uhr diszipliniert organisiert.
  • Hinter dem Streik stehen Familien, Schulklassen und breite Teile der Bevölkerung und viele solidarische Belegschaften
  • Ein selbständiger Streik kann auf breite Unterstützung zählen

 

Der Streik bei Prevent spiegelt wie in einem Brennglas den verschärften Konkurrenzkampf unter den Autokonzernen und zwischen den Autokonzernen und Autozulieferern, aber auch die krisenhaften Entwicklung der Autokonzerne als Folge ihrer kriminellen Abgasmanipulationen wider. Dazu kommen die Auswirkungen der sich anbahnenden Strukturkrise mit der Umstellung auf die E-Mobilität.

Kolleginnen und Kollegen wollen ihre Arbeitsplätze verteidigen

Unter den Kolleginnen und Kollegen gibt es von Beginn an eine Auseinandersetzung über das Streikziel. Für viele ist dies eindeutig: „Wir wollen unsere Arbeitsplätze erhalten, deshalb müssen wir streiken.“ Im Gegensatz dazu steht der Kampf um einen Sozialtarifvertrag - mit dem Inhalt von Abfindungen und einer Qualifizierungsgesellschaft -, wie er auf Vorschlag der IG Metall-Führung geführt wird. Der Abschluss eines Sozialtarifvertrages setzt aber die Zustimmung zur Arbeitsplatzvernichtung voraus – er regelt lediglich, wie die Vernichtung der Arbeitsplätze durch Abfindungen, Transfergesellschaften usw. „abgefedert“ wird. Viele Belegschaften haben die bittere Erfahrung machen müssen, dass mit einem Sozialtarifvertrag ihre Arbeitsplätze nicht zu retten waren. Das hängt damit zusammen, dass es in Deutschland nur ein auf Tarifverhandlungen beschränktes Streikrecht gibt. Das verbietet den Gewerkschaften, einen Streik zur Verteidigung der Arbeitsplätze oder gegen eine Werksschließung zu führen! Diese weitgehende Einschränkung eines Grundrechts der Arbeiterklasse ist Ausdruck der Diktatur der Monopole in unserer Gesellschaft. Eine Schlussfolgerung ist der Kampf für ein vollständiges und allseitiges gesetzliches Streikrecht - den kann und muss jeder Gewerkschafter unterstützen.

 

Auf Antrag von NHG hat ein Gericht die Aufhebung der Torblockade in Leipzig angeordnet. Seit zwei Wochen werden die Streikenden Tag und Nacht von einem Polizeiauto überwacht. Das Gerichtsurteil sollte notfalls mit einer angerückten Hundertschaft der Polizei durchgesetzt werden. Es wurde deutlich: wer den freien Zugang zur Produktion verhindert oder gegen das Hausverbot verstößt, „gefährdet die öffentliche Ordnung“ der kapitalistischen Produktionsverhältnisse. Nach den neuen Polizeigesetzen künftig ein Grund, Kolleginnen und Kollegen bereits zu verhaften, wenn die Polizei sie verdächtigt, „gegen die öffentliche Ordnung“ zu verstoßen.

Kampf um jeden Arbeitsplatz

Die Geschäftsführung von NHG erhöht den Druck auf die Beschäftigten und droht auch mit der Schließung von Saarbrücken, wenn der Streik nicht beendet wird. Zur aktuellen Situation berichtet ein Kollege aus Leipzig: „Die Streikfront steht nach wie vor, aber unter den Kollegen wächst die Unsicherheit, ob wir die Schließung noch verhindern können. Deshalb hört man jetzt öfter: 'besser einen guten Sozialplan als gar nichts'. Wir wollen aber auf jeden Fall weiter streiken.“

 

Als 2004 Opel das Werk in Bochum schließen wollte, hat die Belegschaft sofort die Arbeit niedergelegt und selbständig gestreikt. Sie haben damit erreicht, dass ihr Werk nicht geschlossen wurde. Das ist auch der Weg, auf dem Belegschaft von NHG ihre Arbeitsplätze verteidigen und die Werksschließung verhindern können. Der bisherige Verlauf des Streiks zeigt, dass sie sich dabei auf eine breite Unterstützung und Solidarität in der Bevölkerung, in den Gewerkschaften und Betrieben stützen und verlassen können.

Positive Gewerkschaftsarbeit der MLPD

Die MLPD steht für eine positive Gewerkschaftsarbeit und setzt sich dafür ein, Gewerkschaften zu Kampforganisationen zu machen. In einer Solidaritätserklärung von Gabi Fechtner, Vorsitzende der MLPD, heißt es: „Die MLPD ... setzt sich dafür ein, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter über die Betriebs-, Konzern- und Ländergrenzen hinweg gemeinsam kämpfen. Im Kampf gegen die Arbeitsplatzvernichtung fordert und unterstützt sie die Forderung nach der 30 Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich zum Erhalt und Schaffung neuer Arbeitsplätze! … Die MLPD ist eine revolutionäre Arbeiterpartei, die vor allem in den industriellen Großbetrieben in ganz Deutschland verankert ist. Wir werden weiter über Euren Streik berichten und praktische Solidarität organisieren, gerade an den Standorten der Automobilindustrie, die Eure Produkte abnehmen – aber auch darüber hinaus. Für alle Kolleginnen und Kollegen, die nach einer grundsätzlichen gesellschaftlichen Alternative suchen, ist die MLPD die richtige Adresse. Sie tritt für den echten Sozialismus ein, in dem Schlussfolgerungen gezogen werden, warum der Sozialismus in der DDR und allen anderen ehemals sozialistischen Ländern verraten wurde.“

 

Die Kampfentschlossenheit und die breite Solidarität haben dazu geführt, dass die Geschäftsführung von Neu Halberg Guss sich bereit erklärt hat, am 12.7. mit der IG Metall zu verhandeln.Egal wie die Kolleginnen und Kollegen sich entscheiden, sie brauchen breite und aktive Solidarität! Diese Solidarität kann auch die materiellen Mittel aufbringen, gegebenenfalls einen selbstädnigen Streik auch ohne gewerkschaftliche Streikkasse durchzuhalten.

Solidaritätsadressen an:

leipzig@igmetall.de

Saarbruecken@igmetall.de

redaktion@rf-news.de