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NSU und Latife Cenan-Adigüzel – zwei Urteile in Deutschland

Am 11. Juli wurden in München die Urteile im NSU-Prozess verkündet. Am 16. Februar wurde in Düsseldorf das Urteil gegen Latife Cenan-Adigüzel in Düsseldorf verkündet. Was haben beide Urteile gemeinsam?

Korrespondenz aus Hamburg
NSU und Latife Cenan-Adigüzel – zwei Urteile in Deutschland
Latife Cenan-Adigüzel

Enver Simsek, Abdurrahim Özüdogru, Süleyman Tasköprü, Habil Kilic, Mehmet Turgut, Ismail Yasar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubasik, Halit Yozgat und Michèle Kiesewetter hatten Familien, Geschwister, Kinder. Alle zehn Menschen wurden im Auftrag des „Nationalsozialistischen Untergrund – NSU“ aus faschistischer Gesinnung durch Kopfschüsse ermordet.

 
Bis heute bleiben Fragen offen, nach den Hintermännern des NSU-Netzwerkes, der Rolle des sogenannten Verfassungsschutzes, der Akten geschreddert, Beweismaterial vernichtet und V-Männern in die Naziszene eingeschleust hat.

Auf freien Fuß gesetzt

Alle V-Männer und Verantwortlichen wurden vor Strafverfolgung geschützt - die Hinterbliebenen, Familien über Jahre wie Kriminelle bzw. Tatverdächtige behandelt. 

 

Verurteilt wurde die NSU-Terroristin Beate Zschäpe zu lebenslänglich, ohne Sicherheitsverwahrung. Der NPD-Funktionär Rolf Wohlleben zu zehn Jahren Haft und gestern auf freien Fuß gesetzt. Zum dritten Angeklagten André Eminger sagte Richter Götzl: „Er ist schuldig der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Im Übrigen wird er freigesprochen."


Latife Cenan-Adigüzel ist in Deutschland lebende Kurdin, Mutter, Ehefrau, Schwester, Schwägerin und Tante. Von Beruf Altenpflegerin, aus Überzeugung Antifaschistin. Sie war Vorsitzende der Anatolischen Förderation, beteiligte sich an den Solidaritätsdemos zu den Gezi-Protesten, für die Aufklärung in den NSU-Prozessen und nahm Anteil am Leid der türkischen Solinger Familie, die 1993 durch einen feigen, nationalistischen Brandanschlag fünf Menschen verlor.

Ihr Verbrechen" ist ...

... eine angebliche Mitgliedschaft in einer „terroristischen Vereinigung“. Verurteilt wurde Latife Cenan-Adigüzel nach dem Terrorismus-Paragrafen 129 a/b. Sie musste am 21. Juni eine Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten antreten. Die im Urteil konstruierte Mitgliedschaft in einer "terroristischen Vereinigung" konnte trotz Bespitzelung bis zu ihrer Inhaftierung nicht nachgewiesen werden.

 

Im Gegensatz zu dem bekennenden Neofaschisten André Eminger wurde Latife nicht einmal eine Haftaufschiebung zur Versorgung ihres kranken Ehemannes genehmigt.

 
Wehret den Anfängen! Freiheit für Latife Cenan-Adigüzel!