Helsinki-Gipfel
US-Präsident Trump gerät wegen Zugeständnissen an Putin unter Beschuss
In Helsinki trafen sich am 16. Juli erstmals seit acht Jahren wieder die Spitzenpolitiker des US-Imperialismus und des neuimperialistischen Russland, Donald Trump und Wladimir Putin, zu einem Gipfel.
Da neben den beiden Staatsschefs nur Dolmetscher dabei waren und die anschließende Pressekonferenz wenig Konkretes beinhaltete, kann nur vermutet werden, über was sie wirklich sprachen.
In Kürze:
- Massive Widersprüche zum Persilschein von Donald Trump für Putin in Sachen Beeinflussung der US-Wahlen
- Fast die komplette Führung der Republikaner distanzierte sich von Trump
- Streit zwischen zwei Fraktionen des US-Finanzkapitals, die gemeinsame Ziele verfolgen
Vor allem Trumps überschwängliche Lobhudelei gegenüber dem russischen Präsidenten nach jahrelanger Tendenz zur Verschärfung der Widersprüche zwischen den USA, der NATO und dem wieder aufsteigenden neuimperialistischen Rivalen Russland lässt die Tassen bei den westlichen Verbündeten, aber auch in seiner eigenen Republikanischen Partei hochgehen.
Gegenwind in Trumps Republikanischer Partei
Fast die komplette Führung der Republikaner - mit Ausnahme von Vizepräsident Mike Pence und Senator Rand Paul - distanzierte sich dieses Mal von Trump. "Russland ist nicht unser Freund", widersprach ihm Mitch McConell, Mehrheitsführer der Republikaner im Senat. Selbst Trumps Lieblingssender "Fox" kommentierte: "Es ist schockierend und kritikwürdig, wenn ein Präsident sagt, er glaube ausländischen Regierungschefs mehr als den eigenen Diensten."
Gemeint ist damit der Persilschein, den Trump Putin bei der gemeinsamen Pressekonferenz hinsichtlich der Vorwürfe des FBI-Chefermittlers ausstellte. Dieser sprach kurz vor dem Helsinki-Treffen von Beweisen für eine russische Einmischung in den US-Wahlkampf - zugunsten von Trump. Ohne allerdings den Zusammenhang zu den ebenfalls laufenden Ermittlungen über die Verstrickungen des Trump-Clans mit Russland zu erwähnen.
Peinlicher Rückzieher
Kaum zurück, musste Trump angesichts der massiven Empörung in den eigenen Reihen den Rückzug antreten. Er habe sich wohl versprochen: "Vielleicht war ich ein bisschen undeutlich."
In den bürgerlichen Massenmedien wird die Unberechenbarkeit Trumps und seine ungehobelte Missachtung selbst minimaler diplomatischer Standards ins Zentrum gerückt. Das sind tatsächlich Merkmale seiner ultrareaktionären, faschistoiden Regierungsmethode, die aber reale machtpolitische Hintergründe haben.
Trump erklärt EU zum "Feind"
So ist die verstärkte Annäherung an Russland die Konsequenz aus der Einschätzung der Trump-Regierung von China als Hauptrivalen im Kampf um die Weltherrschaft. Dazu tritt auch eine zunehmende Distanz und Feindseligkeit gegenüber der EU. In einem Interview kurz vor dem Treffen mit Putin bezeichnete Trump die EU als "Feind" angesichts dessen, "was sie uns im Handel antut". Damit setzte er den jahrzehntelangen imperialistischen Verbündeten mit Russland gleich, das ebenfalls weiterhin ein "Feind" sei.
Die hinter Trump stehenden reaktionärsten Kreise des US-Finanzkapitals wie die Öl- und Gasindustrie oder die Auto- und Rüstungskonzerne sind mit am stärksten im internationalen Konkurrenzkampf zurückgefallen und setzten von Anfang an auf eine engere taktische Zusammenarbeit mit Russland. Indem sie versuchen, Russland stärker auf ihre Seite zu ziehen, soll vor allem das Bündnis zwischen Russland und China geschwächt werden.
Parallelen in der Regierungsmethode von Trump und Putin
Trumps Wortwahl und sein taktisches Vorgehen widerspiegeln die Herausbildung einer Multipolarität im heutigen imperialistischen Weltsystem und dabei besonders den wirtschaftlichen Rückfall des US-Imperialismus, den dieser aggressiv auf ökonomischem, politischem und militärischem Gebiet wieder wettmachen will. Sie widerspiegeln aber auch eine Annäherung gegenüber Putin gerade in der Regierungsmethode verschärfter Aggression nach außen und ultrareaktionärer bis faschistoider Repression nach innen.
Aus ähnlichen Gründen ließ Trump beim letzten G7-Gipfel die Suche nach gemeinsamen Ergebnissen platzen und stößt die bisherigen europäischen Verbündeten auch in der NATO immer wieder vor den Kopf. Neue Bündnisse zwischen imperialistischen Ländern werden vorbereitet, alte Bündnisse in Frage gestellt. So setzte die EU gleichzeitig ein Freihandelsabkommen mit Japan ohne die USA durch und einigte sich beim EU-China-Gipfel in Peking auf eine engere Zusammenarbeit mit dem Hauptkonkurrenten der USA.
Verschärfte Widersprüche im US-Finanzkapital
Das verschärft auch die Widersprüche innerhalb des US-amerikanischen Finanzkapitals. Mittlerweile gehen offenbar nicht nur diejenigen Teile des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals auf Distanz zu Trump, die bisher schon kritisch waren, sondern auch Teile der besonders reaktionären Kreise, die ihn bisher unterstützten. Darauf deutet auch die Forcierung der Ermittlungen des FBI gegen Trump und seine Russland-Connections hin.
Eine Rolle spielen dabei auch Befürchtungen führender Monopole, der von Trump zunehmend verschärfte Handelskrieg könne negative Folgen für sie selbst haben. Das ist Ausdruck des sich verschärfenden gesetzmäßigen Widerspruchs zwischen der internationalisierten Produktion und der nationalstaatlichen Organisationsform des Kapitalismus.
Wachsamkeit geboten
Allerdings ist dies ein Streit zwischen zwei Fraktionen des Finanzkapitals, die das gemeinsame Ziel verfolgen, die Vorherrschaft der letzten verbleibenden Supermacht USA aufrechtzuerhalten, und sich nur in den Methoden uneinig sind.
Sollte es bei dem Treffen zwischen Trump und Putin zu Absprachen über das weitere Vorgehen im Syrien-Krieg und eine Aufteilung der Einflussgebiete gekommen sein, ist Wachsamkeit geboten. Trump signalisierte zumindest den „Beginn einer erfolgreichen Zusammenarbeit in Syrien“. Eine solche Aufteilung geschieht auf dem Rücken der Völker Syriens und ist nur die Fortsetzung des blutigen imperialistischen Kriegs. Dagegen fordert die MLPD: „Für ein selbstbestimmtes Syrien – alle imperialistischen Kräfte raus aus Syrien!"
Überlegene Kraft muss entstehen
„In dieser aufgewühlten, destabilisierten und krisenhaften Welt muss eine dem Imperialismus überlegene Kraft entstehen. Die Zeit ist reif für den Aufbau einer internationalen antiimperialistischen und antifaschistischen Einheitsfront, deren Kern das internationale Industrieproletariat bilden muss.“ Diese Schlussfolgerung zieht Stefan Engel in seiner Broschüre "Über die Herausbildung der neuimperialistischen Länder" (S. 66).