Kultursaal Horster Mitte

Kultursaal Horster Mitte

Das Haus des Widerstands bleibt

250 Menschen beteiligten sich heute Abend an der Demonstration für den Kultursaal Horster Mitte in Gelsenkirchen¹. Gegen die politisch motivierte Nutzungsuntersagung gab es viel Beifall im Stadtteil. (Jetzt mit Bildreport am Ende)

Korrespondenz
Das Haus des Widerstands bleibt

Wenn eine Braut neben einem Nikolaus durch den Gelsenkirchener Stadtteil Horst läuft, muss man schon zweimal hinschauen. Wenn sie von 250 Menschen mit Fahnen, Schildern und Transparenten begleitet werden, hat man eine beeindruckende Demonstration - eine wie sie der Stadtteil zuletzt im erfolgreichen Kampf gegen die Krankenhausschließung erlebt hat.

 

Daumen hoch und viel Beifall gab es aus den Wohnblöcken ebenso wie aus den Eisdielen der Fußgängerzone. Das Victory-Zeichen aus hupenden Taxis und Fahrzeugen. Die Montagsdemo hatte heute ihre wöchentliche Demonstration und Kundgebung in den Stadtteil verlegt, um gegen die städtische Nutzungsuntersagung für den Kultursaal zu protestieren. Bei Auftakt-, Zwischen- und Abschlusskundgebung kamen die zahlreichen Nutzerinnen und Nutzer und die Eigentümer zu Wort. Während der Demonstration reihten sich einige aus dem Stadtteil spontan ein. Passanten spendeten am Rande der Demo fast 100 Euro für die Prozesskosten.

Seit 14 Jahren ohne Probleme

Dass eine drei Quadratmeter große Bodenplatte einem ganzen Gebäudekomplex über Nacht die Standfestigkeit raubt, will der Stadt einfach niemand glauben. Immerhin wird der Saal seit 14 Jahre ohne Probleme in der jetzigen Form genutzt. Aber seit dem 5. Juli 2018, 0 Uhr, ist dies angeblich eine Gefahr für Leib und Leben. Das Haus, wie es ist, steht seit 1928, ohne zu wackeln.

 

Stefan Engel (MLPD), Ideengeber für den Kultursaal, berichtete, dass die Stadt entgegen aller Gepflogenheiten keinerlei Möglichkeit gab, angebliche Mängel zu beseitigen. Stattdessen wurde die umgehende Schließung angeordnet mit drakonischen Strafen bei Zuwiderhandlung.

 

Hinter dem Fronttransparent liefen symbolisch für über 1.000 Veranstaltungen mit 60.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern eine Braut für die Hochzeiten, der Nikolaus für die Nikolausfeiern der Rotfüchse, die Zumba-Tänzer des Sportvereins Horst Emscher 08, eine Torte für die vielen Geburtstagsfeiern , die Bergleute von Kumpel für AUF, die Bedienungen des Catering-Service Schacht 3, die die Kantine im Saal betreiben;  Babys für die Tauffeiern, Sportler von Kampfsport International und die MLPD, die als Eigentümern den Saal für hochkarätige Veranstaltungen nutzt. Hier findet auch eine Verbrüderung mit Flüchtlingen statt - kein Zufall also, dass heute auch eine Vertreterin für die kurdischen Frauen sprach und ein Genosse der syrischen PYD.

 

"Die Gemeinsamkeit wird kaputt gemacht", protestiert Angela gegen die Stadt. Sie bietet einmal in der Woche Gymnastik im Saal an. Schacht 3 erwägt, Kurzarbeit anzumelden, wegen der Geschäftseinbußen.

Bis nach Burkina Faso

Aus dem In- und Ausland wurden Grußadressen vorgetragen. Auch aus Burkina Faso in Afrika. "Das hätten sich die Bürokraten des Rechtsamts nicht träumen lassen, einmal bis nach Afrika berüchtigt zu werden", kommentiert Monika Gärtner-Engel. Die Stadtverordnete führte gemeinsam mit Thomas Kistermann von der Gelsenkirchener Montagsdemo durch die Aktion. Rebellische Grüße sandte unter anderem Konstantin Wecker an die Demonstration.

Die Horster Mitte ist ein Haus des Widerstands geworden

Gabi Fechtner

"Wie die Montagsdemo den 'Tag des Widerstands' etabliert hat, ist die Horster Mitte zu einem 'Haus des Widerstands' geworden", so Gabi Fechtner, die Vorsitzende der MLPD, auf der Zwischenkundgebung. Sie offenbarte die wahren Hintergründe der politisch motivierten Nutzungsuntersagung.

 

Hier tagen Bergleute, die gegen Zechenschließung, Giftmüllverklappung und Deputatklau aktiv sind. Hier trafen sich die widerständigen Horster, die ihr Krankenhaus verteidigten. Und hier führt die MLPD die größten politischen Veranstaltungen in Gelsenkirchen durch. Der Jugendverband REBELL betreibt ein Jugendzentrum und feiert Parties und Konzerte im Saal. Sein am Wochenende gestartetes Sommercamp sandte der Demo Grüße. Das Haus wird von allen geliebt. Aber ist allen denen ein Dorn im Auge, die mit dem Volk umspringen wollen, wie es ihnen beliebt.

Namhafte Kunsthistoriker, Statiker und Architekten

Der Gelsenkirchener Architekt Karl-Heinz Rotthof hat selbst beim Umbau mitgewirkt. Wie das Statiker-Gutachten, bestätigt er die Standfestigkeit des Hauses. Er berichtete auch wie namhafte Fachleute wie Prof. Roland Günter mit Unverständnis und Empörung auf die Schließung reagieren. Beim Umbau wurde an der Substanz des Gebäudes nichts geändert. Viel mehr wurde das der Verwahrlosung preisgegebene Gebäude zu einem kulturellen Anziehungspunkt weit über Gelsenkirchen hinaus gemacht. Kein Wunder, dass auch aus einigen umliegenden Städten Demonstranten kamen. Für alle, die sich noch nicht genug bewegt hatten, bot Angela zum Abschluss eine Schnupper-Viertelstunde ihrer Gymnastik an. Mit vielen neuen Argumenten gingen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auseinander. Sie sind sicher, wir werden gemeinsam demnächst die Wiedereröffnung des Saals feiern.

 

Hier finden Sie einen Bildreport dieser außergewöhnlichen Demonstration.