Israel
Massenproteste gegen die Rechtsentwicklung der Netanjahu-Regierung
Am Samstag, dem 11. August 2018, demonstrierten zum zweiten Mal innerhalb einer Woche Zehntausende in Tel Aviv gegen das kürzlich mit knapper Mehrheit verabschiedete sogenannte Nationalitätsgesetz der rassistischen und faschistoiden Regierung von Benjamin Netanjahu. In der Kritik steht die ganze Rechtsentwicklung der Regierung.
Dieses Gesetz mit Verfassungscharakter definiert Israel als „Nationalstaat des jüdischen Volkes“ und bestimmt „das Recht zur Ausübung nationaler Selbstbestimmung einzig für die jüdischen Menschen“. Mit großer Empörung reagieren breite Teile der israelischen Bevölkerung auf diese rassistische Gesetz und die religiöse Bestimmung Israels (siehe Rote Fahne News).
Künftig ist Hebräisch die einzige Nationalsprache Israels - bisher war Arabisch gleichberechtigt. Entgegen den UNO-Beschlüssen wird ein vereintes Jerusalem zur Hauptstadt Israels. Die Fahne, die Nationalhymne, der hebräische Kalender, jüdische Feiertage werden als Nationalsymbole festgeschrieben. Der Paragraph 7b des Gesetzes sieht eine Legalisierung rein jüdischer Gemeinden vor: "Der Staat sieht die Entwicklung jüdischer Gemeinden als nationalen Wert an und wird diese ermutigen und fördern", heißt es in dem neuen Gesetz. Damit werden jüdische Siedlungen auch in unrechtmäßig besetztem Land zum Staatsziel.
Bereits am 20. Juli äußerte sich die Palästinensische Botschafterin in Deutschland gegenüber Rote Fahne News zum Nationalitätsgesetz: „Dieses neue Gesetz ist das gefährlichste Gesetz, das Israel seit Beginn der Besatzung verabschiedet hat“, erklärt Dr. Khouloud Daibes. „Es kodifiziert Apartheid, Diskriminierung und Rassismus innerhalb israelischer Legislative."
In Kürze
- Erstmals demonstrieren arabische und jüdische Israelis im Massenumfang zusammen
- Ministerpräsident Netanjahu hat offensichtlich nicht mit einem so großen Widerstand gerechnet
- Die internationale Solidarität entwickelt sich
Der bekannte israelische Friedensaktivist und Journalist Uri Avnery (93), der sich zeitlebens für ein gleichberechtigtes Zusammenleben der jüdischen und der palästinensischen Bevölkerung eingesetzt hat, nannte dieses Gesetz „eindeutig halbfaschistisch“.
Extrem krass ist die Diffamierung afrikanischer Einwanderer. Der heutige Vorsitzende des Innenausschusses, Miri Regev, bezeichnete sudanesische Flüchtlinge als „Krebs“ der Gesellschaft.
Es sind auch keineswegs nur Araber, die auf die Straße gehen. Vergangene Woche demonstrierten viele Tausende Angehörige der religiösen Minderheit der Drusen, die bislang feste Stützen des israelischen Staats waren, gerade auch im Militär. Am Samstag demonstrierten viele israelische Juden mit und forderten „Gleichheit!“. Einmalig war, dass trotz des Verbots israelische und palästinensische Fahnen auf der Demonstration mitgeführt wurden.
Araber und Israelis demonstrieren gemeinsam
Ayman Odeh, ein arabischer Abgeordneter im israelischen Parlament, sagte, zum ersten Mal hätten in diesem Umfang zehntausende Araber gemeinsam mit jüdischen demokratischen Gruppen demonstriert. „Sie sind gekommen, um klarzumachen, dass dies nicht das Ende der Demonstrationen ist, sondern der Auftakt für weitere Proteste.“
Israels Regierungschef Netanjahu hat wohl einen solch breiten Protest nicht erwartet. Das Gesetz ist Teil der gesamten Rechtsentwicklung der Regierung bis hin zur Kriegsvorbereitung - eine bewusste Polarisierung durch die faschistoide zionistische Regierung. Sie will eine feste soziale Stütze unter einem extrem reaktionär beeinflussten jüdischen Teil der Bevölkerung schaffen. So will sie ihre imperialistischen Ziele im Kampf um die Vorherrschaft im Nahen und Mittleren Osten durchsetzen, insbesondere:
- Vollständige Unterwerfung des palästinensischen Volkes, Ersticken jedes Widerstands und des Kampf um einen gleichberechtigten palästinensischen Staat; Besetzung weiterer Ländereien mit israelische Siedlungen.
- Imperialistische Ausdehnung in der Region. So ist Israel bereits aktiv an der Kriegsführung in Syrien beteiligt und bestrebt, den neuimperialistischen Iran als Rivalen zurückzudrängen.
- Vorbereitung auf weitere Verschärfung der sozialen und der Klassengegensätze im eigenen Land, in dem die Kluft zwischen Arm und Reich immer schärfer auseinandergeht und die Widersprüche gegen die brutale Besatzungspolitik in den palästinensischen Gebieten zunehmen.
Die Internationalismus-Verantwortliche der MLPD, Monika Gärtner-Engel, erklärt die "volle Solidarität der MLPD mit den Protesten der arabischen, der palästinensischen und der jüdischen Bevölkerung. Sie zeigen einmal mehr, wie absurd es ist, jede Kritik an der israelischen Regierung als Antisemitismus zu diffamieren. Der Rassismus gleich welcher Form, ob antisemitisch, islamfeindlich oder nationalistisch, spaltet diese wichtige Bewegung gegen die Regierung."
Die Methode, berechtigte Kritik an Israel und Unterstützung des palästinensischen Widerstands als antisemitisch und terroristisch zu diffamieren, wird auch außerhalb Israels systematisch angewendet. In Abstimmung mit der israelischen Staatsführung versucht die deutsche Bundesregierung, jede Kritik an Israel als antisemitisch zu diffamieren. Dazu spricht die Bundesregierung seit 2017 vom "Antisemitismus im Gewand vermeintlicher Israelkritik". Mit dieser neuen Definition werden demokratische, antifaschistische, revolutionäre und kommunistisch eingestellte Menschen verunglimpft. Diese antikommunistische Auslegung ist Teil des bürgerlichen Antifaschismus. Er will die Unterstützung der imperialistischen Politik Israels zur Grundlage der antifaschistischen Bewegung machen, und versucht jeden, der dies anders sieht, auszugrenzen.
Solidarität wächst
Die internationale Solidarität wächst! Kürzlich weigerten sich tunesische Hafenarbeiter, ein israelisches Schiff zu entladen - aus Protest gegen die Unterdrückung der Palästinenser. Weltweit entsteht eine kämpferische Bewegung gegen die Rechtsentwicklung von Regierungen und für einen gemeinsamen antiimperialistischen und antifaschistischen Kampf. Der internationale Widerstand und der Massenprotest in Israel werden zu einer überlegenen Kraft, wenn sie sich darin unter Führung der internationalen Arbeiterklasse zusammenschließen. Das zu unterstützen ist eine Aufgabe, die sich die ICOR auf die Fahne geschrieben hat.
Hier geht es zur ICOR-Resolution "Nakba mahnt! Weltweite Solidarität mit dem gerechten Freiheitskampf des palästinensischen Volkes!"