Griechenland

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"Dem Volk muss das, was ihm in diesen Jahren gestohlen wurde, wieder zurückgegeben werden"

Anfang der Woche hat Griechenland den europäischen „Rettungsschirm“ verlassen.

Von ak
"Dem Volk muss das, was ihm in diesen Jahren gestohlen wurde, wieder zurückgegeben werden"
Die Massen in Griechenland sind immer noch kampfbereit (rf-foto)

Dem griechischen Volk war ein milliardenschweres Sparprogramm aufgezwungen worden mit Rentenkürzungen, Steuererhöhungen, Kahlschlag bei Bildung, Gesundheit und Infrastruktur. Das hat seine Spuren hinterlassen. So erhalten Rentner, die noch vor acht Jahren eine Rente von 1.200 Euro im Monat hatten,  heute nur noch 685 Euro. Die Rente hat sich in diesem Zeitraum praktisch halbiert. Die Altersarmut von Menschen, die ein Leben lang hart gearbeitet haben, greift auch heute noch um sich.

 

Kein Wunder, bei den geringen Renten. So sind heute praktisch alle Rentner, die als Arbeiter gelebt haben bei Händlern, Banken und beim Finanzamt verschuldet. Dazu kommt eine Rekordarbeitslosigkeit, die im November 2017 bei 20,8 Prozent lag. Viele Menschen leben nah an der Armutsgrenze - oder darunter. Den Massen geht es nach den Jahren der "Rettungspakete" schlecht. Sie haben von diesen Geldern nichts gesehen, müssen aber die Folgen der EU-Bankenrettungspolitik tragen.

Massenkämpfe haben nie geendet

Auch wenn man darüber in den bürgerlichen Massenmedien wenig hört: Die Menschen nehmen diese Zustände nicht einfach hin. Immer wieder kommt es zu Massenkämpfen: So haben Zehntausende Menschen im Mai 2018 landesweit die Arbeit niedergelegt. Betroffen davon waren Fähren, Flüge sowie der öffentliche Nahverkehr. Außerdem blieben die öffentliche Verwaltung und Schulen geschlossen. Ärzte in staatlichen Krankenhäusern behandelten nur Notfälle. Gleichzeitig demonstrierten Zehntausende Menschen in Athen vor dem Parlament gegen die Regierung von Alexis Tsipras, der zu dieser Zeit der EU zugesagt hatte, den harten Sparkurs auch nach dem Ausscheiden aus dem "Rettungsschirm" beizubehalten. Die Massen sind empört darüber. Entsprechend wird es auch weiterhin zu Massenprotestens kommen.

MLPD hat "Rettungsschirm" bereits 2015 richtig charakterisiert

Bereits 2015 hat die MLPD den „Rettungsschirm“ in einem Interview mit Stefan Engel, dem damaligen Parteivorsitzenden, folgendermaßen charakterisiert:

Dem griechischen Volk soll eine demütigende Lehre erteilt werden, nachdem es gewagt hat, der Troika erhobenen Hauptes zu begegnen.

Stefan Engel

"Mit 'Hilfe' hat dieses Diktat gegenüber Griechenland allerdings nichts zu tun. Es ist auch ein Versuch, die Eurozone zu retten, indem ein Zusammenbruch der griechischen Banken verhindert wird, wodurch das Bankenwesen in der ganzen Eurozone in Mitleidenschaft gezogen würde. Gebunden an den Maßnahmenkatalog wurde der griechischen Regierung eine vage Zusage gemacht, dass es Verhandlungen über 85 Milliarden Euro für die nächsten drei Jahre geben soll. Dieses Diktat muss in erster Linie politisch motiviert gewertet werden. Dem griechischen Volk soll eine demütigende Lehre erteilt werden, nachdem es gewagt hat, der Troika erhobenen Hauptes zu begegnen ... Diese neue dramatische Situation für das griechische Volk ist Ergebnis davon, dass alle sogenannten "Rettungsaktionen" der letzten fünf Jahre kläglich gescheitert sind. “

foto: PeterBe / CC0 Public Domain
foto: PeterBe / CC0 Public Domain

In Kürze

  • Griechenland ist nach acht Jahren Memoranden aus dem "Rettungsschirm" heraus
  • In dieser Zeit sind die Massen finanziell ausgeplündert worden
  • Der Kampf gegen das Rentenkürzungsprogramm der Tsipras-Regierung muss geführt werden

Statement der Stahlarbeterfrau Sofia Roditi

Jetzt wird das Ende des EU-Rettungsschirms von der Regierung Tsipras als „Tag der Freiheit“ gefeiert. Dazu hat Sophia Roditi, Stahlarbeiterfrau und Aktivistin im Kampf der Stahlarbeiter in Aspropirgos, Rote Fahne News ein Statement zur Verfügung gestellt:

 

"Nach acht Jahren Memoranden ist Griechenland frei. Die Großen unserer Welt, in den USA, der Europäischen Union, dem IWF, beglückwünschen sich immer noch zum Erfolg der 'Rettung' der griechischen Wirtschaft. Eine 'Rettung' für die Bourgeoisie, die Regierungen und ihre Institutionen.

Warum gab es die Memoranden wirklich?

Aus der Geschichte wissen wir, dass Krisen auf zwei Arten behandelt werden: Kapitalvernichtung und Entwertung der Arbeitskraft. Das geschah in Griechenland – und das geschah international, in allen Ländern der Euro-Zone, ob mit oder ohne Hilfsprogramme. Die Memoranden beinhalteten eine Reihe von Maßnahmen als Voraussetzung für die Zugehörigkeit zur Europäischen Union und die Eurozone, die die Neo Demokratia (ND) und PASOK in früheren Jahren für Griechenland schon geplant hatten, aber aus mehreren Gründen nicht durchsetzen konnten.

Was bedeutet das für das Volk?

Nehmen wir das nacheinander durch – Memoranden - Rettungsplan für den Staat, was folgende Sparmaßnahmen bedeutete:

(a) In Bezug auf Sparmaßnahmen haben sie bis 2060 (!) unverschämte und blutsaugerische Extraprofite für Geldgeber zugesagt (wofür der Staat massenhaft Geld einnimmt durch übermäßige Besteuerung, das er NICHT in Infrastruktur steckt, sondern als Finanzierungssicherheit hält),

(b) bezüglich der Vermögensveräußerung (dem Verkauf von Staatseigentum wie Häfen, Flughäfen, Wälder, Inseln, Güterbahnhöfe) wurde bis 2114 die Existenz eines „Hypermarkt-Ausverkaufs“ für 99 Jahre unterzeichnet,

(c) bezüglich Überwachung und Kontrolle wurde zugestimmt, dass Griechenland dreimal im Jahr von der Europäischen Union und dem Internationalen Währundfonds geprüft wird daraufhin, dass nichts an den Gesetzen der Memonranden geändert wurde,

(d) die EU-Regulierung Nr. 472 vom 21. Mai 2013 muss für viele Jahrzehnte in Geltung bleiben und darf nicht auslaufen, bevor 'nicht mindestens 75 Prozent der finanziellen Unterstützung' (die die öffentliche Verschuldung erzeugt hat) durch Griechenland an die Geldgeber zurückgezahlt ist.

 
Vor den Memoranden hat sich Griechenland 'von den Märkten' Geld geliehen. Dann kamen die Memoranden. Und nun wird Griechenland also wieder zu den „Märkten“ zurückkehren. Ein gescheitertes Land, ohne nennenswerte Produktionsbasis, mit 19 Prozent Arbeitslosigkeit und dessen Beschäftigte zu 65 Prozent im Monat gerade mal durchschnittlich 350 Euro verdienen.

Jetzt, da die Memoranden abgeschafft sind, müsste folgendes geschehen:

Als erstes: Annulierung Hunderter Gesetze und 30.000 durch die Memoranden erzwungener Regelungen. Wiederherstellung der Löhne und Arbeiterrechte, Wiedereröffnung von Schulen, Krankenhäusern und anderen staatlichen Strukturen, die seit Beginn der Krise bis heute geschlossen oder unterlaufen wurden.

 

Zweitens bedeutet das, das was dem Volk in diesen Jahren gestohlen wurde, wieder zurückzugeben. Seit wann bringen Steuerfreibeträge, deren Einführung direkt nach dem 'Ausstieg' aus dem Memorandum beschlossen wurden, etwas gegen neue Rentenkürzungen und neue Steuern? Denn für 2019 und 2020 wurden Maßnahmen für Rentenkürzungen und Kürzungen bei Gesundheit und Ausbildung verabschiedet.

 

Die 'monumentale' Realität, die von Ministerpräsident Tsipras und seiner Regierung als Armut, Arbeitslosigkeit, Unterdrückung, Korruption und übertriebene Kapitalsprofite bezeichnet werden, sind die Barbarei des kapitalistischen Wegs der Entwicklung und Herzstück seiner eigenen Politik, die auch durchweg die Politik der Regierungen von ND und PASOK bestimmt hat.

 

Bürgerlichen Regierungen ist nicht zu trauen. Ein ehrlicher Ausstieg aus den Memoranden bedeutete für das Volk, Abschaffung der durch die Memoranden erzwungenen Gesetze, Ausgleich für Verluste und Befriedigung moderner Bedürfnisse."