Landwirte in Not
Arbeiter, Werktätige und Bauern - Verantwortung füreinander übernehmen
Monatelange extreme Dürre in Deutschland.Die Not unter den Klein- und Mittelbauern ist groß. Seit Wochen fordern der Bauernverband und der Bund Deutscher Milchviehhalter dringende Soforthilfen vom Bund. Mindestens 1 Milliarde.
Wenn die Regierung von Ernteausfällen von im Schnitt 30 Prozent spricht, wird das Problem für diejenigen Klein- und Mittelbauern völlig heruntergespielt, deren Ausfälle bis zu 100 Prozent gehen. Entsprechend empörend ist denn auch die Hilfssumme, die die Regierung heute aufrief: lächerliche 340 Millionen Euro, je zur Hälfte vom Bund und von den Ländern. Diese Summe ist viel zu gering, angesichts der massiven Schäden und der Tatsache, dass die meisten Klein- und Mittelbauern keine Rücklagen mehr haben. Ein Schlag ins Gesicht der Notleidenden. Ein Krefelder Landwirt weist zudem darauf hin, dass Bauern, anders als große Monopolunternehmen, ihre Rücklagen nicht steuerfrei stellen können.
Das sagt der Bund Deutscher Milchviehhalter dazu
Hans Foldenauer, Sprecher des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter, heute Morgen vor dem Kabinettsbeschluss gegenüber Rote Fahne News:
„Hilfsgelder, über die heute beschlossen werden soll, müssen besonders den viehhaltenden Betrieben zugutekommen. Sie leiden dramatisch unter Futterlücken und wollen nicht gezwungen sein, ihre Tiere zum Schlachten zu geben. Also, die Gelder müssen zielgerichtet vergeben werden, um das notwendige Futter zuzukaufen. Dabei kotzt es mich an, immer wieder nach staatlichen Geldern zu rufen. Hier geht es um eine grundsätzliche Fehlausrichtung der Landwirtschaft. Unsere Betriebe müssen wieder in der Lage sein, selbst ertragreich zu wirtschaften, statt von Großmolkereien ins Elend gedrückt zu werden.“
Rote Fahne News sprach mit Milchviehhaltern
Und das erwartete Arnold Blum, Milchviehhalter in der Priegnitz, heute Morgen von den Beschlüssen des Bundeskabinetts: „Nichts. Es wird Kosmetik rauskommen. Die Lage der Milchbauern wird sich nicht verbessern. Seit Merkels Regentschaft mussten 20.000 aufgeben. Und die Molkereien quetschen die Bauern mit teils mafiösen Machenschaften aus. In den Medien werden wir Landwirte als Subventionsschnorrer diffamiert. Wir, die wir für das Recht der Verbraucher auf gute Nahrungsmittel eintreten, werden einer Politik für die Großagrarier geopfert. Das ist es, was sich ändern muss! Dafür kämpfen wir."
Wilhelm Bovenkerk, ehemaliger Landwirt aus Hamminkeln, erklärt gegenüber Rote Fahne News: „Selbst die geforderte 1 Milliarde ist noch zu wenig. Wenn man das umrechnet, kommen auf einen Landwirt ein paar Tausend Euro. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Schäden gehen bis in die Zehn- und Hundertausende. Wenn man den Bauern helfen will, müsste man einen Milchpreis von mindestens 60 Cent fordern, damit die Klein- und Mittelbauern überhaupt mal wieder Rücklagen bilden können.“
In Kürze
- Die von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner heute präsentierte "Hilfs"-Summe von 340 Millionen Euro für die Bauern ist völlig unzureichend
- Der Bund Deutscher Milchviehhalter kritisiert, dass überhaupt um Hilfsgelder gebettelt werden muss
- Die Klein- und Mittelbauern müssen den engen Schulterschluss mit der Arbeiter- und Umweltbewegung suchen
Tatsächlich wird die heutige Bundeskabinettskosmetik an der dramatischen Lage der Klein- und Mittelbauern nichts ändern. Die Weiden sind braun. Von den vier üblichen Grasschnitten im Jahr sind zwei ausgefallen. Besonders schlimm steht es um den Mais. So konnte zum Beispiel die mecklenburgische Agrargenossenschaft „Bruno“ statt der üblichen 3.000 Tonnen Silomais jetzt nur 600 einlagern. Futtermittel müssen zugekauft werden, und die werden täglich teurer. Das trifft die Milchviehhalter hart.
Nicht nur, dass ihre Kühe bei großer Hitze weniger Milch geben und erkranken, es fehlen auch Gras und Heu. Gleichzeitig erhalten die Milchbauern immer weniger für einen Liter Milch und können keinerlei Reserven anlegen, um Situationen wie zurzeit zu überbrücken. Viele stehen vor der Aufgabe ihrer hochverschuldeten Betriebe. Der heutige armselige Almosen-Beschluss des Bundeskabinetts zeigt, dass die Agrarpolitik dieser Regierung allein den Interessen der Großagrarier dient. Statt den hauptsächlichen Verursachern des Übergangs in eine Klimakatastrophe in den Konzernzentralen Einhalt zu gebieten, werden die Klimaziele der Regierung vertagt und die Bauern noch zu Mittätern gestempelt. Gerade kleine Betriebe sind die Opfer dieser katastrophalen Entwicklung. Nicht nur Viehhalter, alle Klein- und Mittelbetriebe sind mehr oder weniger betroffen.
Die Landwirte derart abzuspeisen, gehört auch zur Rechtsentwicklung der Regierung. Dagegen gilt es, gemeinsam von unten und gegenseitig Verantwortung zu übernehmen - von und mit den Klein- und Mittelbauern, der Arbeiterklasse und allen Werktätigen.
Die MLPD steht solidarisch an der Seite der Klein- und Mittelbauern
In diesem Sinne sind auch die Land- und Umweltgruppen der MLPD an den Orten aktiv, besuchen betroffene Landwirte und erklären sich solidarisch. Das aktuelle Rote Fahne Magazin schreibt: „Es ist an der Zeit, dass die Klein- und Mittelbauern sich ihrer Kampferfahrungen erinnern, auf die Straße gehen und den engen Schulterschluss mit der Arbeiter- und Umweltbewegungen suchen!"
Vorschlag einer Agrarplattform im Internationalistischen Bündnis
Aktuell neu gibt es den Vorschlag, im Rahmen des Internationalistischen Bündnisses eine Agrar-Plattform aufzubauen. "Ihr seid nicht allein. Lasst uns gemeinsam mit der Arbeiterbewegung, der Frauen-, Umwelt- und Jugendbewegung auf die Straße gehen. Mit dieser Plattform wollen wir Milchbauern, Schweinemäster, Ackerbauern, Winzer, Schäfer, Imker und viele mehr zusammenbringen. Macht mit ...", schreiben die Aktivisten. Ein Vorschlag, für den vieles spricht.
"Anhebung der Erzeugerpreise auf Kosten der Handels- und Nahrungsmittelkonzerne! Das muss angesichts der Dürrekatastrophe sofort erfolgen! Für ein Sofortprogramm zur Bauernhilfe - Schadensersatz für kleine und mittlere Betriebe!" - So zwei der Forderungen der Plattform. "Dieses Sofortprogramm muss zwei Seiten berücksichtigen", so eine Aktivistin. "Zum einen nach dem tatsächlichen Schaden und zum anderen nach der Betriebsgröße. Besonders kleinere Betriebe müssen überproportional unterstützt werden. Die unterschiedlichen Sparten, wie Vieh- und Getreidebauern, dürfen sich von der Regierung nicht gegeneinander ausspielen lassen."
Nur ein organisierter Zusammenschluss und ein gemeinsamer Kampf mit der Arbeiter-, Frauen- und Umweltbewegung, mit der Jugend und international gegen das internationale Finanzkapital und seine Handlanger in den Regierungen können erfolgreich sein.