Waldrodung

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Polizei beendet Räumung im Hambacher Forst

Nachdem sich die Situation um den von der Rodung betroffenen Hambacher Forst bis gestern weiter zugespitzt hatte,¹ erklärte die Polizei ihren Räumungseinsatz im Wald heute erst einmal für beendet.

Von Hannes Stockert / ffz
Polizei beendet Räumung im Hambacher Forst
Die Demonstration gegen die Rodung des Hambacher Forsts wurde vor ihrem Ende von der Polizei gestoppt (rf-foto)

Das Energiemonopol RWE Power, das den Wald roden will, erklärte heute Mittag, dass es vor der Rodung den Spruch des Oberlandesgerichts in dieser Sache abwarten will. Die Entscheidung wird für Ende September erwartet. Also: Noch keine Entwarnung!

 

Während gestern bis zu 700 Demonstrantinnen und Demonstranten gegen das Abholzen des wertvollen Waldes zugunsten des Braunkohleatagebaus Hambach durch RWE Power demonstrierten, starteten RWE-Mitarbeiter und Polizeihundertschaften eine Aktion zur Kriminalisierung des Widerstands. Sie gingen gegen Demonstrantinnen und Demonstranten sowie gegen Aktivistinnen und Aktivisten vor, die sich im Wald in den Bäumen befinden und erklärten, sie hätten angeblich Sprengfallen bei den Camps im Wald gefunden.

Kriminalisierung des Widerstands

Die komplette Taktik der Polizei der letzten Wochen ist so offen auf Provokationen und Fake-News-Verbreitung aufgebaut, dass solche Meldungen mit Vorsicht aufgenommen werden sollten. So diente der angebliche „Sprengstofffund“ auch dazu, die völlig friedlich Demonstration zu stoppen.

 

Dazu ein Demonstrationsteilnehmer gegenüber Rote Fahne News: „Wir durften den Ort der Endkundgebung nicht anlaufen - wegen angeblicher Gefährdung durch Sprengstoff. Wir standen auf dem Feld am Waldrand umzingelt von Polizei. Ein Riesenaufwand und eine massive Verschwendung von Steuergeldern. Insgesamt waren fast so viele Polizisten wie Demonstrantinnen und Demonstranten im Einsatz. Bei der Demonstration haben Leute von der Initiative Hambacher Forst, der Linkspartei, der MLPD, der Umweltgewerkschaft und der FAU mitgemacht."

Symbol von internationaler Bedeutung

Zur Situation rund um den Hambacher Forst erklärt Hannes Stockert, umweltpolitischer Sprecher der MLPD: „Seit Ende August gehen mehrere Hundertschaften der Polizei, zusammen mit dem RWE-Werksschutz im Hambacher Forst gegen Umweltschützerinnen und Umweltschützer und deren Blockadeaktionen vor. Die vollständige Rodung des Waldes ab Oktober soll mit massiver Polizeigewalt vollzogen werden.

 

Der Hambacher Forst ist inzwischen ein Symbol von internationaler Bedeutung für die skrupellose Umweltzerstörung durch die Profitwirtschaft, internationale Übermonopole und die ihnen dienenden Regierungen. Die größten Aktionäre bei RWE sind Kommunen aus dem Ruhrgebiet und dieser Konzern ist, ähnlich wie VW oder die Ruhrkohle AG (RAG), ein Musterbeispiel für die Funktionsweise des staatsmonopolistischen Kapitalismus.

 

Der Hambacher Forst ist aber auch zum Symbol des aktiven Widerstandes gegen die mutwillige Umweltzerstörung geworden. Nicht die Waldbesetzerinnen und Waldbesetzer, die jetzt als 'Gewalttäter' oder 'G20-Chaoten' diskreditiert und kriminalisiert werden, sind kriminell, sondern die Verantwortlichen für die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit, von Umwelt, Klima und menschlicher Gesundheit!

Vergebliche Appelle

Parallel tagt in Berlin die von der Regierung eingesetzte 'Kohle-Kommission', um der Regierung 'ergebnisoffen' einen 'Kohle-Ausstiegstermin' vorzuschlagen. Selbstverständlich ist diese Kommission mehrheitlich mit Lobbyisten der Energiemonopole besetzt, ein paar Umweltschützerinnen und Umweltschützer dürfen zur Dekoration mitdiskutieren.

 

Verzweifelt appellieren jetzt verschiedene SPD- und Grünen-Politiker an RWE, die Arbeit der Kommission dürfe nicht 'durch vollendete Tatsachen belastet' werden. Peinlich für sie ist jedoch, dass sie in der Landesregierung von Hannelore Kraft noch den Braunkohle-Abbauplänen von RWE zugestimmt haben - und eben der Vernichtung des Hambacher Forstes zugunsten der Erweiterung des Braunkohle-Tagebaues Hambach!

Rechtsentwicklung auch in der Umweltfrage

Gleichzeitig zeigt die intensiv losgetretene bürgerliche Hetzkampagne gegen die kämpferischen Umweltschützerinnen und Umweltschützer, wie die Rechtsentwicklung der Regierung und der Monopole auch die Umweltfrage dominiert. Einer der größten Polizeieinsätze in der Geschichte des Landes NRW wurde begonnen, der Bereich in und um den Hambacher Forst kurzerhand zu einer 'Gefahrenzone' deklariert, in der demokratische Rechte weitgehend ausgehebelt werden – gleichzeitig dürfen Faschisten wie in Chemnitz Hetzjagd auf Ausländer machen und den Hitlergruß zeigen.

 

Ein Grund mehr, den Zusammenschluss fortschrittlicher Kräfte im Internationalistischen Bündnis gegen die Rechtsentwicklung der Regierungen zu stärken und unter anderem in seiner Umweltplattform zusammenzuarbeiten.

"Heiliges" Eigentumsrecht?

Vehement pocht RWE auf sein 'Eigentumsrecht'. Sie sind Besitzer des Hambacher Forstes, weil ihnen der Staat das große Waldgebiet zu Schleuderpreisen verkauft hat. Bei der Zwangsräumung ganzer Dörfer und vieler Bauern ist RWE das 'heilige Privateigentum' egal, da wird dann mit Segen der bürgerlichen Justiz zwangsenteignet, angeblich 'im öffentlichen Interesse'. 

 

Tausende von Menschen aus allen Bereichen der Gesellschaft beteiligen sich an den Waldspaziergängen im Hambacher Forst oder äußern ihren Protest. Weitsichtig ahnt die Süddeutsche Zeitung in ihrer Ausgabe vom 28. August: 'Wyhl, Wackersdorf, Gorleben - drei Orte, die deutsche Geschichte schrieben. Drei Projekte, die nie Realität wurden. Drei Schauplätze, an denen Bürger Konzerne in die Knie zwangen, weil nicht nur das Argument, sondern auch die Macht der Bilder auf ihrer Seite war. Und jetzt: der Hambacher Forst.'

Krokodilstränen über bedrohte Arbeitsplätze

Ein weiterer Umweltskandal wird dagegen weitgehend aus den Medien herausgehalten: Die seitens der Ruhrkohle AG (RAG) geplante Zechen-Flutung nach der für Ende des Jahres beschlossenen Stilllegung der letzten beiden Steinkohle-Bergwerke in Bottrop und Ibbenbüren. Damit würden 1,6 Millionen Tonnen in den Zechen eingelagerter Giftmüll und 10.000 Tonnen des dort mutwillig freigesetzten Ultragiftes PCB unwiderruflich ins Grubenwasser, ins Grundwasser und damit auch das Trinkwisser vordringen können. Damit droht eine Trinkwasservergiftung für Millionen Menschen!

 

RWE und IGBCE-Führung werden nicht müde, Krokodilstränen über die bedrohten Arbeitsplätze im Braunkohlerevier und den Kohlekraftwerken zu vergießen. Dabei haben sie in der Tat dort schon Hunderte Arbeitsplätze selbst vernichtet und viele Arbeiterinnen, Arbeiter, Anwohnerinnen und Anwohner im Braunkohlerevier bekommen durch Schwermetalle und Uran im Abbaumaterial Krebs und andere schlimme Krankheiten.

Kämpfe zusammenführen und bündeln

Deswegen müssen die Kämpfe jetzt zusammengeführt und gebündelt werden: Für Arbeitsplätze und Ersatzarbeitsplätze im Umweltschutz für die Bergleute und Kraftwerksarbeiter im Ruhrgebiet wie im Rheinland! Warum sollte der Kumpel dagegen sein, für Kreislaufwirtschaft und erneuerbare Energien tätig zu werden oder Steinkohle für medizinische Zwecke oder Giftfilter zu fördern?

 

Eine hervorragende Möglichkeit dafür einzutreten für alle Umweltschützerinnen, Umweltschützer, Arbeiterinnen und Arbeiter ist die überregionale Montagsdemonstration in Gelsenkirchen am 17. September, um 17.30 Uhr, Preuteplatz, im Rahmen eines weltweiten Aktionstages der kämpferischen Bergarbeiterbewegung gegen die Schließung des untertägigen Bergbaus, sowie die Vorbereitung und Teilnahme an der Veranstaltung zum großen Bergarbeiterstreik im März 1997 die am 6. Oktober, ebenfalls in Gelsenkirchen stattfindet.

 

Strenge Bestrafung der Umweltverbrecher, die auch mit ihrem Privatvermögen haften müssen! Schnellstmöglicher Ausstieg aus der ganzen fossilen Verbrennung und Übergang auf 100 Prozent erneuerbare Energien! Weltweiter aktiver Widerstand gegen die globale Umweltkatastrophe! Schutz der Wälder – des Hambacher Forst wie auch der tropischen Regenwälder! Schaffung von Millionen Arbeitsplätzen zur Beseitigung von Umweltschäden auf Kosten der Verursacher!

Besser organisieren

Breite Proteste gegen RWE und ihre Helfershelfer, in Betrieben, Schulen, Universitäten, im Stadtteil, bei den Montagsdemos! Aktive Solidarität mit den Waldbesetzerinnen und Waldbesetzern, z.B. durch Teilnahme an den jetzt wöchentlichen Sonntags-Spaziergängen im Hambacher Forst (jeden Sonntag, 11.30 Uhr, Treffpunkt: Kieswerk Collas).

 

Jetzt ist die richtige Gelegenheit, um sich gegen die globale Umweltzerstörung und für eine lebenswerte Zukunft im echten Sozialismus zu organisieren: in MLPD und REBELL!"