Fake-News
Wie die Kriminalitätszahlen zur Stimmungsmache gegen Migranten manipuliert werden
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel verbreitet die Lüge, "die Sicherheitslage in Deutschland" habe sich "dramatisch verschärft". Dabei bezieht sie sich auf angebliche Zahlen des Bundeskriminalamts. Aber stimmt das?
Dass die Kriminalitätsstatistik bei genauer Betrachtung das gerade Gegenteil beweist, hindert rechte Scharfmacher wie Weidel und Horst Seehofer (CSU), aber auch die faschistischen Hetzer der Chemnitz- und Köthen-Aufmärsche nicht daran, die Tatsachen dreist zu verdrehen.
Das Bundesinnenministerium teilte am 8. Mai mit, dass die erfassten Straftaten in Deutschland im Jahr 2017 5,76 Millionen betragen haben. Das entspricht einem Rückgang von 9,6 Prozent oder 610.542 Straftaten und stellt den niedrigsten Stand seit 25 Jahren dar. Noch krasser ist der Rückgang bei den sogenannten nichtdeutschen Tatverdächtigen. Dabei handelt es sich um in Deutschland lebende Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit.
Laut der Polizeilichen Kriminalstatistik für 2017 (PKS) wurden im letzten Jahr 736.265 Tatverdächtige ermittelt. Die Zahl ist damit um 22,8 Prozent gegenüber 2016 gesunken. Bei den sogenannten tatverdächtigen Zuwanderern, also Asylbewerbern, beträgt die Zahl 300.680 Menschen - ein Minus von 40,7 Prozent gegenüber 2016. Ein vierfach so hoher Rückgang wie im Durchschnitt aller Tatverdächtigen (minus 10,5 Prozent).¹
Das sind die realen Fakten. Wer wie die AfD behauptet, die Sicherheitslage in Deutschland habe sich dramatisch verschärft, verbreitet wissentlich Fake-News.
In Kürze
- Der "gewalttätige Einwanderer" wird bewusst von den Herrschenden als Angstfigur aufgebaut
- In den nächsten Wochen wird es drei große Demonstrationen geben, an denen sich MLPD und Internationalistisches Bündnis prägend beteiligen werden
„Gefühlt“ ist die Kriminalität in Teilen der Bevölkerung aber trotzdem gestiegen. „Die Bürger haben mehr Angst, obwohl sie weniger Grund dazu haben“, sagt der Kriminologe Thomas Feltes von der Uni Bochum. Das liegt an der massiven rassistischen Hetze von AfD, Faschisten und diversen rechten Kräften, die neben den oben nachgewiesenen allgemeinen Falschaussagen vor allem Migranten und Asylbewerber ins Ziel gerückt haben. Sie haben „den gewaltätigen Einwanderer als Angstfigur“ neu entdeckt.
Laut dem Hamburger Medienforscher Thomas Hestermann ist die Berichterstattung der bürgerlichen Massenmedien - vor allem des Fernsehens und der Zeitungen - die Ursache für die zunehmende "gefühlte" Kriminalität.
"So habe sich die Zahl der Fernsehberichte über kriminelle Ausländer seit 2014 vervierfacht, während der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger in der Kriminalstatistik lediglich um ein Drittel angestiegen sei. In der gleichen Zeit halbierte sich die Zahl der Berichte über ausländische Opfer von Gewalttaten, obwohl die Statistik einen Anstieg ausländischer Gewaltopfer verzeichne", so die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) über Hestermanns Arbeit.² Sprich: Die Herrschenden nutzen Talkshows, Fernsehkrimis oder Serien als bewusste Methode der Einschüchterung und der Angsterzeugung bei den Massen.
Unterstützt und ermuntert wird das durch die Rechtsentwicklung der Bundesregierung, wo der untragbare Innenminister Horst Seehofer (CSU) in offen rassistischer Manier die „Migration als Mutter aller Probleme“ bezeichnet, obwohl die eindeutig sinkenden Zahlen aus seinem Ministerium kommen. Nicht wenige Menschen, darunter auch die MLPD, fordern deshalb seinen sofortigen Rücktritt und Neuwahlen der Bundesregierung.
Die Rechtsentwicklung der Bundesregierung ist eine Reaktion auf den sich entwickelnden fortschrittlichen Stimmungsumschwung. Dazu schrieb das Rote Fahne Magazin: „Mit der Faschisierung des Staatsapparats und Förderung faschistoider und faschistischer Kräfte wollen die Herrschenden den fortschrittlichen Stimmungsumschwung und die tiefe internationale Solidarität unter den Arbeitern und breiten Massen zersetzen, spalten und einschüchtern und stellt sich der Staatsapparat auf die Unterdrückung von Massenbewegungen ein. Niemand darf die Dimension dieser Rechtsentwicklung unterschätzen. Sie wird das Land gravierend verändern, wenn sie nicht gestoppt wird. Das ist jedoch möglich und nötig, denn sie ist kein unvermeidliches Schicksal!³
Rassismus trifft auf fortschrittlichen Stimmungsumschwung
Der staatlich gefördete Rassismus trifft zugleich auf den fortschrittlichen Stimmungsumschwung unter der breiten Bevölkerung. Das Integrationsbarometer 2018 (Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration) zeigt: „Die Menschen mit und ohne Migrationshintergrund erleben das Zusammenleben in Deutschland mit großer Mehrheit positiv. ... Quer durch alle Gruppen sprach sich eine große Mehrheit für die weitere Aufnahme von Flüchtlingen aus, aber auch für eine Begrenzung der Zahlen.“⁴
Drei große Demonstrationen in den nächsten Wochen
In den nächsten Wochen sind drei große Demonstrationen gegen Rassismus, gegen den Abbau demokratischer Rechte und für internationale Solidarität geplant: In Berlin: 13. Oktober: „#unteilbar“, Hamburg: 29. September: „We'll Come United“ und München: 3. Oktober: „#ausgehetzt“ und „#noPAG“. Das Internationalistische Bündnis wird sich prägend beteiligen, Arbeiterdelegationen organisieren und Tausende neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter gewinnen.