Bergarbeiterbewegung
„Wir werden die Fackel weitertragen …“ (Mit Bildreport)
"Wir werden die Fackel weitertragen!" Das war die Botschaft von 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der revierweiten Montagsdemonstration gegen Zechenschließung und -flutung am gestrigen Montag, dem 17. September 2018, in Gelsenkirchen.
In jedem Augenblick, in jedem Bestandteil der Demo kam ihr Charakter einer Arbeiterdemonstration zum Ausdruck. Bergleute und ihre Familien nahmen teil und ergriffen das Wort. Ein Platz voller Transparente und Tafeln zeugte vom langjährigen Kampf gegen die Schließung der Steinkohlezechen und ihre Flutung, gegen Giftmüll und PCB unter Tage.
In Kürze
- Von der revierweiten Montagsdemo ging ein Signal der Kampfbereitschaft der Kumpel und der Menschen im Revier aus
- Sie brachte den berechtigten Protest lautstark, bunt und kämpferisch auf die Straße
- Es wurde deutlich: Die Arbeiterbewegung in Deutschland nimmt die Kampferfahrungen der Bergarbeiterbewegung in sich auf
Vertreterinnen und Vertreter von benachbarten Montagsdemonstrationen waren da: Bergleute mit ihren Familien, Fahnen von IG Metall, IG BCE, ver.di, GEW, vom Frauenverband Courage, der MLPD, dem Jugendverband REBELL, dem überparteilichen Kommunalwahlbündnis AUF Gelsenkirchen, dem Internationalistischen Bündnis und von der Solidaritäts- und Hilfsorganisation Solidarität International flatterten bei herrlichem Sonnenschein. Umweltgewerkschafterinnen und Umweltgewerkschafter fielen mit ihren grünen Westen ins Auge. Eines war ganz sicher nicht zu spüren – das triste Gefühl von Abgesang, das von bürgerlichen Politikern ausgeht, die sagen: „Das muss jetzt sein, da kann man nichts machen“. Im Gegenteil, die Stimmung war kämpferisch und vom Stolz auf die Kumpel und ihre Arbeit geprägt.
Laschets Grubenfahrt: Heuchlerische Zeremonie
Die zeitgleiche „letzte Grubenfahrt“ von NRW-Ministerpräsident Armin Laschet mit seinem Vater, der selbst Bergmann war, auf Zeche Prosper-Haniel in Bottrop war eine solche heuchlerische Zeremonie. Ein Spitzenvertreter der CDU, die seit Jahrzehnten massiv für das Aus des Steinkohle-Bergbaus in Deutschland eintritt! Dem die Vernichtung tausender Arbeitsplätze, die der Jugend fehlen, völlig gleichgültig ist. Und der inszeniert sich als väterlich-tröstender Freund der Kumpel!
Deutsche Arbeiterbewegung nimmt Kampf und Kultur der Bergarbeiterbewegung in sich auf
Christian Link, Sprecher der Bergarbeiterbewegung Kumpel für AUF, stellte in der Eröffnungsrede der Demonstration klar, dass die Kumpel und ihre Familien die Schließung der Zechen nie akzeptiert und ihr nie zugestimmt haben. Sie waren, sind und bleiben dagegen. Die Arbeiterbewegung in Deutschland hat nicht nur eine Menge von der kämpferischen Bergarbeiterbewegung gelernt. Deren klassenkämpferische, revolutionäre Tradition ist fester Bestandteil der Arbeiterbewegung in Deutschland und der internationalen Arbeiterbewegung. Sie werden die Fackel weitertragen!
„Welche Kraft in der Bergarbeiterschaft steckt, konnte man deutlich im Kampf 1997 erleben. Damals sollten Tausende Arbeitsplätze vernichtet werden, die Kumpel gingen mit über 130.000 Mann auf die Straße, gewannen die Machtprobe gegen den damaligen Kanzler Helmut Kohl in Bonn und verhinderten so erstmal die Vernichtung von 60.000 Arbeitsplätzen. Die RAG (Ruhrkohle AG, Anm. d. Red) gehörte damals zu RWE: Es sind also die selben Herren, die jetzt 1,6 Millionen Tonnen Giftmüll unter Tage eingelagert haben und den Hambacher Forst abholzen für die Verlängerung der Verbrennung der hochgiftigen Braunkohle“, so die Gelsenkirchener Montagsdemonstration in ihrer Pressemitteilung.
Eine Delegation von MLPD und Umweltgewerkschaft, die am Sonntag im Hambacher Wald war, um die Umweltkämpfer in ihrem aktiven Widerstand zu unterstützen, berichtete. Während im Revier die Vernichtung der Arbeitsplätze scheinheilig mit Umweltgründen gerechtfertigt wird, wird dort mit Verweis auf Arbeitsplätze die Umweltkatastrophe vorangetrieben - im Namen der Profite und mit Unterstützung von Gerichten, Polizei und bürgerlichen Parteien.
Arbeiterinnen und Arbeiter sind solidarisch mit den Bergleuten
Mit den Bergleuten solidarisierten sich dagegen Opelanerinnen und Opelaner, Stahlarbeiter, Siemensarbeiter und ver.di Frauen, die monatelang um mehr Personal kämpften. Thema war die Vorbereitung der Großveranstaltung zum Bergarbeiterstreik 1997 am 6. Oktober in Gelsenkirchen. Der REBELL berichtete vom Projekt, Bergleute als Zeitzeugen zu interviewen und so ihre Erfahrungen auszuwerten und weiter zu tragen. Grüße überbrachte Andreas Tadysiak, der Hauptkoordinator der internationalen Bergarbeiterkonferenz. Dann zog eine kämpferische Arbeiterdemonstration durch die Straßen der Gelsenkirchener City.
Gabi Fechtner, Parteivorsitzende der MLPD, bat auf einer Zwischenkundgebung auf dem Neumarkt alle nach vorne, die Bergleute sind oder in der Familie haben, und machte so auch optisch deutlich, wie sehr die Menschen im Revier mit dem Bergbau und der Bergarbeiterbewegung verbunden sind.
Gabi Fechtner: Nicht nur an die Kämpfe der Bergleute erinnern, sondern auch ihre Mentalität des Zusammenhalts bewahren und hochhalten
Sie verband den Dank für die jahrzehntelange, harte, kräfte- und gesundheitszehrende Arbeit unter Tage und den Respekt davor mit einer deutlichen Kritik an Veranstaltungen „offizieller“ Stellen: „Es ist beschämend, wie die etablierte Politik und die Ruhrkohle mit den Bergleuten umgehen.“ Sie berichtete von gestellten Fotos und Eintrittskassierung bei den Kumpel für den Abgesang auf ihre Jobs und prangerte diese unwürdige Behandlung an. Die gestrige Gelsenkirchener Arbeiterdemonstration war hingegen eine der wenigen Veranstaltungen, auf der die Bergleute selbst zu Wort kamen.
Zahlreiche Passantinnen und Passanten in der Gelsenkirchener Innenstadt blieben stehen, hörten zu, waren zum Teil richtig ergriffen: „Recht habt ihr, in meiner Familie sind nur Bergleute gewesen, Vater, Opa, alle ...“ Gabi Fechtner rief dazu auf, nicht nur an die Kämpfe der Bergleute zu erinnern, sondern auch ihre Mentalität des Zusammenhalts, einer eingeschworenen Gemeinschaft zu bewahren und hochzuhalten.
Moderatorin Monika Gärtner-Engel ergriff am Schluss nochmal das Wort und zog ein Resümee, was es bedeutet, die Fackel weiterzutragen. Von der Bergarbeiterbewegung geht ein Signal für die Zukunft aus! Ihre internationale Zusammensetzung, die das Ruhrgebiet zu einem Schmelztiegel internationaler Arbeiterkultur gemacht hat, prädestiniert sie für internationalistischen Zusammenhalt. Enge Solidarität, sich nicht spalten lassen, das lernen wir von der Bergarbeiterbewegung. Glück Auf!