Mehrpunkteplan
Dieselbetrüger in der Defensive - Konzerne müssen Katalysatoren voll bezahlen!
Was die Bundesregierung jetzt als "Mehrpunkteplan" zur "Lösung" der Folgen des Dieselbetrugs für Pkw-Halter und Umwelt ausgeheckt hat, zeigt zum einen ihre zunehmende Defensive. Gleichzeitig hält sie im Auftrag der Autokonzerne an der Grundlinie der Abwälzung auf die Arbeiter und breiten Massen fest.
Aus einem internen Papier aus dem Verkehrsministerium zitiert der Spiegel, das unter anderem ein Rückkaufprogramm für alte Diesel der Euro-Normen 4 und 5 geplant ist. Bei der Berechnung des Rückkaufpreises solle der Zeitwert des Autos ersetzt werden – plus eines Ausgleichs in Höhe von 20 Prozent für den Wertverlust des Fahrzeugs infolge der Dieselkrise.
Das ist lächerlich, liegt der Wertverlust für Diesel-Pkw gegenwärtig doch bei rund 30 Prozent, wenn man über Autohändler verkauft - auf dem wachsenden Internet-Gebrauchtwagenmarkt sogar erheblich höher. Auf 80 Prozent dieses Wertverlusts blieben die Pkw-Halter demnach sitzen, wenn es nach den Plänen der Regierung geht.
"Umtauschaktion" kurbelt Umsätze an
Eine weitere "Option" soll eine Umtauschaktion alter Dieselfahrzeuge gegen neue, schadstoffarme Autos sein. Das favorisiert die Autoindustrie, unterstützt von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Kein Wunder - würde dieses Programm doch in erster Linie die Umsätze und Profite der Autokonzerne ankurbeln.
Denn umsonst werden die Besitzer alter Dieselfahrzeuge die neuen nicht bekommen. Die Regierung lässt den Konzernen freie Hand, wie sie die Entschädigungsregelung gestalten.
Selbstbeteilung an Umrüstung Affront gegen Diesel-Besitzer
Die seit langem von Diesel-Besitzern und Umweltschützer - auch der MLPD - geforderte Umrüstung aller Dieser-Autos mit SCR-Katalysatoren, die den Stickoxidausstoß tatsächlich um rund 90 Prozent reduzieren, wird in dem Regierungspapier nur als eine weitere Möglichkeit ins Auge gefasst. Und auch das nur zu 80 Prozent auf Kosten der Hersteller. Bei geschätzten Einbaukosten von 3.000 Euro pro Auto müssten die Diesel-Halter dann 600 Euro selbst tragen.
Zuletzt stritt Scheuer jedoch ab, dass eine solche Selbstbeteiligung geplant ist. Zuvor hatten Verbraucher- und Umweltverbände dies heftig attackiert. Eine betroffene Diesel-Fahrerin aus Köln dazu: "Ich habe mit dieses Auto erst vor vier Jahren gekauft - im Glauben, damit eine etwas umweltschonendere Technologie zu verwenden. Jetzt sollen wir für den Diesel-Betrug der Konzerne auch noch selbst in die Tasche greifen. Das kommt überhaupt nicht in Frage."
Alle drei Varianten soll es außerdem nur in Ballungsräumen geben, in denen die Luftqualität besonders schlecht ist. Notdürftig versucht man so, drohende Diesel-Fahrverbote zu vermeiden, an denen die Autoindustrie kein Interesse hat. Was das für die Masse der betrogenen Autofahrer in den anderen Gebieten Deutschlands und vor allem die Umwelt bedeutet, interessiert weder die Konzerne noch die Regierung wirklich.
Verheerende Umfrageergebnisse
Allerdings haben Autokonzerne und Regierung bisher jeglichen Schadensersatz der Hersteller für die Umrüstung mit effektiven Filtern kategorisch abgelehnt. Dass sie jetzt gezwungen sind, teilweise einzulenken, liegt vor allem an dem tiefen Vertrauensverlust von immer mehr Menschen und damit einhergehenden zunehmenden Protestaktionen vor allem auf lokaler Ebene und in den Automobilbetrieben. Dazu kommt, dass immer Gerichte Urteile fällen, dass Diesel-Besitzer ihre Fahrzeuge gegen volle Entschädigung zurückgeben dürfen.
Laut einer aktuellen forsa-Umfrage im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) meinen vier von fünf Verbrauchern in Deutschland, dass die Politiker im Abgasskandal vor allem die Interessen der Autoindustrie vertreten. Die wachsende Empörung über die Diesel-Betrüger, aber auch das wachsende Bewusstsein über die enge Verflechtung von Monopolen und Regierung ist ein Bestandteil des sich gegen die Rechtsentwicklung der Regierung formierenden fortschrittlichen Stimmungsumschwungs unter den Massen.
Unermüdliche Aufklärungs- und Organisationsarbeit
Diese Entwicklung ist vor allem auch das Ergebnis der systematischen Aufklärungsarbeit und des unermüdlichen Zusammenschlusses von Automobilarbeitern, Betroffenen in den Kommunen und der Masse der Pkw-Fahrer durch die MLPD und das Internationalistische Bündnis - seit Beginn der VW-Krise 2015, die sich längst zu einer Krise der gesamten Autoindustrie ausgedehnt hat.
So wurde das von ihnen unter anderem im Bundestagswahlkampf über Monate zum Wahlkampfthema Nummer 1 gemacht, Broschüren und zahlreiche Flugblätter wurden dazu herausgegeben und insbesondere vor den Automobilbetrieben verteilt. Der Abgasbetrug wird dort längst von immer mehr mutigen Arbeitern unter anderem auf Betriebsversammlungen zum Thema gemacht. Gegen den Gewerkschafter und Direktkandidaten der Internationalistischen Liste/MLPD, Siegmar Herrlinger, hat der Porsche-Konzern bei zwei versuchten Kündigungen eine Niederlage auf ganzer Linie einstecken müssen.
Nachstoßen!
Umso wichtiger, jetzt auch in dieser Frage nachzustoßen und weitergehende Forderungen durchzusetzen. Dazu heißt es in einem 20 Punkte umfassenden Forderungskatalog, der auf einer Veranstaltung am 29. Juli 2017 im Arbeiterbildungszentrum Süd „Siegmar und das Autokartell“ aufgestellt wurde, unter anderem:
"- Förderung des (kostenlosen) öffentlichen Nahverkehrs; optimale Ausstattung der Busflotten (Hybrid, Elektromotor, Brennstoffzelle). Wasserstofftankstellen auf den Betriebshöfen. Wiederbelebung des Systems des Werkbusverkehrs!
- Einbau von SCR-Katalysatoren auf Kosten der Autokonzerne! ... Entlarvung der Software-Updates als Betrug!" (Hier der gesamte Forderungskatalog)
Notwendig ist darüberhinaus die konsequente Bestrafung aller Verantwortlichen und die Haftung der Konzerne nach der Höchststrafe im Kartellrecht mit 10 Prozent vom Konzernumsatz!