28 Jahre Wiedervereinigung

28 Jahre Wiedervereinigung

Unzufriedenheit mit Ost-West-Spaltung wächst

Am 3. Oktober 1990 feierten Millionen von Menschen in Ost- und Westdeutschland die Wiedervereinigung. Unter Bruch des Potsdamer Abkommens hatten die westlichen Besatzungsmächte 41 Jahre zuvor das Land gespalten, um den Aufstieg des neudeutschen Imperialismus voranzutreiben.

Von hkg und gb
Unzufriedenheit mit Ost-West-Spaltung wächst
Herbstdemonstration der Montagsdemo-Bewegung 2016 in Berlin (rf-foto)

Eine demokratische Volksbewegung hatte maßgeblich zum Sturz des aus dem Verrat am Sozialismus hervorgegangenen bürokratisch-kapitalistischen SED-Regimes der DDR beigetragen. Eine wesentliche außenpolitische Bedingung für die folgende Wiedervereinigung war die Unterhöhlung der Macht der damals sozialimperialistischen Sowjetunion. Sie ermöglichte die Einverleibung des DDR-Staatsgebiets in den Herrschaftsbereich der BRD-Monopole.

Der Kampf gegen die Spaltung in Ost und West und um Arbeitsplätze für die Jugend ist Herzensangelegenheit der MLPD (rf-foto)
Der Kampf gegen die Spaltung in Ost und West und um Arbeitsplätze für die Jugend ist Herzensangelegenheit der MLPD (rf-foto)

In Kürze

  • Die Löhne lagen Ende 2017 in Ostdeutschland im Durchschnitt immer noch bei 82 Prozent der Westlöhne
  • Wachsende Teile der Belegschaften in den neuen Ländern wollen diesen Zustand nicht länger hinnehmen
  • MLPD feiert gelebte Arbeitereinheit und erfolgreichen Parteiaufbau

 

Der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl versprach den Menschen im Osten "blühende Landschaften". Die MLPD entlarvte von Anfang an die Propaganda vom "Aufschwung Ost". Tatsächlich wurde ein großer Teil der Industrie in Ostdeutschland von Westkonzernen geschluckt und plattgemacht. Die MLPD setzte sich stattdessen beharrlich für die Arbeitereinheit in Ost und West im Kampf gegen die Folgen dieser Politik ein.

 

Auch anlässlich des 28. Jahrestags der Wiedervereinigung gibt es wieder viele Feiern. Berlin rechnet mit einer Million Besuchern zum dreitägigen Jubiläumsfest. Zurecht freuen sich viele Menschen über den damals erkämpften Sturz der Stasi-Diktatur und die dabei errungenen bürgerlich-demokratischen Rechte.

Missbrauch der Freude über die Wiedervereinigung

Diese Freude wird von den Herrschenden in Deutschland aber missbraucht, um von der in Gesamtdeutschland herrschenden kapitalistischen Ausbeutung und Unterdrückung abzulenken. Zum x-ten Mal geloben die bürgerlichen Politiker, wie sehr sie sich um die Überwindung der nach wie vor herrschenden Unterschiede in den Arbeits- und Lebensverhältnissen bemühten.

 

Tatsächlich wird die Spaltung zwischen Ost- und Westdeutschland bewusst aufrechterhalten und vertieft sich teilweise sogar. Selbst der im August erschienene „Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der Deutschen Einheit 2018“ muss feststellen, dass die Arbeitslosigkeit im Osten immer noch um 2,3 Prozentpunkte (7,6 Prozent zu 5,3 Prozent) höher ist (Stand 2017). Die Löhne und Gehälter lagen Ende 2017 im Durchschnitt bei 82 Prozent des Westniveaus.¹ Damit ist die Lohndifferenz wieder auf den Stand des Jahres 2015 zurückgefallen.

"Manche Dörfer besser schließen"?

Die Abwanderung aus dem Osten hält weiter an. Allein in Thüringen wird nach Prognosen die Zahl der Erwerbsfähigen bis 2035 um 29 Prozent zurückgehen – und damit schneller als die Bevölkerung insgesamt. „Wir haben Regionen, da sind knapp 50 Prozent der arbeitsfähigen Leute ausgewandert”, so der Ost-Beauftragte der Bundesregierung, Christian Hirte.

 

„Manche Dörfer sollten wir besser schließen“, rät zynisch Joachim Ragnitz vom Ifo-Institut in Dresden und fordert Prämien, damit die Menschen in die größeren Städte ziehen. Das würde die ohnehin schon drastische Spaltung zwischen Stadt und Land noch weiter auf die Spitze treiben. Die konsequente Forderung nach gleichen Lebensverhältnissen in Ost und West lehnt der bürgerliche Forscher ab, weil sie angeblich nicht realisierbar wäre.

Gleiche Arbeits- und Lebensverhältnisse erkämpfen

Es sind aber die gleichen Konzerne, die von der mittlerweile genauso hohen Arbeitsproduktivität in den Zentren der internationalisierten Produktion profitieren, die kategorisch eine Angleichung der Löhne ablehnen. Sie profitieren von der damit betriebenen Spaltung ökonomisch und politisch. Und sie sind es, die in erster Linie von den staatlichen Milliardeninvestitionen in Infrastruktur und Städtebau profitiert haben.

 

Die Belegschaften lassen sich die Lohndiskriminierung immer weniger gefallen. Sie wissen, dass sie auf höchstem Niveau produzieren. Bei der letzten Metalltarifrunde stand nicht umsonst auf dem Forderungskatalog die Angleichung der Löhne sowie der Arbeitszeiten in Ost und West. Ein Korrespondent aus dem sächsischen Zwickau schrieb im November 2017: „Über 2.000 Kolleginnen und Kollegen beteiligten sich am 4. November beim Auftakt der Tarifauseinandersetzung im IG-Metall-Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen. Unübersehbar waren vor allem Delegationen von VW, BMW, Porsche, weiteren Auto- und Zulieferbetrieben sowie Siemens-Abordnungen aus Görlitz, Leipzig, Berlin usw.“²

Fortschrittlicher Stimmungsumschwung auch im Osten

Das zeigt: Auch in Ostdeutschland ist der fortschrittliche Stimmungsumschwung die hauptsächliche Tendenz. Die Vertrauenskrise in die bürgerlichen Parteien, den bürgerlichen Parlamentarismus und seine Institutionen ist hier noch größer als im Westen.

 

Dies und die besondere Benachteiligung der Masse der Bevölkerung in Ostdeutschland missbraucht die ultrareaktionäre, faschistoide AfD, um sich als "Stimme des Ostens" anzubiedern. Zu Unrecht:  Mit ihren Forderungen wie nach Abschaffung der Arbeitslosenversicherung, Privatisierung der Rentenversicherung, Aufhebung des Kündigungsschutzes stellt sie sich bei näherer Betrachtung besonders aggressiv gegen die Interessen der Werktätigen in ganz Deutschland.

 

Statt höherer Löhne fordert der AfD-"Sprecher" für Ostdeutschland, Jürgen Pohl, "erhebliche Investitionen in die Leistungsfähigkeit der ostdeutschen Wirtschaft". Also neue Subventionen für Konzerne, die diese zur Rationalisierung und zum Arbeitsplatzabbau nutzen werden.

MLPD feiert gelebte Arbeitereinheit

Noch heute fürchten die Herrschenden die Verarbeitung der Erfahrungen vieler Menschen in Ostdeutschland mit den hoffnungsvollen Ansätzen des sozialistischen Aufbaus, dem bürokratischen Kapitalismus wie auch dem staatsmonopolistischen Kapitalismus des Westens. Sie haben noch mit Schrecken den Massenprotest gegen die Hartz-Gesetze in Erinnerung, der sich 2004 unter der Losung „Weg mit Hartz IV – das Volk sind wir!“ ausgehend von ostdeutschen Städten über ganz Deutschland ausbreitete. 

 

Die MLPD feiert an diesem Jahrestag der Wiedervereinigung 28 Jahre gelebte Arbeitereinheit in Ost und West, aber auch 28 Jahre erfolgreichen Parteiaufbau in Gesamtdeutschland. In Thüringen - dem Bundesland, in dem die Benachteiligung in den Lebensverhältnissen teilweise besonders krass ist - hat sie eine neue Offensive des Parteiaufbaus gestartet und wird gemeinsam mit Kräften des Internationalistischen Bündnisses als Internationalistische Liste/MLPD zu den Landtagswahlen 2019 antreten.