München
40.000 gegen Rechtsentwicklung - Kritik an bürgerlichem Wahlkampf
Am gestrigen 3. Oktober 2018 gingen erneut 40.000 Menschen in München gegen die Rechtsentwicklung der Regierungen, gegen das reaktionäre bayerische Polizeiaufgabengesetz, gegen Flüchtlingshetze und politische Unterdrückung auf die Straße. Es war bereits die dritte Großdemonstration mit mehr als 40.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in der bayerischen Landeshauptstadt in diesem Jahr
Der Odeonsplatz war brechend voll. Als die ersten Demonstratinnen und Demonstranten nach der ca. zwei Kilometer langen Route dorthin zur Abschlusskundgebung zurückkehrten, waren die letzten gerade losgelaufen. Mit einer erneut so hohen Beteiligung hatten noch nicht einmal die Veranstalter gerechnet. Die Münchner Demo reiht sich ein in die Entwicklung kämpferischer antifaschistischer, internationalistischer und gegen die Rechtsentwicklung gerichteter Massenproteste in Deutschland.
Gemeinsam organisiert von #ausgehetzt und #noPAG
Über 100 Parteien und Organisationen hatten zu der Demonstration aufgerufen. Entsprechend vielfältig waren Zusammensetzung und Initiativen: Aktivisten der Seenotrettung und Ärzte ohne Grenzen, der Motorradclub Kuhle Wampe und die #noPAG-Jugend, Kreisjugendring und Flüchtlingshelferinnen und -helfer, fortschrittliche Musiker und Theaterleute, Automobilarbeiter und Internationalistisches Bündnis, Umweltschützer, Naturfreunde, Linkspartei, Grüne, SPD, MLPD, Rebell, Asta, verschiedene Jugendorganisationen bis zu Autonomen und Anarchisten - da gab es kaum eine politische Richtung auf antifaschistischer Grundlage, die nicht vertreten war.
Zusammenhalt über Meinungsverschiedenheiten hinweg
Eine Rednerin von #noPAG betonte bei der Auftaktkundgebung: "Die große Stärke dieser Bewegung ist es, dass da Gruppen zusammenarbeiten, bei denen man sich bis vor kurzem nicht einmal im Traum hätte vorstellen können, dass sie zusammenarbeiten."
Das Internationalistische Bündnis und die MLPD als eine seiner Trägerorganisationen haben in der Vorbereitung aktiv mitgearbeitet. Im Vorfeld wurde bei einem Bündnistreffen von liquidatorischen Kräften der Ausschluss des Internationalistischen Bündnisses (nicht der MLPD) betrieben, wie in anderen Bündnissen auch wegen angeblichem Antisemitismus. In Wahrheit lässt sich das Internationalistische Bündnis ganz einfach nicht die Kritik an der zionistischen Politik und die Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf verbieten.
Eine Korrespondentin berichtet: "Wir haben die Leute offensiv angesprochen. Nichts ist wichtiger, als dass sich die kämpferischen und revolutionären Kräfte gegen die starke Rechtsentwicklung zusammenschließen. Wer da mit antikommunistischer Ausgrenzung operiert, will doch den gemeinsamen Kampf gegen die Rechtsentwicklung gar nicht. Revolutionäre Kräfte und die Position des echten Sozialismus sind in dieser Bewegung gegen die Rechtsentwicklung unverzichtbar, wenn man es ernst mit ihr meint."
Die Mehrheit reagierte mit Unverständnis gegenüber den Spaltern. Einige meinten: "Wir Gegner des PAG und des Rechtsrucks sind mehr, das ist wahr. Aber wir sind noch zu zersplittert". Gerade da setzt ja das Internationalistische Bündnis an. Mit einem eigenen schön gestalteten Wagen mit offenem Mikrofon nahm das Internationalistische Bündnis an der Demo teil. Eine Vertreterin der Arbeiterplattform im Internationalistischen Bündnis machte in einem Redebeitrag deutlich, dass die Arbeiter das Rückgrat der Bewegung gegen die Rechtsentwicklung sind. Weil innerhalb kürzester Zeit auf der Demo kein Durchkommen mehr war, fiel der Block etwas kleiner aus als geplant, was aber der kämpferischen Stimmung keinen Abbruch tat. Mehrere Organisationen, darunter der "Arbeiterbund", solidarisierten sich ausdrücklich mit dem Internationalistischen Bündnis.
Nach Köln und Hamburg auch in München: Die Spaltungsversuche erweisen sich als Rohrkrepierer!
Spürbare Suche nach einer gesellschaftlichen Perspektive
Der Stand der MLPD war die ganze Zeit über umlagert, zahllose Gespräche wurden geführt. Vor allem unter Jugendlichen - gegen einige von ihnen kam das neue ultrareaktionäre Polizeiaufgabengesetz schon zur Anwendung, als sie gegen den Gipfel in Salzburg protestieren wollten - wächst die Kritik am Kapitalismus insgesamt. Viele Gespräche drehten sich um die Notwendigkeit, sich zu organisieren.
Flüchtlinge aus den "ANKER"-Zentren waren da und prangerten ihre menschenunwürdige Unterbringung an. Ein Verein von Informatikern setzte sich mit den Methoden der Überwachung fortschrittlicher Bewegungen durch den Staatsapparat auseinander. Ein junger Musiker berichtete, wie er belangt wird, weil er eine Seite mit den Symbolen des kurdischen Freiheitskampfs geliket hat. Aus Solidarität wehten gestern für einige Zeit YPG-Fahnen von der Bühne! Der Beitrag vom Frauenbündnis 8. März machte deutlich, dass die Frauen in ihrem Bündnis undemokratische Methoden und Ausgrenzung von Revolutionärinnen nicht dulden.
Im Gegensatz zu der kämpferischen Richtung stand das Lamento von Verteterinnen und Vertretern von SPD, Linkspartei und GRÜNEN, die zehn Tage vor der bayerischen Landtagswahl auf Stimmenfang waren. Sie richten sich nur gegen die AfD und die CSU und orientieren auf einen "Politikwechsel" mittels Stimmzettel. Tatsächlich geht die Rechtsentwicklung von allen bürgerlichen Parteien aus. Die kämpferische Bewegung gegen die Rechtsentwicklung muss sich unter jeder bürgerlichen Regierung stärken und mit der kleinbürgerlich-parlamentarischen Denkweise fertig werden.
Ein Korrespondent schreibt: "Viele Redner haben sachkundig die verschieden Seiten der Rechtsentwicklung dargestellt und den Willen zum Ausdruck gebracht, gemeinsam die Kräfte dagegen zu bündeln. Diese gemeinsame Grundlage ist eine gute Voraussetzung, sich über die Perspektiven des Kampfes auseinanderzusetzen. Mit der Masse der Teilnehmer hatten wir eine aufgeschlossene solidarische Auseinandersetzung. Demgegenüber waren einige Reden von SPD, Linkspartei und GRÜNEN ein offener Versuch, den Widerstand zu spalten und in die Sackgasse parlamentarischer Illusionen zu führen."