Rüsselsheim
Tausendfaches Pfeifkonzert der Opelaner
Auf der Betriebsversammlung bei Opel in Rüsselsheim in der vergangenen Woche mit bis zu 9.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern bekam der Vorstand den geballten Widerstand der Belegschaft zu spüren. Ein spürbarer Stimmungsumschwung.
Mit einer Demo des Bereiches Prototypenbau liefen 300 bis 400 Kolleginnen und Kollegen in die Halle ein. Sie brachten lautstark ihren Protest gegen die geplante Ausgliederung des ITEZ¹ zum Ausdruck. Vertrauensleute hatten Buttons erstellt mit der Aufschrift „Nein zur Zerschlagung“. Die Pläne zur Ausgliederung des ITEZ und der Verkauf an "Segula" werteten die ITEZ-Kolleginnen und -Kollegen als „reine Abwicklungsmaßnahme“ bzw. Einleitung einer weitergehenden Zerschlagung der bisherigen Konzernstruktur auf dem Rücken der Arbeiter und Angestellten.
Alle Fragen der Zukunft der Werke völlig offen
Opel-Betriebsrats-Vorsitzender Wolfgang Schäfer-Klug ging auf die Stimmung ein und schlug auch kämpferische Töne an. Doch vor allem versuchte er, mit dem Gespenst einer drohenden Schließung des ganzen Standortes, einen möglichen Kampf der Belegschaft schon im Ansatz zu ersticken. „Natürlich können wir auf die Barrikaden gehen, aber die Frage ist, bleibt dann am Ende noch ein Betrieb, wo wir arbeiten können?“ Die Frage ist völlig falsch gestellt! Nicht unser Kampf gefährdet Arbeitsplätze, sondern die Profitgier der Konzerne und der ständige Verzicht durch das Co-Management rechter Betriebsrats- und Gewerkschaftsführer gibt uns kampflos preis.
So musste Wolfgang Schäfer-Klug eingestehen, dass alle wesentlichen Fragen zur Zukunft der Werke völlig offen sind. Das berühre die Auslastung des Eisenacher Werks, die Getriebeproduktion in Rüsselsheim, die Motorenproduktion in Kaiserslautern, die Zukunft des aktuellen Insignia in Rüsselsheim. Wegen des fehlenden Hybridmodells bestehe die Gefahr eines vorzeitigen Auslaufs 2020, daher müsse ein zweites Modell her. Was haben sie bisher damit erreicht? Weder Arbeitsplatzsicherheit noch verbindliche Zusagen von PSA. Über den angeblichen Kündigungsschutz wurde kaum gesprochen und über die „Teilinteressensausgleiche“ gar nicht mehr! Verzicht sichert nur den Tod auf Raten.
Noch nie gab es so ein Pfeifkonzert
Noch nie gab es in Rüsselsheim ein tausendfaches Pfeifkonzert der Belegschaft! Dazu kam es, als die neue Personalchefin, Anke Felder, der Belegschaft angebliche Verluste von 20 Milliarden US-Dollar in den letzten Jahren vorrechnete. Offensichtlich war sie auf die kämpferische Stimmung in der Belegschaft nicht eingestellt und wurde sehr nervös. Nach ihrem Werbe-Video über die neue Markenpositionierung rührte sich keine Hand zum Applaus. Auch das ein Novum!
In Kürze
- Die Zukunft seitens der Geschäftsleitung ist für die Opelanerinnen und Opelaner völlig offen
- Personalchefin erntet tausendfaches Pfeifkonzert für ihren Beitrag
- Rednerliste der Aussprache wurde nach dem zweiten Beitrag geschlossen - sehr demokratisch!
Am 24. Juli 2018, kurz vor der erpressten Zustimmung der Belegschaft zum Tarifvertrag zur angeblichen Sicherung der Arbeitsplätze, kam die Nachricht in allen Medien, PSA verkündete das Halbjahresresultat: Ein Wahnsinnsergebnis. Wer hätte das Opel zugetraut? Selbst Autoexperten waren überrascht. Carlos Tavares, Chairman der Groupe PSA, sagte: „Wir alle glaubten daran, dass sich Opel unter dem Druck zum Helden entwickeln kann. Die heutigen Ergebnisse zeigen, dass die Führung von Michael Lohscheller und die Leistung der Belegschaft herausragend waren.“²
Die Damen und Herren Vorstände basteln sich ihre Ergebnisse, wie sie es brauchen. Um die Beschäftigen zu beruhigen, gibt es Erfolgsmeldungen. Steht dann wieder Erpressung an, gibt es Katzenjammer über angebliche Verluste.
Im Rahmen der internationalen Vernichtungsschlacht im Automobilsektor versuchen alle beteiligten Monopole Maximalprofite herauszuschlagen: Die Lasten werden auf die Belegschaften abgeladen, die Ausbeutung gesteigert und immer mehr aus den Kolleginnen und Kollegen herausgepresst.
3.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer blieben zur Aussprache
Da die Aussprache auf Grund mehrfacher Kritik der letzten Jahre vorgezogen wurde, hörten mehr als 3.000 Kolleginnen und Kollegen zu. Zuerst berichtete ein Bereichs-Betriebsrat aus dem K170 über die krassen Zustände im Werk. Der zweite Beitrag zerpflückte die Worte der Personalchefin, lud sie in die Produktion ein (denn sie hatte die pfeifenden Kollegen zu sich eingeladen) und griff das PSA-Lügengebäude des „Zukunftstarifvertrags“ als von der Realität überholt an. Zudem zeigte er die Hintergründe die internationale Vernichtungsschlacht zwischen den Automonopolen auf.
Miese Tricks
Bereits nach dem zweiten Redner wurde die Rednerliste geschlossen. Doch solche miesen Tricks können den weiteren Austausch in der Belegschaft nicht verhindern. So hat die notwendige Polarisierung gegen PSA und die Kritik an der Unterordnung der Reformisten aktiven Kollegen des ITEZ die Augen geöffnet. Bisher scheuten sie sich offen Kritik zu üben. Doch diese undemokratischen Methoden ernüchtern viele.
Begrüßt wurden selbst gemalte Pappen. Auf ihnen: Forderungen für den Kampf um die Zukunft der Jugend, für die Einheit von Werk und ITEZ, sowie für den gemeinsamen internationalen Kampf, statt Kapitulation. Die Arbeiterinnen, Arbeiter und Angestellten müssen sich weltweit zusammenschließen, denn der Handelskrieg wird auf die Massen in allen Ländern, auf die Verbraucher und auf die Belegschaften abgewälzt. Diesem Zusammenschluss dient das nächste Delegiertentreffen der Internationalen Automobilarbeiterkonferenz (IAC) am 27. Oktober in Darmstadt. Die Einladungen dazu wurden sehr interessiert aufgenommen.
Die MLPD-Betriebsgruppen in den Opel-Werken werben für den Weg der Arbeiteroffensive. Sie jetzt zu stärken ist eine wichtige Vorbereitung auf künftige Kämpfe. Mehr über die Arbeit der MLPD Betriebsgruppen findet man hier.