Dieselbetrug
Krise der Automobilkonzerne zieht immer weitere Kreise
800 Millionen Euro Strafe musste Audi diese Woche zahlen - ohne jeden Protest. Die Münchner Staatsanwaltschaft verhängte am Dienstag die Geldbuße wegen Verletzung der Aufsichtspflicht, was “die Begehung vorsätzlicher Straftaten aus dem Unternehmen heraus” möglich machte.
Die Begründung mit der "Verletzung der Aufsichtspflicht" ist ein schlechter Witz. Schließlich wurde der Abgasbetrug aus der Konzernzentrale mit erheblicher krimineller Energie vorangetrieben. Darauf steht normalerweise Gefängnis für alle verantwortlichen Manager und Konzernchef Rupert Stadler, der bisher lediglich in Untersuchungshaft sitzt.
In Kürze:
- 800 Millionen Euro Strafe musste Audi diese Woche für den Dieselbetrug bezahlen
- Von VW angebotene Rabatte und Umtauschprogramme reines „Konjunkturprogramm“
- MLPD, Internationalistisches Bündnis und kämpferische Automobilarbeiter sind die wirklichen "Chefaufklärer"
Wie Mutterkonzern VW hatte Audi eine „unzulässige Abschalteinrichtung“ verwendet. Diese Software erkannte, ob Fahrzeuge auf dem Prüfstand für Abgasmessungen waren – nur dann wurde die Emissions-Reinigung voll angeschaltet. Bei normaler Fahrt stoßen die Pkw dagegen ein Mehrfaches an giftigen Schadstoffen aus.
Audi gehört zu den Hauptakteuren des Abgasbetrugs vom ersten Moment an. Die eigentlichen Skandal-Motoren EA 189 und der EA 288 der VW AG sind in fast allen AUDI-Kleinwagen und Mittelklassemodellen von 2008 bis 2014 verbaut worden. Das umfasst den europäischen und den US-amerikanischen Markt sowie weitere Absatzmärkte, insgesamt rund 4,992 Millionen Fahrzeuge, darunter ca. 470.000 Fahrzeuge mit V6- und V8-Dieselmotoren.
Warum gerade 800 Millionen?
Offiziell sollen mit dem Bußgeld Gewinne abschöpft werden, die Audi aus seinem Betrug gezogen hat. Großzügig rechneten die Staatsanwälte aber von diesen Gewinnen ab, was Audi bisher für die Umrüstung betroffener Fahrzeuge bezahlt hat. So musste Audi bereits 910.000 Fahrzeuge wegen Mängeln bei der Abgasreinigung zurückrufen.
Berücksichtigt wurden auch die hohen Strafzahlungen in den USA wegen des Dieselskandals – bislang mehr als zwei Milliarden Euro. Insgesamt geht es um 4,992 Millionen Fahrzeuge, so dass sich rechnerisch eine „Strafe“ von gerade einmal 160 Euro pro Auto ergibt - Peanuts aus der Portokasse.
Die Strafgelder erhalten die Bundesländer Niedersachsen und Bayern. Weder die betroffenen Autofahrer noch durch Stickoxide oder Feinstaub gesundheitlich Geschädigte sehen davon nur einen Cent.
Doch nicht nur bei Audi gab es seit März 2017 mehrfach Razzien. Konkurrent Daimler war im Mai 2017 Ziel einer bundesweiten Durchsuchung der Staatsanwaltschaft Stuttgart und auch bei BMW rückten Fahnder im März 2018 an.
Ende der Fahnenstange – noch lange nicht
Länger ließ sich jetzt auch bei Opel der handfeste Dieselbetrug nicht unterdrücken. Am 15. Oktober gab es in Rüsselsheim und Kaiserslautern Razzien (siehe RF-News-Bericht). Untersuchungen hatten ergeben, dass die Modelle Zafira, Insignia und Cascada CD der Baujahre 2012 bis 2016 wie bei Audi ein Mehrfaches der zulässigen Menge an Stickoxiden im Alltagsbetrieb an die Umwelt abgeben.
Dreist startete VW am 18. Oktober eine neue „Umwelt-Werbekampagne“. Wer alte Diesel abgibt und ein neues VW-Modell kauft, erhält Rabatte – bezogen auf den Listenpreis. Zum einen erhöht VW aber den Listenpreis systematisch.
Zum anderen sind heute schon Rabatte von 10 Prozent das mindeste; oft geben die Händler 25 Prozent. Selbst Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer wertete das als reines „Konjunkturprogramm“ für VW.
Aufklärung ist auch in Zukunft weder von der Bundesregierung noch von den Landesregierungen oder dem Kraftfahrtbundesamt zu erwarten. Sie sind wie der gesamte Staatsapparat heute Dienstleister des allein herrschenden internationalen Finanzkapitals und damit auch der großen Autokonzerne. Statt Aufklärung wird in Berlin systematisch Vertuschung und Schadensbegrenzung in deren Sinn betrieben.
Die eigentlichen "Aufklärer"
Dass der kriminelle Abgasbetrug nicht längst in der Versenkung verschwunden ist, ist vor allem der MLPD, dem Internationalistischen Bündnis mit seiner Arbeiterplattform sowie kämpferischen Automobilarbeitern und Umweltaktivisten zu verdanken (zur VW-Broschüre der Arbeiterplattform). Sie bringen immer neue Seiten des Abgasbetrugs ans Tageslicht und helfen den Arbeitern, ihren Familien, den betroffenen Menschen in den Städten und den betrogenen Dieselfahrern, sich gegen die Konzerne zusammenzuschließen.
Sie stehen auch an vorderster Front des Kampfs gegen die Abwälzung der Krise der Autokonzerne auf die Belegschaften. Bis Ende September wurde bei VW in Wolfsburg über mehrere Wochen nur an drei Tagen die Woche produziert – aber der Stückzahldruck und damit die Arbeitsbelastung wurden massiv erhöht. VW-Chef Herbert Diess droht mit weiterem massivem Jobabbau von bis zu 100.000 Arbeitsplätzen weltweit.
Für Arbeitsplätze und Umweltschutz
Seit Beginn der Veröffentlichung des Skandals bei VW 2015 gibt es kaum eine Belegschaftsversammlung von Porsche bis BMW, auf der nicht Kolleginnen und Kollegen Skandale aufdecken. Ein Ford-Kollege berichtet:
„Seit fast zwei Jahren prangern wir die Umweltzerstörung auch die durch uns produzierten Autos an. Das ist nicht immer leicht. Nicht nur die Geschäftsführung droht uns. Es gibt auch rechte Gewerkschaftsfunktionäre und Kollegen, die sagen: 'Ihr seid Nestbeschmutzer! Ihr gefährdet unsere Arbeitsplätze!' Aber immer mehr Kollegen sehen: Wir haben Recht! Wir werden nicht nachlassen, die Belegschaften für den gemeinsamen Kampf sowohl für den Erhalt der Arbeitsplätze als auch für Umweltschutz zu gewinnen!“