Gelsenkirchen
Ölpellets - legalisierte Volksvergiftung für Maximalprofit
Seit Wochen empört ein neuer Umweltskandal die Bevölkerung Gelsenkirchens - nachdem bekannt wurde, dass Ölpellets aus der BP-Raffinerie in Gelsenkirchen-Scholven im benachbarten Uniper-Kraftwerk als Brennstoff verheizt werden.
Die Ölpellets enthalten krebserregende Schwermetalle wie Nickel. Die Anwohner – viele von ihnen seit Jahren durch Fackeln und Gestank belästigt – sind wütend (Rote Fahne News berichtete bereits am 1.10.2018).
In einer Sondersitzung des Umweltausschusses Gelsenkirchen am 10. Oktober standen die Verantwortlichen von BP, Uniper und Bezirksregierung im Kreuzfeuer. BP und Uniper haben mit unverschämter "Freundlichkeit" betont, dass alle Grenzwerte unterschritten werden und die Bezirksregierung „jederzeit in den Schornstein reinsehen kann“.
In Kürze:
- In Uniper-Raffinerie verbrannte Ölpellets enthalten krebserregende Schwermetalle wie Nickel
- AUF-Stadtverordnete Monika Gärtner-Engel kritisiert "legalisierte Volksvergiftung"
- MLPD unterstützt Organisierung des aktiven Widerstands
Jan Specht, "sachkundiger Einwohner" für das überparteiliche Kommunalwahlbündnis AUF Gelsenkirchen, warf kritische Fragen auf, die nicht alle beantwortet werden konnten. So kritisierte er, dass diese Ölpellets kein Nebenprodukt nach der üblichen Definition sind. Vielmehr wurde die Anlage extra so gebaut, dass die anfallenden Rußabfälle mit Schweröl vermischt werden - also einem neuen Produkt -, damit man sie im Kraftwerk verbrennen kann.
Nicht geklärt werden konnte, wo die Schwermetallabscheidungen eigentlich entsorgt werden. Das betrifft insbesondere die 50 bis 100 Tonnen Nickel, die in den Ölpellets enthalten sind. Jan Specht wies nach, dass laut Schadstoffemissionsregister 300 Kilogramm in die Luft gelangen. Der restliche Teil haftet am Staub an, der dann als Baumaterial für Straßen und Beton verarbeitet und verkauft wird. Das wurde von Uniper auch bestätigt.
"Alles im grünen Bereich"?
Auch kritisierte er, dass der Anschein erweckt werde, mit der Einhaltung der Grenzwerte sei alles im grünen Bereich. Die Definition der Grenzwerte richtet sich nicht danach, was für die Gesundheit gut ist, sondern nach dem Stand der Technik. Das ist aber völlig unzureichend.
Als Anwohnerin kam auch Ingrid Lettman zu Wort. Sie berichtete, dass Aktivisten von AUF Gelsenkirchen binnen einer Stunde 85 Unterschriften gegen die Verbrennung der Ölpellets sammelten. Der Rückhalt der Bevölkerung ist da und groß.
Legalisierte Volksvergiftung
Am Tag nach der Umweltausschusssitzung folgte eine turbulente Ratssitzung. Engagiert problematisierte AUF-Stadtverordnete Monika Gärtner-Engel die "legalisierte Volksvergiftung" – denn die Bezirksregierung hatte die Verbrennung seit den 1970er Jahren genehmigt.
Einstimmig angenommen wurde im Rat der Stadt der Antrag der SPD-Fraktion, die Kontrollen häufiger zu machen und die Verantwortlichen aufzufordern, die Verbrennung solange auszusetzen, bis die Sachlage geklärt ist. Dies ist aber nicht bindend und die Ölpellets werden bis heute weiter verfeuert.
Aktiver Widerstand gefragt
Die Durchsetzung dieser Forderung sowie die lückenlose Aufklärung, strafrechtliche Verfolgung und Finanzierung aller Folgeschäden durch BP und Uniper erfordert die Organisierung eines aktiven Widerstands der Bevölkerung. Die MLPD wird in Betrieben und Wohngebieten Gelsenkirchens diesen Gedanken in ihrer systematischen Kleinarbeit bekanntmachen und zu seiner praktischen Umsetzung beitragen.
Kampf für Erhalt der Arbeitsplätze und Rettung der Umwelt gehören zusammen
Der „Cracker“, Zeitung von Kollegen für Kollegen bei BP in Gelsenkirchen, an der auch Genossinnen und Genossen der MLPD mitarbeiten, geht auf die Frage ein, dass der Kampf für den Erhalt der Arbeitsplätze und für die Rettung der Umwelt eine Einheit bilden müssen:
„Da war sie aber schnell, die BP-Geschäftsleitung. Kaum war über die Monitor-Sendung am 27. Oktober (immer noch in der ARD-Mediathek anzuschauen) bundesweit publik, dass BP seit Jahren hochgiftige Ölpellets im Uniper-Kraftwerk verfeuern lässt, stand es schon im Intranet: alles ganz harmlos, alles ganz legal. So harmlos, dass wir auf keinen Fall mit irgendjemand draußen reden sollen. … Vor allem: Füße still halten. …
Der hochgiftige Raffinerie-Abfall kann und muss fach- und sachgerecht in dafür spezialisierten Anlagen mit entsprechender Filterung verbrannt werden. Das wissen alle Beteiligten. Natürlich gehen die dafür anfallenden 18 bis 20 Millionen Euro pro Jahr vom Profit ab. Aber allein BP Deutschland hat 2017 einen Umsatz von 30,4 Milliarden Euro mit einem Überschuss (sprich Reinprofit) von 890 Millionen Euro verbucht. Steht also nicht vor dem Ruin.
Wer streut gerade jetzt die Gerüchte, ob der Laden nicht sowieso stillgelegt werden könnte? Wer verbreitet die Parole, dass irgendjemand der Belegschaft 'ans Bein pinkeln' will? Sollen wir aus Sorge um den Arbeitsplatz den Mund halten und uns mit BP lieb Kind machen? … Klar macht man sich als Arbeiter Sorgen, aber man hat nicht nur Verantwortung für den eigenen Arbeitsplatz, sondern auch für die Gesellschaft.“
Unterschriftenaktion verbreiten
AUF Gelsenkirchen hat eine Unterschriftenaktion gestartet mit folgenden Forderungen:
- Sofortige Einstellung der Verbrennung giftiger Raffinerierückstände im Kraftwerk Scholven!
- Restlose Aufklärung und strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen für Umdeklarierung, Genehmigung und Verbrennung der Ölpellets!
- Schaffung von Arbeitsplätzen durch fachgerechte Entsorgung, modernste Filtertechnik und lückenlose Luftüberwachung sowie -analyse!
- Wir brauchen saubere Luft zum Leben!