Interview
Brisante BKA-Akten kriminalisieren Gottfried Schweitzer
Das Bundeskriminalamt (BKA) hat im Zusammenhang mit mutmaßlichen MLPD-Mitgliedern weitgehende Akten angelegt. Darin werden völlig haltlose Tatvorwürfe zu Tatsachen erklärt. Bis hin zu Sprengstoff-Delikten. Gottfried Schweitzer, ein betroffener Genosse, schildert anschaulich einschlägige Erfahrungen.
Im Zusammenhang mit dem Rebellischen Musikfestival1 2018 in Truckenthal wurden fünf mutmaßliche MLPD-Mitglieder, unter ihnen Stefan Engel, von der Polizei als „Gefährder“ eingestuft. Einer davon ist der 72-jährige Gottfried Schweitzer aus Leverkusen, Vorsitzender des Vereins Rebellisches Musikfestival e. V. Seine Anwälte nahmen beim Bundeskriminalamt (BKA) Akteneinsicht.
Rote Fahne: Was war das verblüffende Ergebnis der Akteneinsicht?
Gottfried Schweitzer: Das BKA hat mich gespeichert unter dem Titel: „Innere Sicherheit – Datei zur Speicherung von Falldaten/Tatbeschreibungen im Bereich der politisch motivierten Kriminalität“.
Da werden an drei verschiedenen „Tatzeiten“ von 2008 bis 2012 folgende „Delikte“ aufgelistet: „Körperverletzung, Beleidigung, gefährliche Körperverletzung, Landfriedensbruch, Verstoß gegen Sprengstoffgesetz, Versammlungsgesetz, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Sachbeschädigung“.
Kannst du dich noch erinnern, was du tatsächlich an diesen Tagen gemacht hast?
Da habe ich jedes Mal – friedlich – an einer antifaschistischen Demonstration teilgenommen, zweimal in Leverkusen gegen „Pro NRW“ und einmal in Köln-Kalk, auch gegen eine Nazi-Demo. Wegen der beiden Demos in Leverkusen gab es nie auch nur eine Strafanzeige gegen mich. In Köln allerdings nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf. ... Das Ermittlungsverfahren wurde ergebnislos eingestellt. ...
In welchem Zusammenhang steht das damit, dass du als Gefährder eingestuft bist?
Dieses Beispiel zeigt einmal mehr, dass die Faschisierung des Staatsapparates in Wirklichkeit schon viel weiter fortgeschritten ist, als die Öffentlichkeit weiß.
Das BKA schafft mit diesen Methoden die Voraussetzungen, die Vorbeugehaft zu rechtfertigen und zu unterfüttern, was auch die neuen Polizeigesetze legalisieren wollen. Das ist eine weitere Annäherung an Gestapo-Methoden.
Was tut ihr selbst dagegen?
In die Offensive gehen. Öffentlichkeit herstellen, Solidarität organisieren. Beim Rebellischen Musikfestival haben wir damit schon dem ehemaligen Polizeidirektor Dirk Löther von Saalfeld/Thüringen eine krachende Niederlage verpasst.
Nach einer großen und mehreren kleineren öffentlichen Veranstaltungen, begleitet von vielen Soli-Erklärungen, klagt Stefan Engel jetzt vor dem Verwaltungsgericht gegen seine Klassifizierung als „Gefährder“.
Ich habe an den Polizeidirektor in Köln geschrieben und ihn gefragt: 1. in welcher Datei er mich als „Gefährder“ gespeichert hat, dass das 2. widerrechtlich ist und er das 3. löschen und sich bei mir entschuldigen soll.
Aber ganz entscheidend ist, den wachsenden Widerstand gegen die Polizeigesetze zu verstärken und sich für den Erhalt und die Erweiterung der demokratischen Rechte und Freiheiten einzusetzen!
Vielen Dank für die brisanten Informationen.
(Das komplette Interview gibt es in dem am kommenden Freitag erscheinenden Rote Fahne Magazin - es kann hier bestellt werden, ab Ende nächster Woche auch die Einzelausgabe)