TU Hamburg

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Querdenken erwünscht? Von wegen!

Am 19. Oktober 2018 beantragte Dr. Ulrich Fritsche als Vertreter des Hamburger Gesprächskreises Dialektik & Materialismus beim Kanzler der TU Hamburg die Genehmigung, ein Plakat mit der Werbung für eine Diskussionsveranstaltung mit dem renommierten Göttinger Physiker Prof. Dr. Christian Jooß zur „Selbstorganisation der Materie“ auszuhängen.

Von gis

Der Titel der für den 17. November geplanten Veranstaltung ist gleichlautend mit dem Buch von Prof. Dr. Christian Jooß, das im Verlag Neuer Weg erschienen ist. Die beantragte Genehmigung wurde „i.A.“ des Kanzlers von dessen Sekretärin postwendend verweigert.

Absurde Verleumdung

In einem Flugblatt schreiben die Veranstalter: "In der mündlichen Begründung hieß es zunächst: 'wegen Terrorismusgefahr 9/11'; in der schriftlichen dann auf die Bitte um Angabe der Rechtsgrundlage der Ablehnung: 'Nach Absprache mit der Öffentlichkeitsarbeit und der Stabstelle Arbeitssicherheit, ist uns aufgefallen, dass "unsereweltclub" [die Adresse, die Dr. Fritsche für den Mailverkehr des Gesprächskreises verwendet] der Marx Engels Stiftung unterliegt und wir an der TU Hamburg keine Politischen Vereine unterstützten.' (sic!)

 

So grauenhaft das Deutsch dieser 'Begründungen', so abwegig ist ihr Inhalt: Weder 'unterliegt  Ulrich Fritsche oder der Gesprächskreis der Marx-Engels-Stiftung, noch sind der Gesprächskreis oder die seit 40 Jahren existierende und als gemeinnützig anerkannte Marx-Engels-Stiftung 'politische Vereine' - statutarischer Zweck der Stiftung ist die 'Erforschung des wissenschaftlichen Werks von Marx und Engels und seiner geschichtlichen Wirksamkeit' - beide in die Nähe von Gewalttätern zu rücken, ist eine absurde Verleumdung."

Kassiert der Kanzler die Entscheidung?

Das war die Hoffnung der Beteiligten, unter anderem des als Moderator vorgesehenen Prof. Wolfgang Jantzen aus Bremen. Er schrieb einen ausführlichen persönlichen Brief an den Kanzler der Technischen Universität Hamburg, an dessen Ende es heißt:

 

"Ich fände es außerordentlich bedauernswert, wenn ausgerechnet im Jahr des 200. Geburtstages von Karl Marx, der weltweit zunehmend neue Bedeutung als Philosoph und Ökonom erfährt, Ihre Universität bei dieser Haltung bliebe. Sich geirrt zu haben, ist in keiner Weise ehrenrührig. Das tun wir alle – und nicht nur einmal in unserem Leben. Stellvertretend für unseren Arbeitskreis lade ich Sie gerne ein, an der Diskussionsveranstaltung mit Herrn Prof. Jooß am 17. November teilzunehmen, die ich, so der jetzige Stand der Planung moderieren werde."

Wissenschaftlicher Beirat der Offenen Akademie protestiert

Die Sprecher des Wissenschaftlichen Beirats der Offenen Akademie, Peter Hensinger (Stuttgart), Christoph Klug (Recklinghausen) und Prof. Dr. Josef Lutz (Chemnitz) wenden sich in einer Erklärung vom heutigen Dienstag ebenfalls an den Präsidenten der TU Hamburg, Prof. Dr. Hendrik Brinksma. Es stünde der TU Hamburg schlecht zu Gesicht, schreiben sie, wenn sie eine Wissenschaftsfeindlichkeit an den Tag legt, gegen die in den USA im "March of Science" Massen protestierten. In der Erklärung heißt es unter anderem:

 

"Wir haben erfahren, dass von Ihrer Universität ein Verbot der Werbung für die wissenschaftliche Diskussion am 17. November 2018 mit Prof. Dr. Christian Jooß zum Thema 'Selbstorganisation der Materie – Zur Rolle der dialektisch-materialistischen Methode und Weltanschauung in der Herausbildung einer Entwicklungstheorie der Materie' ausgesprochen worden ist ... Die Dialektik und der Materialismus wurden von Hegel, Feuerbach und Marx entwickelt. Sie zählen zum Erbe der klassischen deutschen Philosophie, Kultur und Arbeiterbewegung. Sie müssen nicht mit Karl Marx einverstanden sein – aber es ist ein NoGo, seine Lehre zu unterdrücken. Immerhin hat anlässlich seines 200. Geburtstags sein wissenschaftliches Werk weltweite Würdigung erfahren ... Wir erwarten von Ihnen, dass Werbeverbote für diese und andere Veranstaltungen beendet werden."