Erfurt
Bündniskongress des Internationalistischen Bündnisses: „Wir sind alle Thüringer!“
Rund 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmer trafen sich heute in Erfurt zum Bündniskongress Thüringen des Internationalistischen Bündnisses.
Darunter Vertreter von rund 35 örtlichen Bündnisorganisationen sowie 15 der inzwischen 34 im Bündnis zusammengeschlossenen Organisationen und Bewegungen, Gäste von der fortschrittlichen Partei HDP aus der Türkei, dem Mesopotamischen Verein Erfurt und der palästinensischen Gemeinde Thüringen. Aber auch Arbeiter von Opel, Daimler, VW, Siemens, Bergarbeiter, Stahlarbeiter, Aktivistinnen und Aktivisten des antifaschistischen und antimilitaristischen Kampfs, der Frauen-, Umwelt- und kämpferischen kommunalpolitischen Bewegung.
In Kürze:
- Rund 160 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Bündniskongress des Internationalistischen Bündnisses
- Erfolgreiche Zwischenbilanz und Beratung des weiteren Aufbaus in Verbindung mit der Landtagswahl in Thüringen
- Zahlreiche Vorschläge und große Bereitschaft, sich zu engagieren
Sie zogen Bilanz über die bisherige Entwicklung des 2016 gegründeten Internationalistischen Bündnisses. Vor allem berieten sie darüber, wie eine starke und breite Bewegung gegen die Rechtsentwicklung der Regierung und bürgerlichen Parteien organisiert werden kann, welche Schritte dazu für den Aufbau des Internationalistischen Bündnisses in Thüringen notwendig sind und wie dazu die Beteiligung an der Landtagswahl im Oktober 2019 genützt wird.
Erhan Aktürk freigekämpft
Begrüßt wurden die Teilnehmer von einem Mitglied der bereits gegründeten Wählerinitiative Erfurt sowie von Tassilo Timm, dem Vorsitzenden des MLPD-Landesverbands in Thüringen. Tassilo Timm berichtete, dass bundesweit bereits 25.000 Menschen das Internationalistische Bündnis unterstützen und das Bündnis in allen sechzehn Bundesländern aktiv ist. Die Massenproteste gegen die Rechtsentwicklung der Regierung sind eng mit seiner Arbeit verbunden. Es hat erfolgreich für die Freilassung von sechs der zehn in München angeklagten Revolutionäre ihrer Mitgliedsorganisation ATIK gekämpft, von denen einer – Erhan Aktürk – dieses Mal in Erfurt teilnehmen konnte.
Aus vielen Orten waren jüngere Leute dabei, zum Teil neu organisierte REBELL-Mitglieder, die aktiv zum Erfolg des Bündniskongresses beitrugen.
Unterschriften für Landesliste beisammen
Erfolgreich hat die Vorbereitung des Landtagswahlkampfs begonnen. Wählerinitiativen werden in vielen Städten aufgebaut, hunderte ehrenamtliche Helfer sind schon aktiv, führen tausende Gespräche, gewinnen neue Kontakte und Unterstützer, sammeln Unterschriften für die Wahlzulassung. Mit 1.238 gesammelten Unterschriften sind für die Landesliste bereits genügend zusammengekommen.
Erhan Aktürk bedankte sich bewegt für die große Solidarität und Unterstützung, die er während seiner Haftzeit erfahren hat. Seine Schilderung der monatelangen Isolationshaft erinnerte schon fast an die Zustände in der Türkei selbst.
Überzeugende Argumente ausgetauscht
Gabi Fechtner, Vorsitzende der MLPD, freute sich sehr, dass so viele Leute gekommen sind. Sie machte deutlich, dass die Herrschenden mit der Rechtsentwicklung darauf reagieren, dass der Kapitalismus immer mehr abgewirtschaftet hat und sie die Leute immer weniger von den angeblichen Vorzügen dieses Systems überzeugen können. Kein Wunder, dass ihnen das Internationalistische Bündnis als konsequente linke Alternative mit seiner Offensive ein Dorn im Auge ist.
Zur AfD wurden viele überzeugende Argumente ausgetauscht. Unter anderem zu der Frage, ob Leute, die die AfD wählen, vom Kapitalismus überzeugt sind. Vielmehr tut die AfD ja gerade so, als ob sie ebenfalls gegen das „Establishment“ sei. Und die allermeisten Leute, die auf sie reinfallen, lehnen die Regierungspolitik ab und suchen nach einer Alternative. Natürlich darf man nicht geringschätzen, dass damit auch die Wirkung nationalistischer und rassistischer Vorbehalte einhergeht.
Viele denken über revolutionäre Alternative nach
Bei einer Umfrage unter Studenten in Jena stand der allergrößte Teil dem Kapitalismus kritisch gegenüber, über die Hälfte hatte schon über eine revolutionäre Alternative nachgedacht. Klaus Dimler, bekannter Thüringer Antifaschist, begründete die Bedeutung des Internationalistischen Bündnisses unter anderem mit den Lehren aus dem erfolgreichen Aufstand der Buchenwalder KZ-Häftlinge, an dem auch sein Vater teilgenommen hatte. Er konnte nur gelingen, weil auch damals sich die Gefangenen über weltanschauliche und politische Differenzen hinweg zusammengeschlossen hatten.
Nach einem Kulturbeitrag der Wählerinitiative Erfurt – angelehnt an den Haifisch-Song aus Brechts Dreigroschenoper – folgte als weiterer Höhepunkt die Vorstellung aller bisher aufgestellten 31 Kandidatinnen und Kandidaten.
Tolles Team
Stolz fasste Tassilo Timm zusammen: „Wir haben hier eine wunderbare Zusammensetzung aus Arbeiterinnen und Arbeitern, Jungen und Älteren, aus Migranten, Antifaschisten, Frauen und Männern … es gibt wahrscheinlich keine Liste in Thüringen, die so bunt ist. Unser tolles Team ist den bürgerlichen Politikern, wie sie sich gerade in den Medien präsentieren, tausendmal überlegen.“
Schöpferische Vorschläge
In der Diskussion über die weiteren Aktivitäten zum Aufbau des Bündnisses in Verbindung mit der Landtagswahl kamen zahlreiche schöpferische Vorschläge. Dazu gehörte der verstärkte Angriff auf die Umweltverbrecher von Kali + Salz, die gigantische Mengen von Giftmüll - unter anderem des hochgiftigen Arsen - unter Tage lagern. Ein „Wirtschaftsflüchtling“, der aus Thüringen nach Kassel zog, um dort bei VW zu arbeiten, sprach sich engagiert gegen die Spaltung in Ost und West aus und warb für eine aktive Gewerkschaftsarbeit.
Ein Jugendlicher aus Ilmenau schlug vor, die antimilitaristische Arbeit gegen Werbeaktivitäten der Bundeswehr in Thüringen zu unterstützen. Ein Delegierter aus Jena berichtete, dass ein zuhörender Passant spontan für das Bündnis unterschrieb, als er einer Frau widersprach, dass die Flüchtlinge Schuld an ihrer niedrigen Rente sind. Er fand es wichtig, solchen Vorbehalten zu widersprechen.
Eine Auszubildende zur Schäferin berichtete von den dramatischen Folgen, die die zunehmende Dürre für die Land- und Viehwirtschaft hat, und forderte, im Kampf für die Rettung der Umwelt aktiv zu werden.
Weitere Beschlüsse und Vorschläge
Nach der Wahl einer landesweiten Koordinierungsgruppe mit Vertretern für die Umweltbewegung, die antifaschistische Bewegung, die kurdische Bewegung, den Jugendverband REBELL und die MLPD verabschiedete der Bündniskongress eine Resolution gegen spalterische Aktivitäten und antikommunistische Flaggenverbote für MLPD und Internationalistisches Bündnis.
Weitere Beschlüsse wurden gefasst zur Beteiligung am 19. Internationalen Pfingstjugendtreffen, das am 9./10. Juni 2019 in Truckenthal stattfindet, zu einem großen antifaschistischen Gedenktag am 17. August 2019 anlässlich des 75. Jahrestags der Ermordung von Ernst Thälmann in Buchenwald, zu einer zentralen Auftaktkundgebung zum Landtagswahlkampf am 17. August 2019 in Erfurt, zu regionalen Wahlkampfkundgebungen am 29. September sowie zu vielfältigen Aktivitäten in der heißen Phase des Straßenwahlkampfs ab vier Wochen vor der Wahl.
Beschlossen wurde eine Abschlussresolution „Wir sind alle Thüringer - Aus einem Wind wird ein Orkan – setzen wir die Segel!“, eine Resolution gegen die Kriminalisierung von Stefan Engel und anderen als „Gefährder“ sowie gegen die Gesinnungsjustiz der Generalstaatsanwaltschaft Thüringen, die Ermittlungen dazu abgelehnt hat. Gabi Fechtner erinnerte an die vielen undemokratischen Methoden, die das Internationalistische Bündnis während der letzten Monate ausgehend von antikommunistischen Kräften erfahren hat, und machte deutlich, wie grundlegend sich der demokratische, gleichberechtigte Umgang miteinander auf diesem Bündniskongress davon unterscheidet.
Schwung für den weiteren Aufbau
Klaus Dimler: „Was ich heute erleben konnte – so sieht revolutionärer Kampf aus. Alle wichtigen Themen sind angesprochen worden. Ich kann nur sagen: Jetzt liegt es an uns, das umzusetzen.“
Den Abschluss bildete der Liedermacher „Karl Nümmes“ mit dem Lied „Der Wind kennt keine Grenzen“. Der Bündniskongress hat viele Argumente und Schwung gegeben. Und er wird sicher auch zu einem Aufschwung der Unterschriftensammlung für die Direktkandidaten in den nächsten Wochen beitragen.