9. November 1918
Heute vor 100 Jahren: Ausrufung der sozialistischen Republik
Heute vor 100 Jahren rief in Berlin - mitten im auflodernden revolutionären Kampf von Arbeitern, Soldaten und breiten Massen - Karl Liebknecht vom Spartakusbund die sozialistische Republik in Deutschland aus.
Philipp Scheidemann (SPD) proklamierte am gleichen Tag in Berlin die bürgerliche Republik. Doch die revolutionären Arbeiter und Soldaten wollten die Diktatur des Proletariats nach dem Vorbild der russischen Oktoberrevolution. Damit standen sich in der Novemberrevolution zwei Richtungen in einem Kampf auf Leben und Tod gegenüber.
„Der Zermürbungskrieg 1914 bis 1918 hatte die Kraft des deutschen Volkes vollständig erschöpft und den durch die bürgerliche Propaganda erzeugten Durchhaltewillen gebrochen. 800.000 Frauen und Kinder waren der Hungerblockade zum Opfer gefallen. Die Massen .. verlangten den Frieden.“ (Willi Dickhut, "100 Jahre Novemberrevolution", S. 5)
Wachsende Wellen politischer Streiks erschütterten noch während des Weltkriegs das Kaiserreich. Die Oktoberrevolution in Russland von 1917 hatte große Ausstrahlungskraft. Die Bolschewiki unter Führung Lenins hatten den Weg zur Beendigung des imperialistischen Kriegs, zur Überwindung des Kapitalismus und zur Befreiung der Frau gewiesen. Sie hatten die erste sozialistische Gesellschaft in der Geschichte der Menschheit errichtet. Viele Arbeiterinnen und Arbeiter sympathisierten damit.
In Kürze
- Die Novemberrevolution beendete den I. Weltkrieg und begrub das Kaiserreich unter sich
- Die revolutionären Kräfte waren aufgrund des Fehlens einer verankerten Partei noch zu schwach
- Wichtigste Schlussfolgerung: Stärkung der MLPD als revolutionärer Partei neuen Typs
Führend an den Arbeiterkämpfen beteiligt war der Spartakusbund mit Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg an der Spitze. Er hatte sich in Kritik an der Bewilligung der Kriegskredite durch die SPD-Reichtagsfraktion 1914 gegründet. Nach dem Matrosenaufstand, der am 3. November 1918 in Wilhelmshaven und Kiel begann, griff die revolutionäre Initiative bis zum 5. November auf Hamburg, am 7. November auf München und am 8. November auf Leipzig und Berlin über.
"Durchbruch der parlamentarischen Demokratie"?
Die Novemberrevolution beendete den 1. Weltkrieg und begrub das deutsche Kaiserreich unter sich. Sie erkämpfte den Acht-Stunden-Tag, eine Verringerung der Lohnunterschiede, das Wahlrecht für Frauen und viele weitere demokratische Rechte. Aber es gelang nicht, unter der Losung „Alle Macht den Arbeiter- und Soldatenräten“ eine sozialistische Republik zu erkämpfen.
Der Spartakusbund war eine kleine, eher lose organisierte, nicht homogene Gruppe. Es fehlte die Führung einer starken und erfahrenen revolutionären Partei.
Dass die sozialistische Revolution scheiterte und stattdessen eine bürgerlich-demokratische Staatsform installiert wurde, ist für Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) der eigentliche Grund zum Feiern. In seiner Gedenkrede zum "Schicksalstag der Deutschen" verfälschte er die Novemberrevolution zum "Durchbruch der parlamentarischen Demokratie" als "historische Errungenschaft".
Die parlamentarische Demokratie war und ist bis zum heutigen Tag aber nur eine andere Form der Herrschaft des Monopolkapitals, das seine Macht damit aus dem Kaiserreich in die Weimarer Republik retten konnte. Diese entstand aus der Konterrevolution, die die sozialistischen Ziele und Kräfte der Revolution blutig unterdrückte. Die erfolgreich erkämpften bürgerlich-demokratischen Rechte und Freiheiten waren auch ein Zugeständnis der Herrschenden, um die bürgerliche Demokratie unter Teilen der Massen zu verankern.
SPD-Führer betrieben Konterrevolution
Die von Steinmeier so gelobten Führer der SPD um Friedrich Ebert, Gustav Noske und Philipp Scheidemann versuchten gegen Ende des Krieges mit allen Mitteln, eine Revolutionierung der Massen zu verhindern. Sie hatten 1914 mit dem deutschen Imperialismus einen Burgfrieden geschlossen, stimmten für die Bewilligung der Kriegskredite und machten damit aus der bis dahin revolutionären SPD eine bürgerliche Arbeiterpartei.
Zunächst versuchten sie, sich an die Spitze der revolutionären Bewegung zu setzen, um sie auf die Wahl einer Nationalversammlung und damit auf parlamentarische Bahnen zu orientieren. Nachdem die revolutionären Kräfte sich darauf nicht einließen, kam es zum Bürgerkrieg, in dem die nach dem 9. November gebildete Ebert/Scheidemann-Regierung die Revolution schließlich mit militärischer Gewalt erstickte.
Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg wurden am 16. Januar 1919 von den Soldaten Gustav Noskes hinterrücks ermordet. Es war das traurige „Verdienst“ der SPD-Führung, den Kapitalismus zu retten, der schließlich den Hitler-Faschismus sowie einen weiteren Weltkrieg hervorbrachte. Heute führt dieses System weltweit zu einer neuen Tendenz der imperialistischen Kriegsvorbereitung, einer Rechtsentwicklung der meisten Regierungen, zu verschärfter Ausbeutung und Unterdrückung der Arbeiter und breiten Massen, sowie zu einem die Existenz der ganzen Menschheit bedrohenden beschleunigten Übergang in eine globale Umweltkatastrophe.
Die wichtigste Lehre
Steinmeier ging es mit seiner Gedenkrede vor allem auch darum, von den wirklichen Lehren der Novemberrevolution abzulenken. Denn entscheidend ist, dass der Kampf gegen diese Entwicklung Perspektive bekommt. Statt sich mit allen möglichen "kleineren Übeln" abzufinden, muss er dem Kapitalismus an die Wurzel gehen. Dafür reicht eine spontane revolutionäre Gärung nicht aus, sondern dazu braucht es eine revolutionäre Partei.
In Deutschland wird seit 50 Jahren die MLPD als revolutionäre Partei neuen Typs erfolgreich aufgebaut. Sie hat sich in diesen Jahrzehnten und auch in den Massenkämpfen der letzten Wochen und Monate als konsequente und eine demokratische Streitkultur praktizierende Kraft sowie als verlässlicher Bündnispartner erwiesen.
Sie und ihr Jugendverband REBELL müssen entschieden gestärkt werden, damit eine sozialistische Gesellschaft erkämpft werden kann, in der der Mensch und nicht der Profit im Mittelpunkt steht.