Berlin / Brandenburg

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Die neuen Polizeigesetze und die Rolle der Linkspartei

Bundesweit entwickelt sich der Widerstand gegen die neuen ultrareaktionären Polizeigesetze.

Von di
Die neuen Polizeigesetze und die Rolle der Linkspartei

Der Kern der neuen Polizeigesetze ist die Einführung schwammiger Rechtsbegriffe von der „drohenden Gefahr“ und „Gefährder“. Mit der Begründung der Terrorabwehr sollen faschistoide Methoden wie die Vorbeugehaft und die Aufhebung der Trennung von Polizei und Geheimdiensten eingeführt werden. Diese an dunkelste Zeiten der deutschen Geschichte erinnernde Vorhaben, richten sich weniger gegen islamistische Terroristen, sondern insbesondere gegen fortschrittliche und revolutionäre Kräfte, welche den Kapitalismus infrage stellen und für grundlegende gesellschaftliche Veränderungen eintreten.

 

Das zeigt sich aktuell unter anderem daran, dass im Zusammenhang mit dem Rebellischen Musikfestival an Pfingsten in Thüringen, Stefan Engel, der langjährige Parteivorsitzende der MLPD und mehrere mutmaßliche Parteimitglieder, von der Landespolizeiinspektion Saalfeld (Thüringen) willkürlich zu „Gefährdern“ erklärt und kriminalisiert wurden.

 

Während die SPD und die Linkspartei auf Bundesebene angekündigt haben, gegen das in Bayern beschlossene Landesgesetz zu klagen, ist in Brandenburg vom SPD-Innensenator Karl-Heinz Schröter und der Landesregierung, eine im Kern ganz ähnliche Kabinettsvorlage beschlossen worden. Diese wird jetzt in den Landtag eingebracht. Dagegen hat sich auch in Brandenburg ein breites Bündnis gebildet. (siehe Rote Fahne News)

 

Besondere Empörung ruft bei vielen Menschen hervor, dass dieser Regierungsvorlage auch Minister der Linkspartei zugestimmt haben. Konkret Christian Görke, Finanzminister und stellvertretender Ministerpräsident, Justizminister Stefan Ludwig und Susanna Karawanskij, seit September die neue Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie.

Verschleierungsmanöver

Die der Linkspartei nahestehende Zeitung Neues Deutschland verteidigt die Zustimmung der Partei und ihrer Minister zu der reaktionären Regierungsvorlage zum neuen Polizeigesetz am 31. Oktober in einem Artikel unter der Überschrift „Rot-Rot wappnet sich gegen Terror.“

 

Das unterscheidet sich nicht von entsprechenden Begründungen, zum Beispiel in der Berliner Zeitung. Schon Anfang September berichteten die Märkische Allgemeine Zeitung, aufgrund der ihr vorliegenden Gesetzesvorlage, und der Fernsehsender RBB, dass sich beide Parteien im wesentlichen über die Kabinettsvorlage einig sind.

Reaktionärer Kern bleibt

Entgegen der ursprünglichen Vorlage des SPD-Innensenators wurde die Möglichkeit der Online-Durchsuchung und die elektronischen Fußfesseln für „Gefährder“ gestrichen. Am reaktionären Kern des neuen Polizeigesetzes ändert dies jedoch nichts. So können weiterhin bei "terroristischer Gefahr" Verdächtige bis zu vier Wochen in Haft genommen werden. Für sogenannte "Gefährder", also Menschen, die von der Polizei als solche eingestuft werden, können Aufenthalts- und Kontaktverbote ausgesprochen werden. Ihre Telefonate und ihre Messengerdienste können überwacht werden.

 

Hatte das damalige Dementi also nur den Zweck, die jetzt dem Landtag vorgelegte Regierungsvorlage in der Öffentlichkeit als „Kompromiss“ zu verkaufen?

 

So schreibt das Bündnis gegen das Brandenburger Polizeigesetz in einer Pressemitteilung: „Kurz vor der Demonstration haben sich die ersten Kreisverbände der Partei DIE LINKE dem Protest gegen das neue Polizeigesetz angeschlossen. So zählen sich DIE LINKE Kreisverbände Oberhavel, Oder-Spree, Frankfurt (Oder) und Potsdam zu den offiziellen Unterstützern. Die LINKE-Jugendorganisation linksjugend ['solid] Brandenburg ist  Gründungsmitglied des Bündnisses gegen die Polizeigesetzesverschärfungen.“ (Hier geht es zur Pressemitteilung)

Konsequenz der "Realpolitik"?

Ist das ganze nur ein Ausrutscher eines rechten Flügels in der Linkspartei wie manche meinen, oder kommt darin nicht das konkrete Wesen der Linkspartei als eine linksreformistische staatstragende Partei zum Ausdruck, wenn sie aus der Opposition in Regierungsverantwortung wechselt? Ist das nicht die logische Konsequenz einer sogenannten Realpolitik, die sich angeblichen parlamentarischen Sachzwängen unterordnet?

 

Ist es vorstellbar, dass Minister dieser Partei auf Landesebene einem solchen Gesetz gegen den Willen des Parteivorstandes zustimmen können? Disziplinarmaßnahmen gegen diese sind jedenfalls nicht bekannt und auch nicht vorgesehen. Eine öffentliche Kritik des Parteivorstandes ist bisher auch nicht bekannt. Sie hätte auch keine praktischen Konsequenzen.

 

Auch das zeigt: Gegen die neuen Polizeigesetze, als ein Kernpunkt der Rechtsentwicklung der Bundes- und Landesregierungen sowie der bürgerlichen Parteien, ist die Weiterentwicklung des sich bundesweit formierenden Massenwiderstandes notwendig. Dies erfordert auch, Illusionen in die Linkspartei zu überwinden.