Kampf gegen die Rechtsentwicklung

Kampf gegen die Rechtsentwicklung

Maaßen ist weg - Seehofer muss folgen - Zeit für Neuwahlen!

Seit gestern ist klar: Ex-"Verfassungsschutz"-Präsident Hans-Georg Maaßen ist auch als designierter Berater von Innenminister Horst Seehofer (CSU) nicht mehr zu halten. Seehofer versetzte ihn in den "einstweiligen Ruhestand".

Von pib
Maaßen ist weg - Seehofer muss folgen - Zeit für Neuwahlen!
Auch bei der großen Demonstration gegen das NRW-Polizeigesetz am 7. Juli in Düsseldorf standen die "Gefährder" Seehofer und Maaßen mit im Visier der Proteste. Hier Mitglieder des Frauenverbands Courage auf der Demo (Foto: RF)

Anlass war eine Abschiedsrede Maaßens am 18. Oktober vor dem sogenannten „Berner Club“ - einem unter größter Geheimhaltung tagenden regelmäßigen Treffen der Chefs europäischer Inlandsgeheimdienste.

Fahndungsfoto von IS-Terrorist Anis Amri auf Polizeiwache - Maaßen hat bis zuletzt vertuscht, dass V-Leute des
Fahndungsfoto von IS-Terrorist Anis Amri auf Polizeiwache - Maaßen hat bis zuletzt vertuscht, dass V-Leute des "Verfassungsschutzes" an seiner lückenlosen Überwachung beteiligt waren und dadurch seinen blutigen Anschlag ermöglichten (Foto: Karl-Ludwig Poggemann)

In Kürze:

  • Ex-"Verfassungsschutz"-Chef verteidigt sich in AfD-Manier
  • Versetzung in "einstweiligen Ruhestand" Zugeständnis an Proteste gegen Rechtsentwicklung der Regierung
  • Nach Maaßen ist jetzt Seehofer fällig - höchste Zeit für Neuwahlen

 

 

Dort bedauerte er nicht nur, dass sein Abschied aus diesem Club „nicht geplant und etwas überraschend“ gekommen sei. Er rechtfertigte sein gesamtes ultrareaktionäres und zunehmend faschistoides Handeln und attackierte stattdessen die in seinen Augen „idealistische, naive und linke Ausländer- und Sicherheitspolitik“ der Bundesregierung. In der SPD machte er gar „linksradikale Kräfte“ aus, die seinen Sturz betrieben hätten.

Maaßen auf AfD-Linie

Außerdem seien daran die Medien Schuld - mit einer "neuen Qualität von Falschberichterstattung in Deutschland". So rechtfertigte er seine unsägliche Verharmlosung bzw. Leugnung des faschistischen Terrors in Chemnitz damit, "dass ... Politiker und Medien ... 'Hetzjagden' frei erfinden oder zumindest ungeprüft diese Falschinformation verbreiten“.


Damit übernimmt Maaßen ein weiteres Mal das Propagandamuster der AfD – nachdem er sich bereits als Berater der AfD zur Vermeidung einer "Beobachtung" durch den "Verfassungsschutz" betätigte. Kein Wunder, dass der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen ihm gestern bereits die Mitgliedschaft und sogar eine Beschäftigung bei seiner Partei andiente.

Kalte Arroganz

In der Frankfurter Rundschau von heute wird der Fall des jahrelang unschuldig im US-Gefangenenlager Guantanamo inhaftierten Murat Kurnaz als Beispiel dafür aufgeführt, "wes Geistes Kind Hans-Georg Maaßen ist ... und zu welch kalter Arroganz er bei Gelegenheit neigt":

 

"Maaßen war damals Beamter im Bundesinnenministerium und schrieb ein Rechtsgutachten, in dem stand, man müsse Kurnaz nicht mehr in die Bundesrepublik einreisen lassen, schließlich habe er sich 'länger als sechs Monate im Ausland' aufgehalten. Dabei hatte sich Kurnaz ja im Ausland aufhalten müssen – im US-Gefangenenlager Guantánamo nämlich. Maaßen wendete auch noch seine Inhaftierung gegen ihn. Zynischer geht es kaum."

Folge des Massenprotests gegen Rechtsentwicklung der Regierung

Genau das machte Maaßen auch für Seehofer so wertvoll. Bei seiner Entscheidung gegen Maaßen schob er jetzt "menschliche Enttäuschung" vor. Dass alle seine Pläne, ihn in irgendeiner Form im Staatsapparat zu halten, gescheitert sind, ist jedoch in erster Linie Folge des wachsenden Massenprotests gegen die Rechtsentwicklung der Regierung. Anders als mit wachsenden Widersprüchen bis in höchste Kreise kann man kaum erklären, dass eine geheimzuhaltende Rede, die in einem ebenso geheimen Gremien gehalten wurde, an die Öffentlichkeit gelangt.

 

Der Fall Maaßen ist keineswegs der Fall eines "durchgetickten Spitzenbeamten" oder eines "Radikalen im öffentlichen Dienst", wie jetzt teilweise in den Medien zu hören ist. Er steht vielmehr ganz in der antikommunistischen Tradition der Geheimdienste in Deutschland.


Der "Verfassungsschutz" hat mit oder ohne Maaßen schon gezeigt, dass er nichts damit zu tun hat, demokratische Rechte zu schützen, sondern nur dazu da ist, alle Bestrebungen von Menschen, die sich für eine befreite Gesellschaft aktiv einsetzen, zu unterdrücken. Dazu ist ihm jedes Mittel recht. So veröffentlicht er in den berüchtigten "Verfassungsschutzberichten" bewusst Falschaussagen über die MLPD und andere linke Organisationen, so dass er sogar von Gerichten dafür belangt wurde. Selbst der bürgerliche Rechtswissenschaftler Dietrich Murswiek stellte über die "Verfassungsschutzberichte" fest: „Diese Praxis ist rechtswidrig.“1

Krise des "Verfassungsschutzes" vertieft sich

Mit den Enthüllungen um die Verstrickung von Teilen des "Verfassungsschutzes" in den NSU-Terror brach aber auch eine tiefe Krise des "Verfassungsschutzes" auf, die sich mit der Entlassung Maaßens weiter vertieft. Dieser trat zunächst selbst scheinheilig als "Reformer" an, versprach Aufklärung und Umstrukturierung seiner Behörde.

 

Dieser Betrug ist vollständig gescheitert. Während damals noch Grünen-Politiker wie Hans-Christian Ströbele und Jürgen Trittin die Auflösung dieses Geheimdienstes forderten, sieht Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz in dem möglichen neuen "Verfassungsschutz"-Chef Thomas Haldenwang nur Positives: „Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.“2 Was soll von Haldenwang als bisherigem Stellvertreter Maaßens aber anderes als die Fortsetzung der strikt antikommunistischen Ausrichtung zu erwarten sein?

Steilvorlage für Seehofer

Der zutiefst reaktionäre Charakter der Geheimdienste als einem zentralen Pfeiler der staatlichen Unterdrückungsinstrumente lässt sich genauso wenig "reformieren" wie die Diktatur des allein herrschenden Finanzkapitals insgesamt.

 

Innenminister Seehofer bezeichnete Maaßen mehrmals als "unentbehrlich". Wenn dem so ist, dann wird es - nachdem ihm sein treuer Verbündeter abhanden kommt - höchste Zeit, dass auch Seehofer zurücktritt und mit ihm die ganze Regierung den Weg für Neuwahlen freimacht.