Abgasbetrug
Heiße Diskussion um Gerichtsurteile über Fahrverbote
Am 16. November 2018 urteilte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen auf Antrag der Deutschen Umwelthilfe: Die Städte Essen und Gelsenkirchen müssen eine „Blaue Umweltzone“ einrichten, für die flächendeckende Diesel-Fahrverbote gelten sollen.
Diese Zone umfasst 18 Stadtteile und die Abschnitte der Autobahn A40, die durch das Essener Stadtgebiet führen. Die Fahrverbote gelten laut Urteil ab dem 1. Juli 2019 für alle Diesel-Fahrzeuge bis einschließlich Euro IV und alte Benziner der Euro-Norm I und II sowie ab dem 1. September 2019 auch für Euro V-Dieselfahrzeuge. Hinzu kommen Gebiete in Gelsenkirchen, die ab dem 1. Juli nur noch von Diesel-Fahrzeugen mit Stufe VI befahren werden dürfen.
In der Woche zuvor hatte das Kölner Verwaltungsgericht entschieden, dass auch in Köln und Bonn Fahrverbote erlassen werden müssen. In Köln für die gesamte grüne Umweltzone, in Bonn für zwei besonders belastete Straßen. Ab April 2019 für Dieselfahrzeuge mit Euro-IV- oder älteren Motoren sowie für Benziner der Klassen Euro I und II, ab September 2019 auch für Dieselautos der Klasse V.
In Kürze
- Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat gestern die Ausweitung der Umweltzonen beschlossen
- Damit drohen Fahrverbote für weite Teile des Ruhrgebiets
- MLPD: Die verantwortlichen Automonopole sollen die Kosten für die Umrüstung auf SCR-Katalysatoren bezahlen
Die Auswirkungen großflächiger Fahrverbote wie in Essen und Köln wären erheblich. Allein auf der A40 fahren täglich 130.000 Fahrzeuge. Die Handwerkskammer Essen geht von 25.000 betroffenen Unternehmen im westlichen Ruhrgebiet aus. Die als modern geltende Busflotte der Ruhrbahn müsste 103 ihrer 257 Diesel-Busse stilllegen. Betroffen wäre davon auch der Fernverkehr und somit die "Just-in-Time"-Lieferkette internationaler Monopole.
Tassen gehen hoch
Überall gehen nach den Urteilen die Tassen hoch. Es lenkt dabei allerdings vom eigenen Versagen vollständig ab, wenn jetzt von bürgerlichen Politikern und Massenmedien teilweise Stimmung gegen die verantwortlichen Richter und die klagende Deutsche Umwelthilfe gemacht wird. O-Ton Bild-Zeitung Ruhr: "Diesel-Hammer im Pott - Richter machen unsere A40 dicht". Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) jammert über die "Unverhältnismäßigkeit" der Urteile, die die "Mobilität von Hunderttausenden Bürgerinnen und Bürgern" gefährden würden.
Wie wenig sich Scheuer für die "Mobilität der Bürger" interessiert, belegt sein vehementer Einsatz für alles, mit dem Autokonzerne die Folgen des Abgasbetrugs auf die Diesel-Fahrerinnen und -Fahrer und die Masse der Bevölkerung abwälzen können - von der Beschränkung auf Software-Updates bis zu den Vorschlägen, nach denen die Verbraucher einen großen Teil der Kosten für Neuwagen selbst bezahlen sollen.
Es ist absurd, ausgerechnet die Deutsche Umwelthilfe für die Folgen der Fahrverbots-Urteile verantwortlich zu machen. Die betrügerischen Auto-Manager und verantwortlichen Politikern sind selbst schuld an der sich vertiefenden Krise aller Autokonzerne.
Wirksame Maßnahmen nötig
Aber die Urteile sind zweischneidig. Gabi Fechtner, Vorsitzende der MLPD, äußerte sich in der Vergangenheit wie folgt zu Fahrverboten für Diesel: „Jetzt sind wirklich wirksame Maßnahmen zur Luftreinhaltung auf Kosten der Automonopole notwendig. Ich sehe es sehr kritisch, wenn in der öffentlichen Debatte einseitig die Frage von Fahrverboten in den Mittelpunkt gerückt wird. Natürlich kann man Fahrverbote als Notmaßnahme nicht generell ablehnen."
Fahrverbote müssen mit dem Kampf um einen kostenlosen und gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehrs einhergehen. Außerdem müssen dann Entschädigungszahlungen für betroffene Fahrzeughalter durch die Automobilmonopole gezahlt werden. Sonst wälzen auch Fahrverbote die Folgen auf die Massen ab.
Die wichtigste Sofort-Maßnahme sind nicht Fahrverbote, sondern die Nachrüstung älterer Dieselfahrzeuge mit SCR-Katalysatoren auf Kosten der Autokonzerne. Aber auch diese lösen nicht die Wurzel des Problems, dass es zur Gesetzmäßigkeit der Profitwirtschaft geworden ist, die Umwelt zu zerstören.
MLPD und ICOR führen den Umweltkampf in Deutschland und international
Zur Rettung der Umwelt und der Existenz der Menschheit ist ein gesellschaftsverändernder Kampf notwendig. Diese Erkenntnis muss in der Umweltbewegung weiter Verbreitung finden. Dafür leistet die MLPD Überzeugungsarbeit. Gemeinsam mit der ICOR bereitet sie aktuell Aktivitäten zum weltweiten Umweltkampftag am 8. Dezember vor.
Weitere Fakten und Antworten gibt das Buch "Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Menschen und Natur? von Stefan Engel. Es kann hier bestellt werden!
Wachsende Empörung über die Diesel-Betrüger ist Bestandteil des fortschrittlichen Stimmungsumschwungs unter den Massen
Die wachsende Empörung über die Diesel-Betrüger, aber auch das wachsende Bewusstsein über die enge Verflechtung von Monopolen und Regierung ist ein Bestandteil des sich gegen die Rechtsentwicklung der Regierung formierenden fortschrittlichen Stimmungsumschwungs unter den Massen.
Diese Entwicklung ist auch das Ergebnis der systematischen Aufklärungsarbeit und des Zusammenschlusses von Automobilarbeitern, Betroffenen in den Kommunen und der Masse der Pkw-Fahrerinnen und -Fahrer durch die MLPD und das Internationalistische Bündnis - seit Beginn der VW-Krise 2015, die sich längst zu einer Krise der gesamten Autoindustrie ausgedehnt hat.