Gelsenkirchen
Bedeutender Erfolg für das Recht auf internationale Solidarität
Einen großen Erfolg konnte heute Monika Gärtner-Engel, Moderatorin der Gelsenkirchener Montagsdemonstration, aber auch die Solidarität mit dem kurdischen Kampf für Freiheit und Demokratie vor dem Gelsenkirchener Amtsgericht verbuchen.
Monika Gärtner-Engel hatte gegen einen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Essen gegen sie geklagt. Am 20. März hatten Polizisten ihr das Tragen einer Fahne der kurdischen Volksbefreiungseinheiten (YPG) aus der Demokratischen Föderation Nordsyrien/Rojava auf dem internationalen Solidaritätstag der ICOR und des ILPS¹ mit dem vom türkischen Erdoğan-Regime überfallenen Kanton Efrîn untersagt. Später wurde ihr die Fahne aus der Hand gerissen (siehe Rote Fahne News). Es folgte eine Anzeige gegen Monika Gärtner-Engel und der entsprechende Strafbefehl über 200 Euro, ersatzweise 20 Tage Haft.
In Kürze
- Das Vorgehen gegen Monika Gärtner-Engel galt der Kriminalisierung des kurdischen Freiheitskampfes und der Solidarität mit ihm
- Das Gericht sprach Monika Gärtner-Engel frei und erklärte, dass die YPG-Fahne nicht rechtswidrig sei
- Es ist wichtig, für das Recht auf internationale Solidarität und das Recht auf Solidarität mit dem internationalen Freiheitskampf zu kämpfen
Der heutige Prozess, den Monika Gärtner-Engel angestrebt hatte, war von Beginn an ein Zeichen der breiten Solidarität mit ihr. 80 Mitstreiterinnen und Mitstreiter aus der Montagsdemonstrationsbewegung, der kurdischen Bewegung, vom Frauenverband Courage, Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, vom Jugendverband REBELL, von der MLPD aber auch viele unorganisierte Einzelpersonen waren vor Ort. Und sie erlebten einen glatten Freispruch für Monika Gärtner-Engel.
Breite Solidarität mit Monika Gärtner-Engel
Diese Solidarität sollte zuerst eingedämmt werden: So fasste der Saal, in dem die Verhandlung stattfinden sollte, nur sage und schreibe zwölf Personen. Aufgrund eines Fehlers des Gerichts, das den als Zeugen zu ladenden Polizeidirektor Jürgen Fix von der Gelsenkirchener Polizei, der für den Übergriff auf Monika Gärtner-Engel verantwortlich war, vergessen hatte vorzuladen, wurde der Prozess nach hinten verschoben. So stand schließlich doch ein Saal zur Verfügung, in dem immerhin 50 Personen Platz fanden. (...)
Contra Kriminalisierung der kurdischen Freiheitskämpferinnen und Freiheitskämpfer
Monika Gärtner-Engel stellte in ihrer Stellungnahme klar: Weder YPG und YPJ noch die politische Partei in der Demokratischen Föderation Nordsyrien/Rojava, die Partei der demokratischen Union (PYD), sind in Deutschland verboten. Sie legte öffentlich den politischen Charakter des Handelns der Polizei und des Strafbefehls gegen sie dar: Dieser zielt auf die Kriminalisierung dieser Freiheitskämpferinnen und Freiheitskämpfer ab. YPG, YPJ und PYD waren die einzigen, die sich den Mörderbanden des sogenannten Islamischen Staats wirksam entgegenstellten. Das taten sie effektiv und mutig, so dass sie sogar von der US-amerikanischen Regierung Luftunterstützung bekamen. Monika Gärtner-Engel brachte auch die 8.000 Opfer, die dieses erfolgreiche Vorgehen von YPG und YPJ bei diesen gekostet haben, zurück in die Erinnerung und dass diese Menschen mitgeholfen haben, Demokratie und Freiheit in Rojava zu erkämpfen. Sie betonte den völkerrechtswidrigen Charakter des Einmarsches des faschistischen türkischen Erdoğan-Regimes in Efrîn, gegen den am 20. März berechtigt demonstriert worden war.
Ihre Arbeit als Moderatorin an diesem Tag beschrieb sie als von zwei Grundlinien geprägt: „Nicht provozieren, aber auch nicht provozieren lassen!“ Während sie durch ihre besonnene Moderation damals ersteres durchsetzte, war es die eingesetzte Polizei unter Federführung von Polizeidirektor Fix, die letzteres aktiv betrieb: Die Beamten bedrängten Monika Gärtner-Engel mehrmals massiv, störten ihre Moderation und wurden bei der Beschlagnahmung der Fahne sogar noch handgreiflich. Dass es in der aufgeheizten Situation mit vielen trauernden und zum Teil schockierten Menschen nicht wirklich zu einer Eskalation kam, war Monika Gärtner-Engel und der Besonnenheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zuzuschreiben, die trotz der Störungen der Polizei die Ruhe bewahrten. Sie betonte nochmals, dass alles im abgesprochenen Rahmen stattgefunden hatte und dass sie weder mit dem Vorgehen der Polizei, insbesondere Herrn Fix‘ Verhalten, noch mit dem Strafbefehl einverstanden ist.
Polizeidirekter Fix bagatellisierte sein Vorgehen
Der als Zeuge geladene Polizeidirektor Fix, redete sich auf einen Anruf bei der Staatsanwaltschaft in Essen heraus, bei dem ihm erklärt worden sei, dass der „Anfangsverdacht eines Verstoßes gegen das Vereinsgesetz“ bestanden hätte. Aus diesem Grund sei die Fahne beschlagnahmt worden. Außerdem machte er sich in unmöglicher Manier über Monika Gärtner-Engel lustig, bezeichnete ihre Außendarstellung auf der Demonstration als "comichaft" und "Comedy". Er zeigte sich als völlig unwissend über die Symbole und die Farben der kurdischen Befreiungsbewegung und bagatellisierte das Spiel mit dem Feuer, das er seinerzeit betrieben hatte. Trotz dieser Unwissenheit ordnete er vor Ort derart weitreichende Maßnahmen an. Dazu Rechtsanwalt Frank Jasenski, Verteidiger von Monika Gärtner-Engel : "Polizeidirektor Fix wollte das martialische Auftreten der Polizei herunterspielen. Aber bei dem provokativen Vorgehen von Staatsanwaltschaft und Polizei ging es um den vergeblichen Versuch der Kriminalisierung und die Unterdrückung der internationalen Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf – ohne Rücksicht auf die angespannte Stimmung, auf die Rechtslage, Absprachen und demokratische Gepflogenheiten. Dieses Urteil wird hoffentlich dazu beitragen, dass so ein Verhalten nicht Schule macht. Offen ist jetzt noch die Anzeige der bisherigen Angeklagten gegen Polizeidirektor Fix wegen Störung einer angemeldeten Versammlung."
Monika Gärtner-Engels Anwälte Frank Jasenski und Peter Weispfenning, bezeichneten in der Folge das Vorgehen der eingesetzten Beamten als das, was es war: „rechtswidrig“. Ein martialischer Einsatz, der in dieser Form nicht nötig gewesen wäre, auf die Anwesenden einschüchternd und provozierend wirkte. Genauso waren die Gründe für den späteren Strafbefehl an den Haaren herbeigezogen, wie sich ja jetzt zeigte.
Freispruch für Monika Gärtner-Engel
Schon zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich ab, dass die Vorwürfe gegen Monika Gärtner-Engel nicht würden standhalten können. Entsprechend forderte selbst die anwesende Staatsanwältin später einen Freispruch, da keine strafbare Handlung zu erkennen sei. Dem schloss sich das Gericht in der Folge auch an. Es erklärte, dass die YPG-Fahne nicht rechtswidrig sei. Dazu das Zentralkomitee der MLPD in einer aktuell erschienenen Pressemitteilung: "Richterin Büscher erklärte in der Urteilsbegründung: Der Freispruch erfolgt aus 'tatsächlichen Erwägungen'. Die Fahne der syrisch-kurdischen YPG ist in Deutschland 'nicht verboten' ... Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse."
Unter dem Applaus der Anwesenden zeigte sich Monika Gärtner-Engel sehr erfreut und erklärte, dass es sich lohnt, für demokratische Rechte und Freiheiten und für das Recht auf internationale Solidarität zu kämpfen. Die Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf wird auch in Zukunft wichtig, denn das Erdoğan-Regime geht auch weiter gegen Kantone der Demokratischen Föderation Nordsyrien/Rojava vor.
Es lohnt sich für demokratische Rechte und Freiheiten und für das Recht auf internationale Solidarität zu kämpfen
Es war ein toller Erfolg, sowohl für Monika Gärtner-Engel als auch für den kurdischen Freiheitskampf. Der Prozess zeigt, dass der Kriminalisierung von Revolutionärinnen und Revolutionären, der internationalen Solidarität ein klares Contra gegeben werden kann.
Sehr erfreut zeigte sich auch Derssim von der PYD, der als Zuschauer beim Prozess war: "Wir sind heute stellvertretend für alle Kurdinnen und Kurden hier bei Monika gewesen, um sie zu unterstützen, und wir kämpfen für alle Kurdinnen und Kurden gemeinsam mit ihr“, so sein Fazit dieses wunderbaren Tages.