Frankreich
Erfolge der "Gelben Westen" - Ermutigung für Kampf gegen Rechtsentwicklung der Regierungen
Die Bewegung der „Gelben Westen“ in Frankreich - so genannt wegen ihren gelben Warnwesten als Erkennungszeichen - hat einen bedeutenden Erfolg erreicht. Der folgende Bericht stützt sich auf eine Korrespondentin aus Frankreich.
Ihren Ausgangspunkt hatte die Massenbewegung im Protest gegen Steuererhöhungen für Benzin und Diesel. Inzwischen wird die ganze Politik und Rechtsentwicklung der Regierung von Emmanuel Macron angegriffen.
Das von ihm anfänglich aufgebaute Image als parteiübergreifender Hoffnungsträger und Anti-Establishment-Kandidat hat er mittlerweile selbst weitgehend diskreditiert. Nach seinem Amtsantritt 2017 senkte er als erstes die Steuern auf Vermögen und Kapitalerträge. Die Steuern für Rentner wurden dagegen erhöht.
In Kürze
- Aus anfänglichen Protesten gegen die Erhöhung des Spritpreises hat sich eine breite Bewegung gegen die Politik der Macron-Regierung entwickelt
- Die marxistisch-leninistische UPML und viele andere fortschrittliche Kräfte unterstützen ihre Forderungen und setzen sich mit noch vorhandenen Illusionen auseinander
Kein Wunder, dass inzwischen laut Umfragen 71 Prozent der Bevölkerung hinter den "Gelben Westen" stehen: Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Angestellte, Frauen, Kleinunternehmerinnen und Kleinunternehmer, Schülerinnen, Schüler, Lehrerinnen und Lehrer usw. Ihr Bindeglied ist die anschwellende Unzufriedenheit, die sich nun schlagartig entlädt.
Ökologische Tarnung zieht nicht
Ihr Protest wendet sich gegen die Arroganz der Regierung, gegen ihre diktatorischen Maßnahmen auf Kosten der Arbeiter und breiten Massen. Sie organisiert und verbreitet sich vor allem über soziale Netzwerke. Die Forderung nach dem Rücktritt von Macron fasst die ganze Wut der Menschen auf die unsoziale Politik der Regierung zusammen (siehe Rote Fahne News).
Der Versuch, die Preiserhöhungen mit Klimaschutzzielen zu rechtfertigen, kommt bei breiten Teilen der Massen nicht an. Sie sehen sehr wohl, dass die großen Konzerne für die katastrophale Umweltpolitik verantwortlich sind, während die Kleinen zahlen sollen. In Frankreich sind in 120 Städten Demonstrationen und Kundgebungen zum Weltklimatag am 8. Dezember angekündigt. Ihre Absetzung unter dem Vorwand möglicher "Terroranschläge" wird von der Umweltbewegung abgelehnt.
Massenprotest ertrotzt Zugeständnisse
Macrons jetzige Zugeständnisse, die Benzinpreiserhöhung um sechs Monate zu verschieben, sind der verzweifelte Versuch, den Unmut der Massen in den Griff zu bekommen. Zugleich ein ermutigendes Signal auch für andere Länder: Im Kampf gegen die Rechtsentwicklung der Regierungen können die Massen wirksame Erfolge erreichen!
Um die Wogen zu glätten, hat Macron nun auch Verhandlungen mit Vertretern der Bewegung angeboten. Doch diese lehnt bisher Verhandlungen mit der Regierung ab, weil sie erkannt hat, dass die Regierung sie mit kleinen Zugeständnissen beruhigen will. „Jetzt spricht das Volk“ ist ihre Devise. Sie wollen „direkte Demokratie“, lehnen gleichzeitig aber eine festgefügte Organisation und die Wahl landesweiter Sprecher ab.
Dazu die Genossen der marxistisch-leninistischen Union prolétarienne ML (UPML): „Kleine Parteien oder auch die Freunde der ICOR, die Union prolétarienne ML (UPML), sind willkommen, dürfen ihre Flugblätter verteilen, sich aber nicht in die Aktivitäten einmischen.“ Hier ist noch viel Überzeugungsarbeit nötig, um diese Menschen davon zu überzeugen, dass nur organisiert dauerhaft etwas erreicht werden kann.
Gewerkschaftsführungen schweigen
Die Führungen der Gewerkschaften in Frankreich schweigen sich über diese Massenbewegung aus, rufen nicht zu den Protesten auf. Zahlreiche lokale Gewerkschaftsorganisationen, zum Beispiel der staatlichen Eisenbahn (SNCF), der Postler usw. unterstützen die Proteste jedoch.
Nur im konsequenten Kampf können wir unsere Interessen durchsetzen. Dazu brauchen wir Programm und Organisation!
Genossen der Organisation UPML (Freunde der ICOR)
Ausdruck des fortschrittlichen Stimmungsumschwungs
Die Bewegung ist insgesamt Ausdruck des fortschrittlichen Stimmungsumschwungs aufgrund der Krisenhaftigkeit des imperialistischen Weltsystems. Es handelt sich um eine breite Massenbewegung für völlig berechtigte Ziele. Doch auch ultrareaktionäre bzw. faschistische Parteien und Organisationen versuchen, daraus Kapital zu schlagen.
Auch wenn die Mehrheit der Aktivisten zweifellos antifaschistisch eingestellt ist, wird die notwendige Durchsetzung einer klaren antifaschistischen Grundlage teilweise noch unterschätzt. Im Kampf gegen die Macron-Regierung kann es keinerlei Gemeinsamkeit mit faschistischen Organisationen wie dem Rassemblement National (die ehemalige Front National - Anm. d. Red.) geben, deren Programm ebenfalls durch und durch arbeiter- bzw. massenfeindlich ist.
Kriminalisierung kann Ausweitung nicht verhindern
Die ausführliche Berichterstattung über "Krawalle" und Plünderungen - vor allem in der Hauptstadt Paris - zielte auf die Diffamierung und Kriminalisierung der gesamten Bewegung der "Gelben Westen" - das war auch von der Macron-Regierung so gewollt und sollte die Bewegung spalten bzw. bei anderen Bevölkerungsteilen isolieren.
Doch das Gros der Demonstrantinnen und Demonstranten wendet sich gegen Straßenkrawalle, die häufig - siehe G20-Proteste - von anarchistischen massenfeindlichen Provokateuren angezettelt werden und zumindest objektiv im Interesse der Herrschenden sind. Auch von faschistischer Seite werden diese Versuche unternommen. Die unter diesem Vorwand betriebene Stimmungsmache konnte nicht verhindern, dass die Bewegung sich zuletzt auf weitere Kreise der Bevölkerung - insbesondere Schülerinnen und Schüler - ausweitete.
Die landesweiten Proteste bringen zum Ausdruck, dass die Massen nicht mehr in der alten Weise leben wollen. Sie zeigt auch eine wachsende Suche nach einer positiven gesellschaftlichen Perspektive, die allerdings noch weitgehend fehlt.
"Bauen wir eine revolutionäre Partei auf"
Nur eine revolutionäre Partei kann eine solche Perspektive geben. Verschiedene Kräfte - wie unter anderem die UPML - arbeiten am weiteren Aufbau einer solchen Partei in Frankreich - teilweise in enger Zusammenarbeit mit der revolutionären Weltorganisation ICOR. So schreiben die Genossen der UPML:
„Wir unterstützen die fortschrittlichen Forderungen der Gelben Westen. Am Umweltkampftag treten wir für die Einheit von sozialer und Umweltbewegung ein. Wir können diese lebenswichtigen Fragen nicht den Herrschenden überlassen! Nur im konsequenten Kampf können wir unsere Interessen durchsetzen.
Dazu brauchen wir Programm und Organisation! Unser Programm kann nur revolutionär sein, um mit den kapitalistischen Verhältnissen aufzuräumen. Die Pariser Kommune hat uns gezeigt, wie die breiten Massen sich organisieren müssen. Stärkt die ICOR! Stärkt die UPML! Bauen wir unsere revolutionäre Partei auf!“