Theoretisches Seminar der Weltfrauen

Theoretisches Seminar der Weltfrauen

„In aufgewühlten Zeiten einen klaren Blick bekommen“

Am 1. Dezember hat das theoretische Seminar der Weltfrauen in Indien begonnen. Seine Durchführung wurde auf der 2. Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen, die im März 2016 in Nepal stattfand, beschlossen.

Von gw / mast / ffz
„In aufgewühlten Zeiten einen klaren Blick bekommen“
Begeisternde Stimmung in der Veranstaltungshalle (rf-foto)

„In Kathmandu/Nepal hatten die Frauen diskutiert, dass wir so viele praktische Erfahrungen haben. Es ist an der Zeit, diese Erfahrungen zu vertiefen und sich so eine höhere Vereinheitlichung zu erkämpfen“, so eine Teilnehmerin gegenüber Rote Fahne News.

Jede Frau kann mitdiskutieren

Dazu kommen aktuell in Indien Weltfrauen aus Nepal, Afrika, Lateinamerika und Europa zusammen. „Das Seminar ist ein Beitrag der internationalen kämpferischen Frauenbewegung zur theoretischen Auseinandersetzung um Wege und Ziel der Befreiung der Frau. Es ist ein Seminar der Basisfrauen. Es wendet sich an jede interessierte Frau, an Fabrikarbeiterinnen, Bäuerinnen, Hausfrauen, Krankenschwestern, Erzieherinnen usw ...

Delegierte in der Pause (rf-foto)
Delegierte in der Pause (rf-foto)

In Kürze

  • Theoretisches Seminar von 2. Weltfrauenkonferenz 2016 in Kathmandu beschlossen
  • Es dient dem Erfahrungsaustausch und der weiteren Vereinheitlichung der Weltfrauenbewegung
  • Streitbare Beratungen und Perspektivdiskussion

Jede Frau kann hier mitdiskutieren, ihre vielfältigen Erfahrungen einbringen. Die theoretische Verarbeitung der vielfältigen Praxis und Lebenserfahrung wird uns helfen, in diesen aufgewühlten Zeiten einen klaren Blick zu bekommen“, so die Koordinatorinnen der Weltfrauenkonferenzen der Basisfrauen und das Organisationsteam in Indien.

Strategiediskussion für die Befreiung der Frau

Vom ersten Tag des Seminars berichtet eine Teilnehmerin: “In der Begrüßung sagte Marie Paula (Republik Kongo), Afrikakoordinatorin: ‚Durch die Weltfrauenkonferenz und die Weltfrauenbewegung der Basisfrauen haben wir uns immer enger zusammengeschlossen. Aus der gegenseitigen Befruchtung der Erfahrungen ist der Gedanke eines theoretischen Seminars erwachsen ... Die Lage der Frauen der Welt ist nach wie vor unwürdig. Dennoch lassen wir die Arme nicht hängen. Wir müssen eine Strategie besprechen, wie wir von der formalen oder nur beschworenen Gleichstellung zur wirklichen Befreiung der Frau kommen.‘

Da die Klassengesellschaft die Wurzel der besonderen Ausbeutung und Unterdrückung der Frau ist, kann nur ihre revolutionäre Überwindung den Weg der Befreiung freimachen

Sharmista Choudhury

Das 1. Impulsreferat der indischen Gastgeberin Sharmista Choudhury führte sehr überzeugend aus, wie auf der ganzen Welt die Sehnsucht der Frauen - gerade durch ihre besondere Unterdrückung - nach Befreiung wächst. Sie vertiefte das Verständnis über die Ursachen der besonderen Unterdrückung der Frau, die ihren Ursprung in der Herausbildung des Privateigentums und der Klassengesellschaft hat.

Marx und Engels: Umfassende Theorie der Befreiung der Frau

‚Marx und Engels haben eine umfassende Theorie der Befreiung der Frau entwickelt. Die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse zwingen die Familien und besonders die Frauen dazu, die Verantwortung für die Kinder, den Haushalt der Familie, die Versorgung der Alten und Kranken zu übernehmen. Da die Klassengesellschaft die Wurzel der besonderen Ausbeutung und Unterdrückung der Frau ist, kann nur ihre revolutionäre Überwindung den Weg der Befreiung freimachen‘, so Sharmista.

 

Sehr beeindruckende Beiträge aus den unterschiedlichsten Ländern brachten vielfältige Erfahrungen über die Lage der Frauen und ihre mutigen Kämpfe. Erste Höhepunkte waren auch die Auseinandersetzungen über Notwendigkeit des engen Zusammenschlusses der internationalen Frauenbewegung und über die Zusammenarbeit über Klassen- und Schichtengrenzen hinweg.

Solidarität mit Monika Gärtner-Engel

Mutige Frauen aus Westbengalen wurden begrüßt: Sie erkämpften sich die Wahlteilnahme ihrer Bewegung, "für Ihr Land, Lebensgrundlagen, Arbeit und Umweltschutz". Trotz Gewalt, Schikane, Bestechungsversuchen …

 

Höhepunkt des internationalen Zusammenschlusses am ersten Tag war die Solidarität mit Monika Gärtner-Engel, die dank der breiten Proteste vor Gericht einen Sieg gegen den sie bedrohenden Strafbefehl wegen Tragens einer Fahne der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) erreichte (siehe Rote Fahne News).

Wer sind die Feinde der Befreiung der Frau?

Vom zweiten Seminartag schreibt eine Korrespondentin unter anderem: „Der Wunsch nach Analyse wurde von vielen Teilnehmerinnen geteilt – die Auffassungen über die Hintergründe waren konträr. Im Impulsreferat hieß es dazu: ‚Macht ist synonym mit Männlichkeit ...‘ Darum entfaltete sich eine spannende Diskussion. Eine Teilnehmerin aus Südafrika sagte:

 

‚Wir stehen auf der ganzen Welt den großen Monopolen gegenüber – die sind unser Feind. Aber die Imperialisten sind eine Minderheit. Wenn wir Arbeiter und Frauen uns zusammenschließen, werden wir stärker als die Imperialisten. Wir können und sollen uns nicht von unseren Männern trennen. Sie sind nicht unsere Feinde. Wir müssen uns zusammen organisieren und gegen den Feind kämpfen.

Viele Arbeiterinnen beteiligen sich

Eine Industriearbeiterin aus Deutschland berichtete, welche Hochachtung sie vor den kurdischen Frauen und ihrem Kampfgeist hat, den sie selbst als Brigadistin beim Aufbau des Gesundheitszentrums der ICOR¹ in Kobanê erlebt hat. Das entspricht dem internationalistischen Prinzip ‚Kein Kampf darf alleine stehen bleiben‘.

 

Aber sie betonte, dass zum Internationalismus auch gehört, dass sich die Arbeiter und Arbeiterinnen in den großen weltweiten Industrieverbünden zusammenschließen und sie kritisierte: 'Die Losung ‚Frauen müssen sich zuerst befreien‘ spaltet diesen Kampf. Die doppelte Ausbeutung und Unterdrückung von Frauen ist nicht persönliche Schuld meiner männlichen Kollegen. Viele wollen auch zum Beispiel Erziehungsurlaub nehmen, das geht aber gar nicht, weil sie mehr Lohn als ihre Frauen kriegen.'

 

Überhaupt sprachen viele Arbeiterinnen in dieser Diskussion. Eine Vertreterin der 2,5 Millionen Textilarbeiterinnen in Karnatakar berichtete, wie sie seit Monaten für höhere Löhne und Sozialversicherung entsprechend den männlichen Arbeitern und für die Anerkennung ihrer Arbeit kämpfen. Aus den Niederlanden wurde berichtet, wie sich Pflege- und Reinigungskräfte, die gegen die Regierung kämpfen, mit theoretischem Studium zur Befreiung der Frau auf das Seminar vorbereitet haben …

Tiefgang, Bildungsarbeit und Perspektivdiskussion gefragt

Zahlreiche, vielfältige, fundierte, engagierte Beiträge in vielen Sprachen drücken aus: Das Bedürfnis nach Erfahrungsaustausch ist sehr groß, aber es geht auch darüber hinaus, Tiefgang, Bildungsarbeit und Perspektivdiskussion ist gefragt und für den letzten Tag auch der große Wunsch nach weiterer Stärkung der organisierten Zusammenarbeit.

 

In jeder Pause gibt es Hunderte Gespräche, werden Kontakte geknüpft; es wird Literatur vertrieben – so dass der pünktliche Beginn jedes Abschnitts immer mal wieder umkämpft ist. Dieser wird übrigens jedes Mal von wunderbaren Liedern, Tänzen oder Gedichten der indischen Frauen eingeleitet. Diese Gemeinsamkeit spiegelt sich auch in der herzlichen und kulturvollen Atmosphäre wieder.“

 

Hier ein kurzes Video vom Seminar, mit dem das Seminar die Initiatorin der Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen, Monika-Gärtner-Engel, grüßt und sich solidarisch mit ihr erklärt. Monika Gärtner-Engel hatte zu diesem Zeitpunkt den von ihr angestrebten Prozess gegen einen Strafbefehl wegen des Tragens einer Fahne der kurdischen Volksbefreiungseinheiten (YPG), den sie mit einem Freispruch erster Klasse gewann!