Betriebsversammlung bei Ford Köln

Betriebsversammlung bei Ford Köln

Einzige Option für die Arbeiterinnen und Arbeiter ist der Kampf

Nach GM in den USA und VW in Hannover und Emden werden jetzt auch bei Ford die Pläne zur Vernichtung von Arbeitsplätzen konkreter. Sie werden jedoch vom Vorstand verschleiert.

Von gp / Korrespondenz aus Köln
Einzige Option für die Arbeiterinnen und Arbeiter ist der Kampf
Ford-Kollegen aus Bordeaux und Köln bei einer gemeinsamen Aktion vor dem Tor in Köln Juni 2018 (rf-foto)

Entsprechend gespannt waren die Kolleginnen und Kollegen auf die Belegschaftsversammlung bei Ford am 11. Dezember in Köln. „Die Betriebsversammlung bei Ford in Köln war wieder gut besucht", berichtet ein Korrespondent. "Kolleginnen und Kollegen erhofften sich weitergehende Informationen zur Zukunft des Werkes und den Plänen der Geschäftsleitung.

Warnstreikende Kollegen bei Ford in Köln anfang des Jahres (rf-foto)
Warnstreikende Kollegen bei Ford in Köln anfang des Jahres (rf-foto)

In Kürze

  • Die Ford-Spitze will die Wogen glätten, aber auch bei Ford steht Arbeitsplatzvernichtung an
  • Diffamierung des mutigen und erfolgreichen Kampfs bei Opel Bochum
  • Gemeinsamer Kampf aller Ford-Belegschaften ist das Gebot der Stunde

Nicht wenige gingen wegen dem Hin und Her in den letzten Wochen mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch zur Versammlung. Absage der Fahrzeugproduktion an mehreren Tagen mit Abzug bei Urlaub und Freischichten; Versetzung von Kolleginnen und Kollegen aus dem Getriebewerk und Presswerk in andere Produktionshallen aufgrund der Reduzierung der Stückzahlen; Rausschmiss von Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern und befristeten Kollegen. Und dann kam am Montag, 10. Dezember, noch die Info, dass im zweiten deutschen Ford-Werk in Saarlouis die Nachtschicht abgeschafft werden soll.“

 

Ford will in Saarlouis nächstes Jahr die Produktion des C-Max wegen sinkender Nachfrage einstellen. Saarlouis ist mit 6.300 Beschäftigten das zweitgrößte Ford-Werk in Deutschland. Kolleginnen und Kollegen befürchten den Abbau einer Schicht, das wären 1.600 Arbeitsplätze! Davon wären als erstes 500 Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter betroffen!

Genug von Ungewissheit und Hängepartie

„Gunnar Hermann von der Ford-Geschäftsführung verlor über all das aber kein Wort,“ so weiter in der Korrespondenz. Hermann versuchte mit einer Hinhalte- und Verschleierungstaktik einer offenen Konfrontation mit der Belegschaft auf der Versammlung aus dem Weg zu gehen. Weiter schreibt der Korrespondent: „Er setzte voll auf Dämpfung. Man müsse jetzt in den nächsten Wochen und Monaten mit Arbeitsgruppen die Bereiche überprüfen. Ausführlich legte er die Pläne zur Arbeitsplatzvernichtung bei anderen Herstellern dar, sagte aber zu Ford nur, dass man 'vorerst' keinen großen Kahlschlag fürchten müsse. Offensichtlich wollte er ... die Wogen glätten.“ Die Belegschaften und ihre Familien haben genug von Hängepartie und ständiger Ungewissheit. Der Druck im Kessel ist groß.

Ford ist in der Umstellung auf die E-Mobilität ins Hintertreffen geraten

Hintergrund der Entwicklung ist der verschärfte Konkurrenzkampf auf dem hart umkämpften weltweiten Automobilmarkt. Ford ist wie andere traditionelle Autohersteller in der Umstellung auf die E-Mobilität ins Hintertreffen geraten; hat im ersten Halbjahr in China einen Absatzrückgang von 25 Prozent hinnehmen müssen. Im Europageschäft rechnen die Manager - trotz leichtem Absatzplus - mit einem negativen Ergebnis für 2018. Außerdem sinkt der Absatz an Diesel-Fahrzeugen.

 

Im Frühjahr hatte der neue Ford Chef, Jim Hackett, bereits angekündigt bis 2022 22,5 Milliarden Dollar "einzusparen". Er versprach den Investoren eine „Maximierung der Rendite“. Dazu drohte er „Bereichen mit unterdurchschnittlicher Leistung“, die „nicht fit gemacht werden könnten“, das Geld zu streichen. Dabei haben die Manager alle Möglichkeiten Bereiche fit oder schlapp zu rechnen. Ganz nach ihren Profitinteressen. Die „Sunday Times“ berichtet, dass nach Einschätzung der US-Bank Morgan Stanley zwölf Prozent der weltweit 202.000 Arbeitsplätze abgebaut werden sollen. Überwiegend wohl in Europa, wo Ford gut 50.000 Kolleginnen und Kollegen beschäftigt.¹ Hackett legt sich hier offen mit der Belegschaft aller europäischen Ford-Standorte an, die die Macht haben, ihm, dafür die entsprechende Antwort zu geben und für jeden Arbeitsplatz und die Zukunft der Jugend zu kämpfen.

Drei Optionen?

Weiter berichtet unser Korrespondent: „Auch der Betriebsrat ging mit keinem Wort auf die Arbeitsplatzvernichtung in Saarlouis ein. Kein Wunder, hatte er doch vor drei Jahren ähnlichen Maßnahmen zur Vernichtung von Arbeitsplätzen in Köln zugestimmt. Interessant wurde es allerdings, als er seine Möglichkeiten des Umgangs mit der derzeitigen Situation erläuterte. Man habe drei Optionen. Erstens: Abwarten und sich zur Schlachtbank führen zu lassen. Zweitens: Wild zum Streik aufzurufen, so wie es ‚verschiedene politische Gruppierungen derzeit vor den Toren machten‘. Wohin das führe, habe man ja bei Opel in Bochum gesehen. Oder Drittens: Mit der Geschäftsleitung in Verhandlungen zu treten und das Beste für die Kollegen rauszuholen. Er stehe klar für die dritte Option! Auch der Vertreter der IG Metall, Dieter Kolsch, sprach sich ausdrücklich für die dritte Option aus.“

Nicht durch Verhandlungen, sondern mit einem selbständigen Streik haben die Kolleginnen und Kollegen 2004 die Schließung des Werkes in Bochum verhindert

Eine Ford-Kollegin

Das blieb nicht unwidersprochen: „Eine Kollegin ging im Punkt Aussprache ausführlich auf die Erfahrungen bei Opel Bochum ein. Nicht durch Verhandlungen, sondern mit einem selbständigen Streik haben die Kolleginnen und Kollegen 2004 die Schließung des Werkes in Bochum verhindert. Was war 'das Beste', was die Verhandlungen der IG-Metall-Führung und der Betriebsrats-Spitze mit Opel gebracht haben, als 2014 erneut die Schließung des Werkes anstand? Es waren die reformistischen Verhandlungen, die teils offen, teils versteckt zähneknirschend schließlich zur Akzeptanz der Werksschließung bei der Betriebsratsmehrheit führten. Das war verbunden mit Versprechen auf Ersatzarbeitsplätze, die es schließlich in der Menge nie gab. Mit ihrem selbständigen Streik 2004 um den Erhalt aller Arbeitsplätze haben die Kolleginnen und Kollegen den Erhalt des Werkes für zehn weitere Jahre durchgesetzt!“ Das zeigt: Kämpfen wie bei Opel in Bochum ist die einzige Perspektive, um eine Werksschließung zu verhindern.

 

Wer den konsequenten Kampf zur Verteidigung der Arbeitsplätze als „Aufwiegeln der Belegschaft“ bezeichnet und die Kolleginnen und Kollegen, die an der Betriebszeitung Scheinwerfer mitarbeiten und die MLPD als „Krawallmacher“ diffamiert, betreibt offen Co-Management mit der Ford-Spitze. Tatsächlich können sich die Kolleginnen und Kollegen zu 100 Prozent auf die MLPD verlassen.

Nur dieser Weg verspricht Erfolg

Auf der Belegschaftsversammlung wurde auch von einem gemeinsamen Treffen von Kollegen der Ford Werke aus Köln, Valencia und Bordeaux berichtet. Dort einigte man sich auf eine weitere Zusammenarbeit im Kampf gegen die Umstrukturierungspläne. Das ist der Weg, der wenn er konsequent verfolgt wird, zum Erfolg führt. In diesem Sinne wird derzeit an vielen Auto-Standorten für die zweite internationale Automobilarbeiterkonferenz 2020 in Südafrika mobilisiert und geworben ² Diese Konferenz ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Koordinierung und Kooperation der weltweit Millionen Automobilarbeiter.

 

Das Buch "Was bleibt - 10 erkämpfte Jahre Opel Bochum bis 2014 - eine Dokumentation " von Annegret Gärtner-Leymann und Steffen Reichelt zeigt die Perspektive des Kampfes der Bochumer Opelaner auf. Es kann hier gekauft werden!