Klartext
Frohe Botschaften für die Frauenbewegung?
Frohe Botschaften in Sachen Frauenbewegung? Gibt es die überhaupt? Dominiert nicht vielmehr ein Roll-Back mit sexistischen, frauenfeindlichen Regierungen? Genannt seien nur US-Präsident Trump, Bolsonaro in Brasilien, Erdogan in der Türkei, Rechtsregierungen in Polen oder Italien – die drehen zurück, was oft hart genug über Jahrzehnte erkämpft war.
Aber: ist es nicht viel bedeutsamer, wie Massen von Mädchen und Frauen darauf antworten? Sind es nicht gerade sie, die den Trumps und Bolsonaros Paroli bieten? Das Frauenbewusstsein ist in vielen Ländern der Welt auf breiter Front erwacht. In Argentinien marschiert eine Million Frauen mit grünen Kopftüchern für die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Sie geben auch nicht klein bei, nachdem das neue Gesetz im Parlament durchkam, aber im Senat abgelehnt wurde. Das traditionelle jährliche Frauentreffen hatte 2018 mehr Teilnehmerinnen als je zuvor: 65 000 Frauen fuhren ins abgelegene Patagonien. 2018 gingen in Uruguay am internationalen Frauentag 300 000 Frauen auf die Straße. Es entfaltet sich eine breite Debatte, ob die Befreiung der Frau als Geschlechterkampf – oder als Teil des gesellschaftsverändernden Kampfs für eine von jeder Ausbeutung und Unterdrückung befreiten Gesellschaft geführt werden muss.
Dieser Frage ging Anfang Dezember die erste theoretische Konferenz der Weltfrauenbewegung nach. Angestoßen von der Weltfrauenkonferenz in Nepal vor drei Jahren fand sie in Indien statt. Frauen berieten und diskutierten – aus Asien, Afrika, Lateinamerika und Europa und aus elf indischen Bundesstaaten. Durchaus kontrovers sind die Debatten, aber immer solidarisch; weil die Frauen die tieferen Ursachen ihrer besonderen Ausbeutung und Unterdrückung ergründen wollen, um zielklarer dagegen zu kämpfen.
Aber: ist es nicht viel bedeutsamer, wie Massen von Mädchen und Frauen darauf antworten? Anna Bartholomé, Bildungsbeauftragte im Zentralkomitee der MLPD
In Deutschland gab es in den letzten Jahren wichtige frauenpolitische Kämpfe: Streiks der Erzieherinnen „Wir sind mehr wert“ (vor allem 2015). Gegen Rassismus und Sexismus ließ sich die kämpferische Frauenbewegung nicht von rechten Hetzern vor den Karren spannen. Aktuell entflammt – 25 Jahre nach Lockerung des § 218 zur immer noch nicht legalen aber immerhin straffreien Schwangerschaftsunterbrechung – eine neue Debatte um den § 219a. Diesen Paragraph hatten die Hitler-Faschisten eingeführt: als „Werbeverbot für Abtreibungen“. In Wirklichkeit geht es um ein Informationsverbot über die Möglichkeiten von Schwangerschaftsabbrüchen in Arztpraxen und Krankenhäusern.
Um die große Koalition nicht in die nächste Krise zu stürzen, stellt sich die SPD wider vorheriger Bekundungen gegen die Abschaffung des § 219a. Damit liegt sie bei der neuen CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer richtig. Die tritt zwar angeblich basisverbundener auf als ihre Konkurrenten Jens Spahn und Friedrich Merz. Aber in Sachen Frauenfeindlichkeit überholt sie ihre Vorgängerin Angela Merkel rechts. Schwangerschaftsabbrüche und die sogenannte „Ehe für alle“ lehnt AKK vehement ab.
Der Kampf gegen Sexismus, Gewalt gegen Frauen und für die Befreiung der Frau hat in den letzten Monaten immer deutlicher zum breiten gesellschaftlichen Aufstehen befeuert. Und das weltweit. Das ist eine frohe Botschaft zum Jahresende – und Ansporn fürs kommende Jahr.