Machtpoker
Trump will US-Truppen aus Nord- und Ostsyrien abziehen - eiskalte Auslieferung von Rojava
Am Mittwoch, 19. Dezember, kündigte US-Präsident Donald Trump den sofortigen und kompletten Rückzug der ca. 2.000 US-Soldaten aus der Demokratischen Föderation Nord- und Ostsyrien (Rojava) an.
Seine vorgeschobene Begründung ist, dass der faschistische „Islamische Staat“ (IS) besiegt sei, was das einzige Ziel der USA in Syrien gewesen sei.
Tatsächlich konnte der IS in Syrien und im Irak weiträumig zurückgedrängt werden. Dennoch befinden sich immer noch zirka 3.000 bewaffnete IS-Faschisten in Hajin in Syrien; rund 20.000 weitere im Irak an der syrischen Grenze.
Erst Ende November töteten sie von Hajin aus mehr als 90 Angehörige der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF), deren Kern die syrisch-kurdischen Volks- und Frauenverteidigungseinheiten (YPG/YPJ) bilden. Diese bereiten nun eine Offensive gegen das Gebiet um Hajin vor.
In Kürze
- US-Präsident Trump verkündet den Abzug der US-Truppen aus Nord- und Ostsyrien
- Sie stehen einem geplanten türkischen Großangriff im Wege
- MLPD und ICOR werden Solidaritätspakt mit kurdischem Freiheitskampf erneut mit Leben füllen
Erst letzte Woche flogen Bomber der imperialistischen Anti-IS-Koalition 200 Angriffe auf Stellungen des IS in Syrien - beteiligt waren auch US-Flugzeuge. Von einem vollständigen Sieg über den IS, der von neuimperialistischen Ländern wie der Türkei und Saudi-Arabien weiterhin finanziert und ausgerüstet wird, kann also keine Rede sein.
Die Bekämpfung des IS war bzw. ist auch keineswegs das Hauptziel des US-Imperialismus in Syrien. Mit Hilfe reaktionärer bis faschistischer Milizen wollte er vor allem das mit Russland verbündete Assad-Regime stürzen. Erst nachdem sich der IS in Syrien und im Irak immer mehr breit machte, mussten sich die USA zunächst auf dessen Zurückdrängung konzentrieren - in taktischer Zusammenarbeit mit anderen imperialistischen Mächten und den SDF.
Kumpanei mit Erdoğan
Woher nun dieser Sinneswandel des US-Imperialismus, jetzt die Truppen abzuziehen? Nachdem die Zerschlagung des syrischen Assad-Regimes und der Zurückdrängung des russischen und iranischen Imperialismus in Syrien vorerst gescheitert ist, deutet einiges daraufhin, dass die Trump-Regierung beim Kampf um die Neuaufteilung der Einflussgebiete wieder verstärkt auf ein Bündnis mit der Türkei im Rahmen der NATO setzt.
Diese verfolgt eigenständige imperialistische Machtinteressen in Syrien und will sich dazu Gebiete in Nord- und Ostsyrien einverleiben. Den westlichen Kanton Efrin hat die türkische Armee bereits besetzt. Vor allem will das faschistische Erdoğan-Regime den erfolgreichen Aufbau einer demokratischen Selbstverwaltung in der Region liquidieren, weil dieser auch dem Freiheitskampf der Kurden und anderer revolutionärer, demokratischer Kräfte in der Türkei den Rücken stärkt.
Die US-Truppen standen bisher einem geplanten Angriff der türkischen Armee im Wege. Offensichtlich haben Erdoğan und Trump ihren Abzug im engen Kreis ausgekungelt. Zumindest überraschte Trump damit nicht nur seinen eigenen Verteidigungsminister, James Mattis, sondern auch den Rest seines Kabinetts.
Trump zockt auf dem Rücken der Völker
Das unterstreicht, dass die taktische Zusammenarbeit des US-Imperialismus mit den SDF, YPG und YPJ nie einen anderen Zweck hatte als die Verfolgung eigener Machtinteressen. Die US-Armee nutzte sie als Fremdtruppen am Boden, um sich den Einsatz eigener Bodentruppen weitgehend zu ersparen.
Nachdem die befreiten Gebiete in Nord- und Ostsyrien als militärischer Brückenkopf nicht mehr benötigt werden, wirft Trump sie dem Faschisten Erdoğan "zum Fraß vor“. Wer nach diesem Schachzug noch glaubt, die USA seien ein verlässlicher Partner, der verschließt die Augen vor der Wirklichkeit. Trump hat eiskalt gezockt, und lässt seine „Verbündeten“ jetzt im Regen stehen.
Hände weg von Rojava!
Allerdings sollte die Imperialisten die Rechnung nicht ohne den Wirt machen. Bis zuletzt waren die Kämpferinnen und Kämpfer der SDF die Hauptkraft im Krieg gegen den IS. Erfolgreich verteidigten sie Kobanê, schlugen den IS an immer mehr Fronten zurück und befreiten mittlerweile weite Gebiete Syriens - im Bündnis mit den dort lebenden Arabern, Turkmenen und anderen Volksgruppen. Die USA hätten ohne sie nicht viel erreichen können.
Laut einer aktuellen Pressemitteilung des Exekutivrats des Kurdischen National Kongresses (KNK) bereitet die Türkei einen Angriff über eine 500 Kilometer lange Region zwischen Tigris und Euphrat vor. Die ersten Ziele seien die Grenzgebiete Kobanê, Manbij, Tel Abyad, Serêkaniyê (Ras al-Ain), Darbasiyah, Amude, Qamishlo, Tirbespî (al-Qahtaniyah) und Dêrik (al-Malikiyah).
Neben Städten wie Qamishlo, Hasaka und Raqqa mit großer städtischer Bevölkerung gibt es etwa hundert weitere Städte und Tausende von Dörfern, in denen derzeit etwa 3 Millionen Menschen leben. Jeder Angriff des türkischen Staates würde zu einer unerträglichen humanitären Tragödie von großem Ausmaß führen. Erdoğan - Hände weg von Rojava!
Der KNK ruft zur weltweiten Solidarität dagegen auf und versichert, dass alle zur Verfügung stehenden Kräfte gegen einen geplanten Angriff mobilisiert werden.
MLPD und ICOR werden Solidaritätspakt mit Leben füllen
Die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) und die Internationale Koordinierung revolutionärer Parteien und Organisationen (ICOR) „unterstützen die kurdische Befreiungsbewegung gegen die Bestrebungen des Imperialismus, die Richtung der Revolution in Rojava zu beeinflussen und werden den Solidaritätspakt zwischen ICOR und dem kurdischen Befreiungskampf weiter mit Leben erfüllen“.¹
Die MLPD fordert: Alle imperialistischen Truppen raus aus Rojava und aus ganz Syrien! Volle internationale Solidarität mit dem Kampf des kurdischen und aller in den SDF vereinigten Völkern der Region!