BDS-Kampagne

BDS-Kampagne

Bundestagsbeschluss diffamiert Kritik an Israels Regierung

Am Freitag, 17. Mai 2019, stimmten CDU/CSU, SPD, FDP und große Teile von Bündnis 90/Die Grünen für einen Antrag, der die BDS-Bewegung als antisemitisch diffamiert. Dagegen stimmten große Teile der Fraktion der Linkspartei und Teile der Grünen-Fraktion.

Von pk / ffz / dr
Bundestagsbeschluss diffamiert Kritik an Israels Regierung

Die Mehrheit des Bundestag unterstützt damit eine internationale Kampagne - ausgehend vom berüchtigten israelischen Geheimdienst Mossad und reaktionärster Kreise in Israel und den USA. Weltweit wächst die Kritik am völkerrechtswidrigen Handeln der imperialistischen Regierung in Jerusalem. Auch in Deutschland wird die reaktionäre Netanjahu-Regierung mehrheitlich abgelehnt. Die Kampagne gegen die wachsende BDS-Bewegung reagiert aus der Defensive und will die wachsende Kritik an Netanjahu und dem israelischen Imperialismus verunsichern.

 

Dem schloss sich eine Mehrheit des Bundestags an und ruft auf, der BDS-Bewegung oder Gruppen, die diese unterstützen, die finanzielle Unterstützung und Vergabe kommunaler Räume zu verweigern. Es ist eine demagogische Verzerrung, die gewaltfreie Boykottkampagne mit den faschistischen Aufrufen in den 1930er-Jahren in Deutschland: „Kauft nicht bei Juden“ und entsprechenden Pogromen gleichzusetzen.

Durchsetzung der internationalen Rechtssprechung

Seit 15 Jahren richtet sich die “BDS-Kampagne“ (Boykott, Desinvestition, Sanktion) gegen die Apartheitspolitik der israelischen Regierung, gegen die völkerrechtswidrige Besetzung palästinensischer Gebiete. Sie kämpft für die Durchsetzung der UNO-Resolution 194. Diese fordert, dass palästinensische Flüchtlinge das Recht auf Rückkehr in ihre Heimat haben und dort mit ihren Nachbarn in Frieden leben können. Und sie verteidigt die Grundrechte der arabisch–palästinensischen Bevölkerung.

Israels Regierung baut eine Mauer um den Gaza-Streifen (Foto: Michael Panse CC BY-ND 2.0)
Israels Regierung baut eine Mauer um den Gaza-Streifen (Foto: Michael Panse CC BY-ND 2.0)

In Kürze

  • Bis in die CDU hinein reicht der Widerspruch zum Bundestagsbeschluss über die BDS-Kampagne
  • Die Internationalistische Liste / MLPD ist auch im Europawahlkampf solidarisch mit Palästina
  • Die israelische Regierung wird auch von mehreren UN-Resolutionen kritisiert

 

BDS richtet sich ausdrücklich nicht gegen „Israel“ und seine jüdischen Bewohnerinnen und Bewohner sondern gegen die derzeitige israelische Regierung und gegen die Monopole in Israel, mit der Zielrichtung, dass Israel die Rechte der Palästinenserinnen und Palästinenser einschließlich des Rechts auf Selbstbestimmung anerkennt.

Gewerkschaften verurteilen Unterdrückung der Palästinenser

Schon 2016 verurteilten Gewerkschaften aus Brasilien, Indien, Norwegen und 100 Gewerkschaftsdelegierte, die 29 Gewerkschaften und 3 Millionen Mitglieder aus Europa vertraten, die Missachtung des Völkerrechts durch Israel. Sie forderten das Ende der Besatzungspolitik und die Aussetzung eines Kooperationsabkommens, das den israelischen Monopolen bevorzugt Zugang zum europäischen Markt und Forschungsgelder ermöglicht.¹ Im Dezember 2018 erklärte sich auch der 4. Kongress des internationalen Gewerkschaftsbunds (IGB) eindeutig: "Wir haben die Bedingungen für einen gerechten und nachhaltigen Frieden wiederholt befürwortet, insbesondere im Einklang mit den UN-Sicherheitsratsresolution 242 und 338."

 

Die Gewerkschafter des IGB ziehen einen Zusammenhang zur Ausbeutung in Israel, wenn sie festhalten: "Viele palästinensische Beschäftigte, die auf prekäre Tätigkeiten in Israel und den Siedlungen angewiesen sind, arbeiten unter ausbeuterischen Bedingungen. Maßnahmen zur Förderung menschenwürdiger Arbeitsmöglichkeiten für sie sind dringend notwendig. Staaten und Unternehmen sollten davon abgebracht werden, Aktivitäten im Zusammenhang mit den illegalen Siedlungen direkt oder indirekt zu ermöglichen oder davon zu profitieren."

 

Aber unter dem Einfluss sogenannter antideutscher Kräfte gibt es auch andere Entscheidungen im Sinne der Bundestagsmehrheit. So hat die DGB-Bundesjugendkonferenz 2017 beschlossen, nicht mit Kräften zu kooperieren, die die BDS-Kampagne unterstützen. In Göttingen wurde das  als Vorwand genutzt, den Jugendverband REBELL aus dem Jugendbündnis zur Vorbereitung des 1. Mai auszuschließen. Dagegen protestierten die Betroffenen vollkommen zu Recht. (siehe "Voll ins Schwarze getroffen).

 

Ein solcher Beschluss und seine Anwendung käme neuen Unvereinbarkeitsbeschlüssen gleich und würde die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter spalten. Man muss die berechtigte Kritik an der israelischen Regierung nicht teilen, kann aber andere nicht ausschließen, die dies tun.

Unterdrückung von Meinungsfreiheit durch Einschüchterung

Solche Vorkommnisse kritisiert auch ein Offener Brief von Friedens- und Menschenrechtsorganisationen anlässlich von 70 Jahren Grundgesetz an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Die Autoren sind unter anderem Forum Friedensethik (FFE) in der Evangelischen Landeskirche in Baden, Frauen wagen Frieden, IPPNW, jüdisch-palästinensische Dialoggruppe, Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost, Pädagoginnen und Pädagogen für den Frieden (PPF), pax-christi-Nahostkommission.

 

Sie beobachten, wie das Recht, sich frei zu äußern, auch in Deutschland eingeschränkt wird: "Raumverbote in Essen, München, Frankfurt, Berlin, Nordrhein-Westfalen oder Baden-Württemberg ... haben zur Konsequenz, dass Debatten z.B. über zivilen Widerstand gegen die israelische Regierungspolitik von vornherein verhindert werden, anstatt sie politisch und konstruktiv auszutragen ... Verhindert wurden so Veranstaltungen, die z.B. die israelische Militärbesatzung palästinensischer Territorien, den israelischen Siedlungsbau auf besetztem Gebiet, die gescheiterte internationale Politik der „Friedensprozesse“, die Ausgrenzung der palästinensischen Bevölkerung innerhalb Israels oder Flüchtlingslager zum Thema haben. Die Vorwürfe des Antisemitismus treffen dabei oft auch jüdische Referentinnen. und Referenten"²

 

In einer Erklärung von 16 Grünen-Abgeordneten folgen diese dem Aufruf 60 jüdischer und israelischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Gegner der Besatzung palästinensischer Gebiete nicht als „antisemitisch“ und „antiisraelisch“ zu diffamieren. Auch 18 CDU-Politiker, wie Norbert Röttgen verweigerten die Zustimmung, wegen der Diskriminierung legitimer Kritik an der israelischen Regierung. Viele Stiftungen und kirchliche sowie nichtkirchliche Organisationen befürchten, dass ihre Projekte in Israel und Palästina gefährdet sind. Schon heute behindern israelische Behörden Projekte in den besetzten Gebieten.

 

In einer Presseerklärung kritisiert der Bundesvorstand der palästinensischen Gemeinde e.V.: „Der Beschluss, die internationale BDS-Bewegung als antisemitisch zu brandmarken und zu verbieten und Gruppen, die die BDS unterstützen oder nahestehenden, staatliche Räume zu versagen und Förderung zu verweigern, ist ein Schlag gegen das Grundgesetz, das die Meinungsfreiheit verbürgt.³

MLPD unterstützt BDS-Kampagne kritisch

Der Bundestagsbeschluss ist Teil der Rechtsentwicklung der Berliner Parteien, die demokratischen Rechte und Freiheiten angreifen,Freiheitskämpferinnen und Freiheitskämpfer kriminalisieren, Kritikerinnen und Kritiker als „Extremisten“ denunzieren. Die MLPD unterstützt die BDS-Kampagne kritisch. Eine Stärke der Kampagne ist, dass sie international ist, eine Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit über die unterdrückerische Politik der israelischen Regierung leistet und sich klar zum palästinensischen Befreiungskampf bekennt.

 

Peter Weispfenning aus dem Spitzenteam der Internationalistischen Liste / MLPD zur Europawahl (Listenplatz 2) äußerte sich dazu heute gegenüber den Medien.

Wir sind strikt gegen Antisemitismus und lehnen jede Art von Rassismus ab

Peter Weispfenning

„Er ist eine Attacke auf die Meinungsfreiheit und jeden demokratischen Diskurs. Kriminalisierung und Rufmord gegen Kritiker der israelischen Regierung sind keine Argumente“, so Peter Weispfenning. Im Internationalistischen Bündnis arbeiten neben vielen anderen auch palästinensische Migrantengruppen.

 

„Spätestens, wenn die AfD, die den Holocaust als einen Fliegenschiss der Geschichte bezeichnet, sich gegen die BDS-Kampagne zum 'Schutzpatron der Juden' aufschwingt, müsste doch jeder Demokrat und Antifaschist aufhorchen", so Peter Weispfenning. "Wer die zivile und gewaltfreie Kampagne gegen die Besatzungspolitik - selbst deren bloße Unterstützung - für 'antisemitisch' erklärt, verharmlost auch die gewaltigen Verbrechen, die der Antisemitismus tatsächlich hervorgebracht hat.

 

Wir sind strikt gegen Antisemitismus und lehnen jede Art von Rassismus ab. Deshalb kritisieren wir auch die rassistische Regierungspolitik in Israel. Wir sind mit palästinensischen, arabischen, jüdischen und allen friedensbewegten Menschen in Sorge über die dadurch noch ermutigten völkerrechtswidrigen Aggressionen der Netanjahu-Regierung auf die palästinensischen Gebiete und ihre Bewohnerinnen und Bewohner. Die Perspektive muss in einem demokratischen und friedlichen Zusammenleben der Ethnien und Religionen liegen, frei von imperialistischem Kolonialismus und Aggression – und mit einer sozialistischen Perspektive“, so der 51-jährige Rechtsanwalt aus Herne.