Grüne Woche

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Wir haben es satt – aber was ist die Lösung?

Vom 18. bis 27. Januar findet, wie jedes Jahr seit 1926, die Internationale Grüne Woche in Berlin statt. Der Rhythmus wurde bisher nur vom Krieg oder einmal durch die Maul- und Klauenseuche unterbrochen.

Von jb
Wir haben es satt – aber was ist die Lösung?
Bild von der Diskussionsrunde „Weiter so mit der Agrarpolitik? Nein Danke!“ der MLPD, die am 30. November 2018 in Gelsenkirchen stattfand. In der Mitte: Arnold Blum vom Internationalistischen Bündnis (rf-foto)

Das gewachsene Umweltbewusstsein hat für viele Menschen die Suche nach einer gesunden Ernährung, deren Produktion in Einklang mit der Natur stattfindet, zu einem zentralen Thema gemacht. Agrarindustrie und Handelsmonopole antworten mit "Bio" und vielen anderen wohlklingenden Begriffen. Passend schickt Finnland (Mittelpunkt der Grünen Woche) „Grüße aus der Wildnis“.

Bild von der Grünen Woche 2008 in Berlin (foto: gemeinfrei)
Bild von der Grünen Woche 2008 in Berlin (foto: gemeinfrei)

In Kürze

  • Klein- und Mittelbauern sind nicht gewillt, die Entwicklung in der Landwirtschaft hinzunehmen
  • Das Internationalistische Bündnis hat eine Agrarplattform gegründet
  • Sie kann man auf der Demonstration „Der Agrarindustrie den Geldhahn zudrehen“ am 19. Januar kennenlernen

Die reale Lage für die meisten Klein- und Mittelbauern und die Wirklichkeit der heutigen Lebensmittelproduktion stehen dazu in krassem Widerspruch. Gerade hat die EU den weiteren Einsatz des hochgiftigen Pestizids Glyphosat erlaubt und in schöner Regelmäßigkeit erleben wir Lebensmittelskandale von Gammelfleisch, tierquälerische Massentierhaltung etc.

 

Die Rechtsentwicklung der Bundesregierung macht auch vor der Agrarwirtschaft nicht halt. Aktivistinnen und Aktivisten, die unhaltbare Zustände in der Massentierhaltung anklagen, werden kriminalisiert. Es sind vor allem Agrar- und Handelsmonopole, die von der EU gefördert werden, während die Klein- und Mittelbauern um ihre Existenz kämpfen müssen. Das geflügelte Wort unter den Bauern ist: „Wachse oder weiche.“

Die Landwirtschaft befindet sich im Zangengriff der Bank-, Industrie- und Handelsmonopole

Willi Dickhut, Vordenker und Mitbegründer der MLPD

Bereits 1974 hatte Willi Dickhut, theoretischer Vordenker und einer der Mitbegründer der MLPD geschrieben: „Die Landwirtschaft befindet sich im Zangengriff der Bank-, Industrie- und Handelsmonopole, wobei der eine Zangenhebel von den Monopolen der Landmaschinen- und Düngemittel-Produktion und der andere von der Nährmittelindustrie und dem Großhandel bedient wird, beide dirigiert von den Banken.

 

Nach außen tritt das durch eine doppelte Preisschere in Erscheinung: die zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreisen landwirtschaftlicher Produkte und zwischen landwirtschaftlichen Erzeugerpreisen und den hohen Industriepreisen für landwirtschaftliche Maschinen und Geräte. Ergebnis: sinkendes Einkommen und steigende Betriebskosten.“¹ Diese Entwicklung hat sich heute im internationalen Maßstab erweitert.

 

Und sie hat mittlerweile katastrophale Folgen für die Klein- und Mittelbauern: An die Milchbauern werden im Schnitt zwischen 32,58 Cent und 34,62 Cent pro Liter Milch  gezahlt. Der Erzeugerpreis müsste allerdings bis zu 53,15 Cent betragen, damit es sich für die kleinen und mittleren Milchbauern überhaupt rechnet. Stattdessen werden die Preise durch die Großmolkereien und Milchmonopole immer weiter gedrückt.

 

Viele Klein- und Mittelbauern arbeiten ohne Angestellte, ohne Urlaub, praktisch rund um die Uhr, damit zumindest die Kosten gedeckt sind. Selbst die Umstellung auf Selbstvermarktung, ist kein dauerhafter Ausweg aus der Misere. Die Zahl der Klein- und Mittelbauern, die ihre Höfe aufgeben, sind erschreckend: Von über 1,6 Millionen Höfen nach dem II. Weltkrieg (1949) sind heute nur noch etwas über 260.000²  übrig. Allein in den 18 Jahren nach der Jahrtausendwende sind 200.000 Betriebe vernichtet worden.

Internationalistisches Bündnis gründet Agrarplattform

Diese Entwicklung reißt jedes Jahr mehr Klein- und Mittelbauern in den Ruin, während Großagrarier mit gigantischen fabrikartigen Ställen die natürlichen Lebensgrundlagen zerstören. Eine Entwicklung, der sich das Internationalistische Bündnis, in dem auch die MLPD mitarbeitet, entgegenstellen will. Aus diesem Grund hat es vor kurzem eine Agrarplatform gegründet (siehe Rote Fahne News).

 

Gerade die Klein- und Mittelbauern sind nicht mehr bereit diese Situation hinzunehmen. Die Demonstration „Der Agrarindustrie den Geldhahn zudrehen“ der Aktion „Wir haben Agrarindustrie satt...“, die am 19. Januar in Berlin stattfindet, spiegelt das wider. Ihre Anliegen begrenzen sich nicht auf wichtige Forderungen für Klein- und Mittelbauern; so wird zum Beispiel „Artgerechte Tierhaltung und weniger Fleischkonsum“ gefordert, aber auch die Position vertreten „Geflüchtete willkommen“.

Wie können berechtigte Forderungen der Klein- und Mittelbauern durchgesetzt werden?

Dennoch greift der Aufruf zu kurz. Arnold Blum, einer der Erstunterzeichner der Agrarplattform des Internationalistischen Bündnisses, sprach am letzten Sonntag auf der Lenin-Liebknecht-Luxemburg-Demo und begann damit: „Ihr wundert Euch vielleicht, warum ein Milchbauer auf der Kundgebung der MLPD spricht.“

 

Im weiteren machte er klar, dass die berechtigten Forderungen der Klein- und Mittelbauern nicht durch Appelle an die EU, sondern nur im Schulterschluss und im aktiven Widerstand mit der Arbeiter-, kämpferischen Volksbewegung und revolutionären Bewegung zu lösen sind. Und dieser Schulterschluss muss weltweit geschehen.

 

Es ist der Imperialismus, der nicht in der Lage ist, die Ernährungsfrage zu lösen. Und das, trotz der enorm gestiegenen Produktivität und Qualität in der Landwirtschaft, die noch viel mehr Menschen ernähren könnte. Obwohl alle materiellen Voraussetzungen dafür gegeben sind, wächst heute der Hunger wieder.

Der Sozialismus wird die Ernährungsfrage lösen

Stefan Engel, langjähriger Parteivorsitzender der MLPD schreibt dazu einem seinem Buch: "Katastrophenalarm!": "Entsprechend dem doppelten Produktionsbegriff muss sozialistische Planung beide Seiten umfassen: die Produktion und Reproduktion von Lebensmitteln und die Produktion und Reproduktion des menschlichen Lebens selbst. Beides kann im Interesse einer Gesellschaft natur- und selbstbewusster Menschen nur Produktion und Reproduktion in dialektischer Einheit von Mensch und Natur sein ..."³

 

Weiter schreibt er: "Mit der Entwicklung der internationalisierten Produktivkräfte, mit den gewaltigen Fortschritten in Naturwissenschaft und Technik sind die materiellen Grundlagen zur Lösung der Umweltfrage ausgereift. Die Menschheit kann heute weitgehend vermeiden, dass ihre Produktions- und Lebensweise unvorhergesehene Wirkungen hervorruft ...

 

In den vereinigten sozialistischen Staaten der Welt wird erstmals eine gesamtgesellschaftliche Planung möglich, die international zum gegenseitigen Nutzen koordiniert ist, sowie eine Produktions- und Lebensweise, die die Einheit von Mensch und Natur unaufhörlich weiterentwickelt ... Im Sozialismus arbeitet die Landwirtschaft ökologisch und multifunktional: Sie wird nicht nur Rohstoffe produzieren für Lebensmittel, Industrie und Energieerzeugung, sondern ebenso Landschaftspflege und Tierschutz, Wasser- und Hochwasserschutz betreiben.

 

Sozialistische Landwirtschaft muss sich als Teil eines weltweiten Systems der Produktion und Reproduktion der Naturstoffe verstehen, das besonders für den Kohlenstoffkreislauf verantwortlich ist. Sie nutzt die Vorteile der Bewirtschaftung großflächiger Äcker, vermeidet aber Monokulturen und Massentierhaltung.

 

Dann lassen sich hochwertige Lebensmittel in ausreichender Menge und Vielfalt erzeugen und gleichzeitig die Umwelt schützen. Der Widerspruch zwischen Stadt und Land kann nur langfristig, Schritt für Schritt aufgehoben werden; dazu ist eine gesamtgesellschaftliche, vorausschauende Städte- und Landwirtschaftsplanung erforderlich."⁴

In ihrem Programm fordert die MLPD unter anderem

• Durchsetzung umweltschonender Anbaumethoden und artgerechte Tierhaltung in der Landwirtschaft gegen Großagrarier und Agrarkapitalisten!

• Aktiver Tierschutz! Kampf um den Erhalt der Artenvielfalt!

 

Denn wie alle Bereiche der Produktion ist auch die Agrarproduktion dem Diktat der Monopole des internationalen Finanzkapitals unterworfen. Diese Einsicht kommt auch indirekt im Symposium des Bunds Deutscher Milchviehhalter dieses Jahr zum Ausdruck, der bewusst keine Vertreter der bürgerlichen Parteien einlud. „Dairy⁵ together – global vernetzt für eine Milchviehhaltung mit Zukunft“ ist das Motto, das eine neue internationalistische Richtung andeutet.

 

Eine Vernetzung bedeutet allerdings noch keinen aktiven Widerstand, deshalb kommt die Agrarplattform des Internationalistischen Bündnis zum Schluss: Wir unterstützen eine Weltbauernkonferenz zur Schaffung einer weltweiten Gegenkraft!

Agrarplattform des Internationalistischen Bündnisses auf Demonstration am 19. Januar in Berlin kennenlernen

Bei der Demonstration „Der Agrarindustrie den Geldhahn zudrehen“ der Aktion „Wir haben Agrarindustrie satt...“, die am 19. Januar, 12 Uhr, ab dem Brandenburger Tor in Berlin stattfindet, kann man die MLPD und die Agrarplattform des Internationalistischen Bündnis kennenlernen, sie unterstützen und beitreten.

 

Außerdem wird die revolutionäre Weltorganisation Internationale Koordinierung revolutionärer Parteien und Organisationen (ICOR) in diesem Jahr zu einer Weltbauernkonferenz einladen, die für den Oktober in Bangladesch geplant ist. Alle ICOR-Parteien wollen dafür Verantwortung für die teilnehmenden Delegationen übernehmen. Insbesondere bei der Anreise. Bei einer ersten Konferenz 2016 scheiterte die Teilnahme einer Reihe von Delegationen an den Finanzen. Jeder und jede, der und die diesen Kampf führen und unterstützen wollen, sind hierzu herzlich willkommen.

 

Das Buch "Wirtschaftsentwicklung und Klassenkampf" (Zwei Bände) von Willi Dickhut kann hier gekauft werden!

 

Das Buch "Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?" von Stefan Engel kann hier gekauft werden!