Luftverschmutzung
Debatte um Grenzwerte soll erwachendes Umweltbewusstsein zersetzen
Luftverschmutzung tötet nach einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieben Millionen Menschen pro Jahr, 600.000 von ihnen sind Kinder unter 15 Jahren.
„Luftverschmutzung ist eine globale Gesundheitskrise“, die mehr Menschen tötet als Malaria, Tuberkulose und HIV/Aids zusammen, warnt die WHO. Nach einem „Report zur Luftqualität in Europa 2018“ der Europäischen Umweltagentur (EEA) ist Luftverschmutzung der Hauptgrund für vorzeitige Todesfälle in 41 europäischen Ländern.
Ursachen sind Feinstaub, bodennahes Ozon, Stickoxide (NOx) und krebserregende Stoffe. Sie verursachen oder verschlimmern Atembeschwerden, Herz-Kreislauferkrankungen, Krebs oder neurologische Erkrankungen. Diese entstehen hauptsächlich in vielen Verbrennungsprozessen, wie zum Beispiel im Verkehr in Verbrennungsmotoren.
Entfachte Medienkampagne um Grenzwerte
Das ehemalige Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie1 (DPG), Professor Dieter Köhler, hatte eine Stellungnahme an die 3.800 Mitglieder der Gesellschaft verschickt, mit der Aufforderung, sie zu unterstützen. In Verbindung mit ihrer Veröffentlichung in dieser Woche wurde eine breite Kampagne über die Medien inszeniert, dass die Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxide „unsinnig“ und „wissenschaftlich nicht haltbar“ sind.
In trauter Eintracht mit dem Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe fordern ca. 115 Unterzeichner der DPG-Stellungnahme (zirka 3 Prozent der Lungenfachärzte) die Aussetzung der geltenden Grenzwerte für Stickoxide (NOx) und Feinstaub, was der bisherigen Haltung der DPG und ihres Vorstandes eindeutig widerspricht. Die Behauptungen widersprechen auch allen wissenschaftlichen Analysen der Weltgesundheitsorganisation und des Bundesumweltministeriums.
Bezeichnenderweise gehören zu den vier Autoren des Briefes auch der Leiter des Instituts für Kolbenmaschinen, Dr. Thomas Koch, der zehn Jahre bei Daimler in der Motorenentwicklung arbeitete und Prof. Matthias Klingner vom Fraunhofer-Institut für Verkehrs- und Infrastruktursysteme in Dresden
Platte und sinnentstellende Argumentation
Sie behaupten, dass es Studien bei Asthmatikern gäbe, die einer höheren Konzentration NOx ausgesetzt worden wären und denen nichts Schlimmes passiert sei. Hier wird jedoch eine kurzfristige Spitzenbelastung mit den gesetzlich geregelten ganzjährigen Dauerbelastungen von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft „verwechselt“, wie sie an verkehrsreichen Straßen rund um die Uhr und 365 Tage lang auftritt.
Weiterhin wird unterschlagen, dass es sich bei Autoabgasen um eine komplexe und gefährliche Schadstoffmischung aus 25 Einzelsubstanzen handelt, die in ihrer Gesamtheit die Gesundheit gefährden. Dazu Dr. med. Günther Bittel aus Duisburg gegenüber Rote Fahne News: „Wenn in Tunnels die Ventilation ausfällt bzw. wenn man als Radfahrer mehrere Minuten direkt hinter einem Lkw-Auspuff fährt und die Abgase direkt einatmet, können sehr wohl bedenkliche und gefährliche gesundheitliche Situationen auftreten.
Die Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxide wurden von der Weltgesundheitsorganisation WHO in den 1990-er Jahren auf Grund von umweltmedizinischen wissenschaftlichen Studien festgelegt und weisen eindeutig nach, dass Menschen, die dauerhaft erhöhten Schadstoffkonzentrationen an Stickoxiden und Feinstaub ausgeliefert sind, vermehrt an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Lungenerkrankungen, Krebs und neurologischen Erkrankungen leiden, und das ihre Lebenserwartung verkürzt wird. Das wurde auch durch Hunderte weitere Studien in der Zwischenzeit erhärtet. Keine einzige Studie konnte dies bisher entkräften.“
Verbrennungsmotoren gehören abgeschafft
Laut Prof. Dr. Barbara Hofmann, Umweltepidemiologie am Universitätsklinikum und an der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf ist NOx ein guter Indikator („Anzeiger“), der mit den anderen Schadstoffen gut korreliert. Sprich: Wo viel Stickoxid ist, sind auch viele andere Giftstoffe! Prof. Hoffmann vertritt wie viele Experten aufgrund neuerer Studien die Meinung, dass die bisherigen Grenzwerte sogar eher zu hoch sind.
Auch der Verweis auf andere Quellen von NOx oder Feinstaub wie Gaskocher oder Kerzen ist kein Argument dafür, den Giftausstoß aus Verbrennungsmotoren nicht zu reduzieren. Verbrennungsmotoren gehören überhaupt dauerhaft abgeschafft. An ihrer Stelle müssen umweltfreundliche, bürgerfreundliche Verkehrssysteme mit Antrieben aus regenerativen Energien gebaut werden.
Ganz ausgeblendet wird in der Debatte die Auswirkung der fossilen Verbrennungsmotoren auf den beschleunigten Übergang in die globale Klimakatastrophe und die Schädigung von Pflanzen durch NOx.
Erwachendes Umweltbewusstsein auf breiter Front
Die immer offensichtlicher werdenden Folgen der Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur, aber auch die Arbeit der MLPD führten zu einem erwachenden Umweltbewusstsein auf breiter Front. Die MLPD trug mit ihren Betriebs- und Umweltgruppen dazu bei, aufzudecken, wie die Automonopole mit Hilfe des Staates Milliardenprofite durch höchst kriminelle Machenschaften einstreichen und die Gesundheit von Milliarden Menschen gefährden.
Die unverschämte Kumpanei der Regierung mit den Automobilkonzernen löste bei den Massen überwiegend Empörung und Abscheu aus, trug zum Absturz der GroKo-Parteien bei Wahlen und Umfragen bei und vertieft die Destabilisierung der herrschenden Verhältnisse.
Warum jetzt diese Debatte?
Die Grenzwerte existieren seit vielen Jahren und keiner dieser „Experten“ hat sich bisher zu Wort gemeldet. Erst jetzt, wo die Massen endlich Konsequenzen fordern. Mit dieser geführten Debatte soll die Stimmung erzeugt werden, dass „doch wohl alles übertrieben“ sei. Damit sollen die Interessen der Autokonzerne durchgesetzt werden und der Ärger der Bevölkerung über Fahrverbote auf die Umweltschützer und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) umgelenkt werden.
Kein Wunder, wenn Verkehrsminister Andreas Scheuer, FDP und AfD die Debatte begrüßen. Diese ideologische Offensive ist Teil der Rechtsentwicklung der Regierung und bürgerlichen Parteien. Schon fordert die CDU/CSU die Aberkennung der Gemeinnützigkeit der DUH. SPD und Grüne verteidigen scheinheilig die bisherigen Grenzwerte, um ihre Wählerinnen, Wähler und Anhänger nicht weiter zu verprellen.
Perspektiven zur Rettung der Umwelt
Die MLPD nutzt die Debatte, um die Umweltverbrecher zu bekämpfen. Sie wirbt für ihre Forderungen zur Nachrüstung der Dieselfahrzeuge auf Kosten der Autokonzerne, ein umweltfreundliches und entgeltfreies öffentliches Nahverkehrssystem und vor allem eine sozialistische Gesellschaft, in der der Verkehr in Einheit mit der Natur und der Gesundheit der Menschen organisiert wird.
Das "Sofortprogramm" zur Rettung vor der globalen Umweltkatastrophe, das im Buch "Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?‘ von Stefan Engel aufgestellt wird, ist anders als die Köhler-Stellungnahme wissenschaftlich fundiert und im Interesse der Menschheit dringend geboten.
Für die notwendige Strategiedebatte und den gemeinsamen Kampf sind alle Umweltkämpferinnen und Umweltkämpfer herzlich willkommen. Nur organisiert lässt sich etwas bewegen und nur mit der Perspektive des echten Sozialismus kann es gelingen, den Übergang in eine weltweite Umweltkatastrophe zu stoppen.