Auftakt

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Tarifrunde im öffentlichen Dienst der Länder: "Jetzt geht es los!"

„Was wollen wir mindestens? 200 Euro, 200 Euro, 200 Euro. Was wollen die Azubis? 100 Euro mindestens!“ Das riefen mehrere hundert Demonstrantinnen und Demonstranten zum heutigen Auftakt der Tarifrunde im öffentlichen Dienst der Länder in Berlin.

Von Landesleitung Thüringen der MLPD / ms
Tarifrunde im öffentlichen Dienst der Länder: "Jetzt geht es los!"
Mehrere Hundert Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter demonstrierten heute in Berlin zum Auftakt der Tarifrunde (foto: Kay Herschelmann/ver.di)

Die Gewerkschaft ver.di fordert für die mehr als eine Million Arbeiter und Angestellten in diesem Bereich (ausgenommen Hessen) 6 Prozent höhere Tarifentgelte, mindestens aber 200 Euro mehr – und für Auszubildende 100 Euro mehr. Die Entgelte für Pflegeberufe sollen sogar um 300 Euro angehoben werden.

 

Die Laufzeit des Tarifvertrags soll zwölf Monate betragen. Für Auszubildende fordert ver.di zudem, dass eine bereits früher geltende Vorschrift zur Übernahme nach der Ausbildung in den jeweiligen Betrieben wieder in Kraft gesetzt werden soll.

Demonstrierende Kolleginnen und Kollegen in Berlin (foto: Kay Herschelmann/ver.di)
Demonstrierende Kolleginnen und Kollegen in Berlin (foto: Kay Herschelmann/ver.di)

In Kürze

  • Die Tarifrunde im öffentlichen Dienst der Länder beginnt heute
  • Unter anderem geht es um deutlich höhere Löhne im Pflegebereich
  • MLPD fördert die volle Entfaltung der gewerkschaftlichen Kampfkraft und die Verbindung mit der sozialistischen Perspektive

 

Der öffentliche Dienst der Länder umfasst die Beschäftigten in den Landesverwaltungen, in Unikliniken und Straßenmeistereien, im Küstenschutz, im Sozial- und Erziehungsdienst, bei Gerichten, im Justizvollzugsdienst und in der Pflege.

 

ver.di ist bei den Tarifverhandlungen Verhandlungsführerin zusammen mit den DGB-Gewerkschaften GdP, GEW und IG BAU und kooperiert in einer Tarifgemeinschaft mit dem "dbb beamtenbund und tarifunion".

Jammern auf "hohem Niveau"

Der Verhandlungsführer für die Bundesländer, der Berliner Finanzsenator Matthias Kollatz, beklagte die aufgestellten Forderungen wie zu erwarten als "zu hoch". Schließlich biete der öffentliche Dienst doch andere „Vorteile, wie Teilzeit für Frauen“. Gerade die langjährige Teilzeitarbeit ist jedoch für Frauen ein Armutsrisiko und führt später zu niedrigeren Renten. Alleinerziehende Frauen in Teilzeit müssen oft noch Leistungen nach ALG II beantragen.

 

Die ver.di-Führung argumentiert umgekehrt damit, dass die Steuereinnahmen sprudeln und die Bundesländer in den letzten Jahren Überschüsse in zweistelliger Milliardenhöhe erzielten.

Beschäftigte müssen eigene Rechnung aufmachen

Die Beschäftigten und ihre Familien können ihre Forderungen jedoch nicht von der aktuellen Haushaltslage in Bund, Ländern oder Kommunen abhängig machen. Sie müssen ihre eigene Rechnung aufmachen und da ist eine Lohnerhöhung um 6 Prozent, mindestens 200 Euro, dringend erforderlich.

 

In den Großstädten und Ballungsräumen finden Familien heute kaum noch bezahlbaren Wohnraum. Zu den steigenden Grundmieten kommt mit den Nebenkosten heute noch eine "zweite Miete", die gerade wegen der Energiekosten enorm gestiegen ist.

Pflegekräfte miserabel bezahlt

Die Forderung nach Erhöhung der Pflegegehälter um mindestens 300 Euro ist die richtige Antwort auf die besonders miserable Bezahlung der meisten Beschäftigten in diesem Bereich. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat zwar versprochen, Tausende neue Stellen für Pflegekräfte zu schaffen. Das ist aber angesichts des realen Personalmangels nur ein Tropfen auf den heißen Stein. 

 

Vor allem ändert dies allein noch nichts an den viel zu niedrigen Löhnen und Gehältern für die anstrengende Tätigkeit in diesem Bereich. Kaum ein Beschäftigter kann diesen Job über mehrere Jahrzehnte bis zur Rente durchhalten. Bei den Niedriggehältern ist darüberhinaus Altersarmut vorprogrammiert.

Hoher Anteil befristeter Stellen sehr belastend

Ein großes Problem für die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst ist auch der große Anteil befristeter Stellen. Ein bei ver.di organisierter Angestellter der Uni Jena berichtet, dass diese Situation sehr belastend für die meist jüngeren Menschen ist.

 

Über viele Jahre müssen sie dort mit Zeitarbeitsverträgen und Befristungen bis zu sechs Jahren und damit einer unsicheren Lebenssituation klarkommen. Ein dringendes Anliegen der Beschäftigten ist deshalb auch die Forderung nach Entfristung solcher Arbeitsverträge.

Spaltung in Ost und West überwinden

Die Gehaltstabellen in Ost und West wurden in den letzten Jahren im öffentlichen Dienst zwar angeglichen. Im Osten müssen dafür jedoch immer noch 4O Stunden pro Wochen gearbeitet werden, während die tarifliche Arbeitszeit in Westdeutschland zwischen 38,42 und 39,50 Wochenstunden beträgt.

 

Dass es möglich ist, einheitliche Arbeitsbedingungen in Ost und West durchzusetzen, haben erst kürzlich die Beschäftigten der Geldtransport-Branche bewiesen. Mit dreitägigen Warnstreiks haben sie gemeinsam mit ihrer Gewerkschaft ver.di Anfang Januar die Angleichung der Löhne und Gehälter bis in zwei Jahren erreicht. Ein ermutigendes Beispiel auch für alle anderen Bereiche, in denen noch unterschiedliche Löhne und Arbeitszeiten bestehen.

 

2018 beteiligten sich bereits über drei Millionen Menschen an verschiedenen gewerkschaftlichen Kämpfen. Das zeigt ein auf breiter Front erwachendes gewerkschaftliches Bewusstsein. Die Tarifauseinandersetzungen 2019 können daran anknüpfen. In diesem Sinne steht jetzt die schrittweise Entfaltung der vollen gewerkschaftlichen Kampfkraft zur Durchsetzung der beschlossenen Forderungen an. 

MLPD-Betriebsgruppen stärken

Die MLPD setzt sich mit ihren Betriebsgruppen - unter anderem in den Landeskliniken und im Erziehungsbereich - aktiv dafür ein und fördert dazu die gewerkschaftliche Organisierung. Vor allem aber auch die gemeinsame Vorbereitung, Durchführung und Höherentwicklung gewerkschaftlicher Kämpfe als eine Schule des Klassenkampfs für die revolutionäre Überwindung des ganzen kapitalistischen Lohnsystems.

 

"Statt sich immer wieder mit dem Zurücknehmen des Erkämpften, mit der Massenarbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung, ja überhaupt mit der zunehmenden Ausbeutung und Unterdrückung abzufinden, gilt es mit uns Marxisten-Leninisten, für die revolutionäre Überwindung des Kapitalismus und für den echten Sozialismus einzutreten", heißt es dazu auf der Homepage der MLPD ("Vor 40 Jahren: Forderung nach der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich").

Weitergehende Ziele stecken

Deshalb verbindet die MLPD die aktuellen Tarifrunden auch mit der Diskussion um die heute notwendige Forderung nach der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Sie gibt eine Antwort auf wachsende Ausbeutung und Arbeitplatzvernichtung und ist ein Beitrag dazu, dass die sprunghaft steigende Arbeitsproduktivität auch den Arbeitern und Angestellten zugute kommt.

 

Wer sich nicht damit abfinden will, angesichts steigender Preise und sinkender Reallöhne jedes Jahr aufs Neue für höhere Löhne und Gehälter zu kämpfen, wer der immer weiter auseinanderklaffenden "Schere zwischen Arm und Reich" als Ausdruck wachsender Klassengegensätze den Kampf ansagen und für die Abschaffung der Klassengesellschaft im Sozialismus/Kommunismus eintreten will - der ist bei der MLPD genau richtig!