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Bewusstsein wächst: Wir brauchen eine neue Friedensbewegung!

Nach Veranstalterangaben waren es 6500 Menschen, die am gestrigen Samstag, dem 16. Februar 2019, in München bei strahlendem Vorfrühlingswetter ihren Protest gegen die sogenannte Sicherheitskonferenz auf die Straße trugen – deutlich mehr als letztes Jahr, auch mehr Jugendliche.

Von hi
Bewusstsein wächst: Wir brauchen eine neue Friedensbewegung!
Kämpferischer internationalistischer Block auf der Demonstration am 16. Februar 2019 gegen die "SiKo" (rf-foto)

Bedeutendes imperialistisches Strategietreffen

Bereits zum 55. Mal fand vom 15. Februar bis zum heutigen 17. Februar 2019 die sogenannte Münchner Sicherheitskonferenz statt. Dafür, dass diese Zusammenkunft keine offizielle staatliche, sondern eine "privat organisierte" Veranstaltung ist, tritt der Staat ganz schön martialisch auf. 4.500 Polizisten und Bundeswehrangehörige wurden für die Sicherheit der ca. 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufgeboten. Unter den Teilnehmern: 30 Staatschefs und 80 Minister und Staatssekretäre. In der von zwei Supermächten geprägten bipolaren Welt von 1963 hieß diese Zusammenkunft noch "Wehrkundetagung" und hatte 60 Teilnehmer. Seit 1999 wuchs die Konferenz beständig - neue imperialistische Länder betraten die Weltbühne und beanspruchen ihren Platz in dem Münchner Strategietreffen. So sind neben den USA, Japan, Deutschland, Frankreich und anderen europäischen Ländern Russland, der Iran, die Türkei, Saudi Arabien, Israel und weitere neuimperialistische Länder vertreten. Keine wichtige Veränderung im imperialistischen Herrschaftsgefüge, die hier nicht Thema war, und im Geist des imperialistischen Pazifismus als Beitrag zur Sicherheit der Menschheit angepriesen wurde.

Zusammenkunft sucht nach rotem Faden

In den letzten Jahren und besonders heuer findet das Treffen im Zeichen der wachsenden zwischenimperialistischen Widersprüche und der allgemeinen Tendenz der imperialistischen Kriegsvorbereitung statt. Von einem gemeinsamen Krisenmanagement ist kaum mehr die Rede; man suche verzweifelt nach einem "roten Faden, das Chaos der Welt zu sortieren" (Süddeutsche Zeitung). Die Reden der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und des amerikanischen Vizepräsidenten Mike Pence gerieten zum offenen Schlagabtausch zwischen den NATO-Partnern, u. a. über das Projekt der Gas-Pipeline Northstream 2, das vom US-Imperialismus entschieden abgelehnt wird. Die USA verlangen kategorisch, dass die Europäer sich aus dem Atom-Abkommen mit Iran zurückziehen und aufhören, die US-Sanktionen und ihr aggressives Vorgehen gegen Teheran zu unterlaufen. Damit sind Deutschland, Frankreich und England und ihre Zweckgesellschaft zur Abwicklung des Zahlungsverkehr der Iran-Geschäfte gemeint.

 

Wolfgang Ischinger, ehemaliger Diplomat und Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, bringt den Kurs zu einer "Weltmacht Europa" auf den Punkt: "Ich denke, unser Zukunftshoffnung ... muss es sein, aus der Europäischen Union, da handelt es sich um die größte Wirtschaftsmacht der Welt ..., einen respektierteren, handlungsfähigeren globalen Akteur zu machen, der sich Respekt verschaffen kann in Moskau, in Peking, in Washington und anderswo." Hierzu schließen er und Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen auch eine atomare Bewaffnung Deutschlands nicht aus - bisher ein Tabu. Über einen Zugriff auf die französischen Atomwaffen könnte dies vonstatten gehen. Die Bundeskanzlerin hat den Begriff "Multilateralismus" in ihr Merkelsches System eingebaut und hält diesen für "handelbar". Das täuscht nicht darüber hinweg: Die Widersprüche werden schärfer, Militarisierung und Hochrüstung nehmen immens zu, die Gefahr eines 3. Weltkriegs war nie größer als heute.

Solidarität mit dem kurdischen Freiheitskampf (rf-foto)
Solidarität mit dem kurdischen Freiheitskampf (rf-foto)

In Kürze

  • "Siko" offenbart Verschärfung zwischenimperialistischer Widersprüche
  • Zahl der Demo-Teilnehmer gewachsen, kämpferischer internationalistischer Block
  • Bewusstseinsbildung über Ursachen imperialistischer Kriegsgefahr und notwendige Selbstveränderung der Friedensbewegung

EU hat viel vom Nimbus als angeblich friedliche Alternative eingebüßt

In der wachsenden Beteiligung an der Protestdemo gegen die "SiKo" drückt sich das gewachsene spontane Bewusstsein aus, gegen die imperialistischen Kriegstreiber aktiv zu werden. Gut war, dass in vielen Beiträgen unterschiedlicher Friedenskämpfer der Nimbus, die EU sei eine friedliebende Alternative zum US-Imperialismus, entlarvt wurde. Eine große Einheit unter den Demonstranten war auch die Ablehnung der ultrareaktionären Flüchtlingspolitik der Regierung. Die Veranstalter ließen sich die Solidarität mit dem kurdischen Befreiungskampf nicht verbieten und wandten sich entschlossen gegen die Polizeiauflage, dass keine Fahnen und Symbole der kurdischen Volksverteidgungseinheiten gezeigt werden dürfen.

Friedensbewegung muss sich gegen alle imperialistischen Kriegstreiber richten

Ein Kernproblem der Demo war immer noch, dass die Ursache der wachsenden  Kriegsgefahr nur in der Politik der NATO und der westlichen Imperialisten gesehen wird. Putin wurde zwar nicht mehr bejubelt, aber in den offiziellen Bündnisreden weitgehend ausgeklammert. Teilnehmer von MLPD und Rebell berichteten von ihren Gesprächen, dass viele Demo-Teilnehmer sich für die Analyse der MLPD interessieren, wonach die Herausbildung und Entwicklung einer Reihe neuimperialistischer Länder das bisherige Gefüge des imperialistischen Weltsystems dramatisch infrage stellt. Eine Bewegung, die sich nicht gegen alle imperialistischen Kriegstreiber richtet, muss zahn- und orientierungslos bleiben. Es findet ein intensives Ringen um diese Frage statt - auch darum, mit pazifistischen Losungen fertig zu werden ("Rüstung runter – Sozialausgaben rauf").

 

Claudia Haydt (Linkspartei), Vertreterin der Informationsstelle Militarisierung Tübingen, hielt einen sachkundigen Beitrag u.a. gegen die Militarisierung der EU. Sie stellte fest, dass zwei Dinge die Existenz der Menschheit in Frage stellen: Die Umweltzerstörung und die Gefahr eines Atomkriegs. Gleichzeitig appellierte sie an die Teilnehmer der Siko, den Jemenkrieg zu beenden. Das verbreitet Illusionen. Kriege verhindern oder beenden geht nur im Kampf gegen die Imperialisten, nicht mit Appellen an sie. Die „Aufstehen“- Bewegung des Wagenknecht-Flügels der Linkspartei konzentrierte gestern ihre Kräfte aus ganz Bayern auf die Münchner Demo. Eine Bereicherung war sie nicht. Mit Forderungen wie "Demokratie verwirklichen" und "Abrüstung jetzt" zieht man dem Imperialismus keine Zähne. Da hat ja Willi Brandt radikaler gesprochen.

Kämpferischer attraktiver Block, Beitrag zur Bewusstseinsbildung

Der lebendigste und kämpferischste Block war der von MLPD, REBELL und Internationalistischem Bündnis und weiteren revolutionären und fortschrittlichen Kräften. Vertreter des kurdischen Freiheitskampfs, der Flüchtlingssolidaritätsbewegung, von Migrantenorganisationen, der Seebrücke, der Frauen- und der Umweltbewegung waren dabei. Ebenso Parteifahnen, REBELL-Schilder und schöne Transparente, darunter von der MLPD: "Für Arbeit, Frieden, demokratische Rechte, Schutz der Umwelt - echten Sozialismus".

Um Kriege und Kriegsgefahr zu beseitigen, ist ein gesellschaftsverändernder Kampf zum Sturz des Imperialismus notwendig. Dafür ist die Stärkung der MLPD das Gebot der Stunde.

Emil Bauer

 

Und natürlich das offene Mikrofon, an dem zahlreiche Beiträge gehalten, Parolen gerufen und Lieder gesungen wurden. MLPD, Rotfüchse und Rebell, Frauen von Courage, kurdische Freunde und Kollegen beteiligten sich. Viele Beiträge befassten sich mit  Fragen der notwendigen Bewusstseinsbildung, um zu einer wirksamen Kraft gegen den Imperialismus zu werden. Die Rotfüchse begründeten am offenen Mikrofon, warum sie für den Schutz der Flüchtlinge und gegen die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen eintreten.

 

Was sind die Ursachen der wachsenden Kriegsgefahr, warum ist dafür die Herausbildung neuimperialistischer Länder eine Schlüsselfrage, was für eine Friedensbewegung brauchen wir. Es ist notwendig, die Alleinherrschaft des internationalen Finanzkapitals revolutionär zu überwinden. Um kommende revolutionäre Krisen nutzen zu können, das betonte eindringlich der Sprecher der Landesleitung Bayern der MLPD, Emil Bauer, müssen starke marxistisch-leninistische Parteien aufgebaut werden. In Deutschland ist die Stärkung der MLPD das Gebot der Stunde. An den souverän und sachkundig gehaltenen Beiträgen wurde deutlich, dass die Aktivitäten zu "100 Jahre Novemberrevolution – 50 Jahre Parteiaufbau der MLPD" auch eine gute Schulung für Genossen und Kollegen waren.

 

MLPD- und Rebell-Genossen führten 150 Gespräche. 131 Menschen haben für die Zulassung der MLPD zur Europawahl unterschrieben. 26 Exemplare des Parteiprogramms der MLPD, 14 Exemplare des Rote Fahne Magazins wurden vertrieben, Unterstützer für das Internationalistische Bündnis gewonnen. Einzelne interessieren sich für die Mitgliedschaft in der MLPD.