Imperialismus
Weitere Militarisierung von EU und NATO
Mit viel Pomp und Trara verabschiedeten die deutsche und die französische Regierung am 22. Januar 2019 in Aachen ihren Freundschaftsvertrag als „Vertiefung der Völkerfreundschaft“. Mancher rieb sich verwundert die Augen, dass die imperialistischen Kontrahenten plötzlich Friedenstöne anschlugen.
Hinter den Kulissen verhandelten die deutschen und französischen Imperialisten allerdings ganz anderes: verschleiert wird, ist, dass in einem geheimes Zusatzabkommen zu diesem deutsch-französischen Vertrag Absprachen über wirtschaftliche Zusammenarbeit vor allem in Sachen Aufrüstung und Rüstungsexporte getroffen wurden.
In Kürze
- Während die imperialistischen Regierungen Völkerfreundschaft vorspielen, treiben sie die allgemeine Tendenz der imperialistischen Kriegsvorbereitung weiter voran.
- Die EU-Imperialisten - vorne dran Deutschland und Frankreich - wollen mehr Unabhängigkeit von der NATO und damit den USA
- Ihren Europawahlkampf stellt die Internationalistische Liste / MLPD in den Dienst der Aufklärung über die imperialistischen Kriegstreiber und für echte Völkerfreundschaft
Rüstungsexportbeschränkung weitgehend abgeschafft
Sein Ziel ist, angesichts der tiefen Krise des imperialistischen Weltsystems, die Voraussetzungen Deutschlands und Frankreichs zu schaffen, sich im Konkurrenzkampf mit den anderen imperialistischen Ländern und gegenüber zunehmenden Protesten der Massen besser durchzusetzen (siehe Rote Fahne News). Der Aufbau von EU-Streitkräften wird darin bekräftigt. Der eigentliche Hammer ist die weitgehende Beseitigung von Rüstungsexportbeschränkungen in Drittländer bei gemeinsamen Rüstungsprojekte.
So ist jetzt festgelegt, dass eines der beiden Vertragsländer nur dann Bedenken gegen Rüstungsexporte in ein Drittland anmelden kann, wenn seine direkten Interessen oder die "nationale Sicherheit" gefährdet sind. Menschenrechte, Frieden, Völkerrecht oder ähnliches Brimborium sind als Grund für Bedenken dagegen nicht vorgesehen. So viel also zu "Völkerfreundschaft".
Zum Aachener Vertrag und seinem Zusatzabkommen schreibt Jürgen Wagner von der Informationsstelle Militarisierung (IMI): „Grundsätzlich will man künftig nicht mehr von der NATO (und damit den USA) abhängig sein, es gehe darum, auf die ‚Stärkung der Fähigkeit Europas hin[zuwirken], eigenständig zu handeln.‘ (Kap. 2, Art. 3) ... Vor allem mit Blick auf die drei in Planung befindlichen Großprojekte Eurodrohne, Kampfpanzer, Kampfflugzeug, deren Realisierungschancen ohne Exporte vergleichsweise gering sein dürften, wird ferner betont: ‚Beide Staaten werden bei gemeinsamen Projekten einen gemeinsamen Ansatz für Rüstungsexporte entwickeln.‘ (Kap. 2, Art. 4).“
Produktion und der Verkauf von Rüstungsgütern ist für den deutschen Imperialismus nicht nur nötig, um die eigene Machtposition gegenüber den imperialistischen und neuimperialistischen Konkurrenten zu halten, sondern hat auch zentrale ökonomische Bedeutung. Auf diese enorme Bedeutung des militärisch-industriellen Komplexes wies Willi Dickhut bereits 1978 hin: Das gesellschaftlich akkumulierte Kapital wird systematisch für die Erzielung und Sicherung von Höchstprofiten genutzt. "Die Monopole schaffen sich selber einen Markt, den sie durch ihren Staat regulieren," analysierte Willi Dickhut. "Da die Monopole die staatlichen Gelder als Vorschußgelder zur Verfügung haben, ergibt sich für sie ein geringeres Eigenrisiko: Sollten bei ökonomisch riskanten Projekten Schwierigkeiten auftreten oder Pleiten drohen, können sie diese auf den Staat abwälzen, um das Eigenkapital weitgehend zu retten. (...)
Höchst- und Superprofite werden dadurch erzielt, daß die Monopole dem Staat selber die Preise diktieren. Um dies zu verschleiern, gehen die Staatsorgane zunehmend dazu über, Rüstungsaufträge 'freihändig'zu vergeben, das heißt ohne vorherige Ausschreibung auf dem 'freien' Markt. Dies ist natürlich nur möglich auf der Grundlage einer engen Verzahnung und personellen Verflechtung von Staats-, Militär- und Industriemanagement, das mit dem Schleier der militärischen Geheimhaltung umgeben wird."¹
An Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen dachte damals noch niemand, trotzdem charakterisiert diese Analyse treffend die Hintergründe ihrer aktuellen "Berater-Affäre". Die Rüstungsexporte sind ein Instrument der Imperialisten, eine drohende Überproduktionskrise hinauszuzögern, weil künstliche Märkte geschaffen werden.
Innerhalb der imperialistischen Europäischen Union hat sich eine enge Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich als den führenden imperialistischen Staaten des Bündnisses herausgebildet. "Zwischen den führenden europäischen Imperialisten findet ein Kampf um die Vorherrschaft im militärische-industriellen Komplex statt."²
Großbritannien empört
Neidvoll blickt die britische Rüstungsindustrie auf den Aachener Zusatzvertrag und fordert ein ähnliches Abkommen. Die Aufhebung der Beschränkung von Rüstungsexporten in Drittländer ist es, was der britische Außenminister Jeremy Hunt – aktuell zu Staatsbesuch in Berlin - in dieser Woche in einem Brief an Außenminister Heiko Maas forderte. Die britische Rüstungsindustrie liefert Komponenten an deutsche Rüstungskonzerne und ist insofern von dem halbherzigen Exportstopp der Bundesregierung nach Saudi-Arabien betroffen.
Dabei sind diese Beschränkungen so löchrig, dass man einen Panzer darin versenken könnte. Trotz Exportbeschränkung erteilte die Bundesregierung im Jahr 2018 Exportgenehmigungen im Wert von 416 Millionen Euro an Saudi-Arabien. "Im Endeffekt ist der Ausfuhrstopp mehr Schein als Sein: er ist rechtlich nicht bindend", sagt Jacqueline Andres, die Expertin von IMI.
Alle drei Regierungen stehen unter nicht unerheblichen Druck ihrer eigenen Bevölkerung. Das ist sicher ein wesentlicher Grund, warum solche Absprachen und Verträge in der Regel hinter verschlossenen Türen laufen. Präsident Emmanuel Macron sieht sich gezwungen, zu Bürgergesprächen im Land herumzureisen, um die "Gelbwesten"-Proteste mit Zugeständnissen zu beruhigen. Über seine geheimen Rüstungsabkommen hat er dabei nicht informiert. Aus gutem Grund!
Rebellion gegen die imperialistische EU ist gerechtfertigt - Der Kampf gegen die Militarisierung und für echte Völkerfreundschaft sind wesentliche Inhalte der Kandidatur von Internationalistischem Bündnis / MLPD zur Europawahl.