Fastnacht / Karneval
Ausgelassene Feiern mit pointierter Kritik an den Herrschenden
Regen und Sturm können sie nicht stoppen – die Närrinnen und Narren in den großen Hochburgen des Straßenkarnevals. Ausgelassen wurde und wird trotzdem überall gefeiert.
In Köln werden dieses Jahr eine Million Zuschauer erwartet, viele Hunderttausende in anderen Städten. Und dabei bekommen die Herrschenden ihr Fett weg.
Der Ritt auf dem toten Gaul
Die Mainzer Karnevalisten haben ein wunderbares Symbol für die Bundesregierung gefunden. Auf einem Mottowagen reitet Bundeskanzlerin Angela Merkel den toten Gaul ihrer Großen Koalition. Sie hält dabei die Möhre AKK (Annegret Kramp-Karrenbauer) dem Pferd vor, um es wieder flottzumachen. Kein guter Plan.
Annegret Kramp-Karrenbauer, die an Karneval gerne als "Putzfrau Gretel" in die Bütt geht, versuchte dieses Mal mit einem peinlich-sexistischen Witzchen über intersexuelle Menschen ihr Ansehen aufzupolieren.
Unmut über die Herrschenden wächst
Die große politische Palette war schon in den letzten Jahren zu beobachten, aber es verdichtet sich, wie Ansehen und Glaubwürdigkeit der Regierungen, Politiker oder Institutionen wie der Kirche mehr und mehr den Rhein hinuntertreiben.
Andrea Nahles, die angeschlagene SPD-Vorsitzende, wurde im letzten Jahr im Düsseldorfer Zug mit ihrem Spruch "Auf die Fresse" noch als Boxerin gezeigt. Im diesjährigen Mainzer Zug wird das neu interpretiert. Hier fällt eine Andrea Nahles aus viel zu großen SPD-Schuhen selbst herb auf die Fresse. Ihr eigentliches Problem sind aber nicht zu große Schuhe, sondern der immer weiter auseinanderklaffende Widerspruch zwischen dem Anspruch der SPD und ihrem Handeln als Monopolpartei.
US-Präsident Donald Trump, der Welt bekanntester Leugner einer sich anbahnenden Weltklimakatastrophe, wird im Mainzer Zug als Rindvieh dargestellt, das mit seinem Furz die Welt verpestet.
Missbrauchsskandal der Kirche im Visier
"Lasset die Kindlein zu mir kommen", trägt ebenfalls im Mainzer Zug ein Geistlicher als Motto auf seinem Aktenköfferchen. Dieser biblische Spruch erhält mit den Skandalen um sexuelle Gewalt in der katholischen Kirche eine völlig neue Bedeutung.
Bissig wie gewohnt geht es auch im Düsseldorfer Rosenmontagszug zu. Der berühmte Wagenbauer und Künstler Jaques Tilly nahm ebenfalls die katholische Kirche aufs Korn, die selig in der Hängematte schlummernd "schonungslos" an der "Aufarbeitung der 'Missbrauchs'fälle" arbeitet. Auf einem anderen Motivwagen deckte Schutzengel Donald Trump den saudi-arabischen Mörder-Prinzen Salman. Zu sehen waren Trump und Putin als Marionetten an den Händen des Atomtods, während sie einen neuen Weltbrand heraufbeschwören.
Umweltfrage überall thematisiert
Die schwedische Schülerin Greta Thunberg hält die "ältere Generation" bei den Ohren und fordert "Tut endlich was gegen die Klimakatastrophe". Zu begrüßen ist diese Solidaritätserklärung mit der Schülerbewegung #fridaysforfuture. Aber die generelle Schuldzuweisung an die "ältere Generation" ist falsch. Gibt es doch genauso jüngere und ältere Umweltaktivisten wie es jüngere und ältere profitgetriebene Umweltzerstörer gibt.
Überall thematisiert: die Umwelt. In Köln schwimmt ein großer Nemo (der "Hauptdarsteller" des Zeichentrickfilms "Findet Nemo!") sichtlich geschockt über einem vermüllten Meeresgrund. Thema in Köln auch: das marode belgische Atomkraftwerk in Tihange, nicht weit vom Niederrhein entfernt.
Straßenkarneval und Veedelszöch - international
Hunderttausende nahmen am gestrigen Tulpensonntag an den Schull- und Veedelszöch in Köln teil, die mit 7000 Aktiven durch die Innenstadt zogen. Bewusst vielsprachig und international setzten die vielen beteiligten Schülergruppen ein bewusstes Zeichen gegen Rechtsentwicklung und Rassismus.
Im Düsseldorfer Straßenkarneval Kö-Treiben mit vielen selbstgestalteten Mottowägelchen kam unter anderem Trumps Frauenfeindlichkeit unter die Räder. Passend dazu wurde gleich auch für den Internationalen Frauentag am 8.März mobilisiert. Andere Themen waren z.B. die Wohnungsqualität und die Wohnungsnot
In Gelsenkirchen zog zu Redaktionsschluss noch der närrische Lindwurm durch den Stadteil Erle. Wie in den Jahren zuvor beteiligte sich eine Fußgruppe des überparteilichen Kommunalwahlbündnisses AUF Gelsenkirchen. Diesmal machten sie – durchaus treffend – als wandelnde Ölpelletts auf den Umweltskandal in der „Stadt der Tausend Feuer“ aufmerksam.
In vielen Städten gestern schon aktiv dabei: die ROTFÜCHSE und der Jugendverband REBELL. Denn bei allem Spott über die Herrschenden: die Zukunft gehört nicht ihnen! Bis morgen wird in den Karnevals- und Faschingshochburgen noch kräftig weitergefeiert. Rote Fahne News wünscht allen Karnevalistinnen und Karnevalisten Helau und Alaaf!