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Verhandlungsergebnis in der Stahltarifrunde: ein fauler Kompromiss!

Am Sonntag früh wurde ein Verhandlungsergebnis in der laufenden Stahltarifrunde bekannt.

Korrespondenz
Verhandlungsergebnis in der Stahltarifrunde: ein fauler Kompromiss!
Warnstreikende Stahlarbeiter dieser Tage in Duisburg (rf-foto)

Dieses sieht vor:

• 3,7 Prozent mehr Lohn und Gehalt ab dem 1.3.2019 und 100 Euro Einmalzahlung für die Monate Januar und Februar

• 1.000 Euro Urlaubsgeld tarifdynamisch jährlich ab Juli 2020; eine Umwandlung in bis zu fünf freien Tage ist möglich, allerdings gestaffelt (siehe unten)

• Auszubildende erhalten zwischen 88 und 188 Euro (je nach Lehrjahr) in zwei Stufen

• Die Tarifverträge Altersteilzeit, Beschäftigungssicherung und Einsatz von Werkverträgen werden verlängert

• Laufzeit: bis zum 28.2.2021 – also 26 Monate!


Dieses Verhandlungsergebnis ist ein Versuch, des Stahl-Unternehmerverbands, der gestiegenen Kampfbereitschaft der Stahlarbeiter einen Riegel vorzuschieben. Zu kritisieren ist, dass die IG-Metall-Bezirksleitung NRW dem zugestimmt hat.

Stimmung für unbefristeten Streik wuchs

Die Forderung nach 24-Stunden-Streik und unbefristetem Streik zur Durchsetzung der Forderungen war am vergangenen Montag bei den Warnstreiks nicht mehr zu überhören. Die Stimmung „Gewarnt ist genug – jetzt muss gestreikt werden“, wie sie Rote Fahne News am Dienstag zusammenfasste, war weit verbreitet.


Die berechtigten Forderungen der Kolleginnen und Kollegen werden nicht erfüllt, insbesondere der Wunsch nach kürzerer Arbeitszeit wird mit diesem Ergebnis nicht eingelöst.

Teilzugeständnisse enthalten ...

3,7 Prozent auf 26 Monate sind gerade mal 1,7 Prozent jährliche Lohnerhöhung. Das Urlaubsgeld ist ein Zugeständnis der Stahlkapitalisten an die Kampfbereitschaft der Stahlarbeiter, wird aber letztlich mit dem Ausfall der nächsten Lohnerhöhung erkauft.

 

Maximal 20 Prozent der Belegschaft können das Urlaubsgeld in fünf freie Tage tauschen. Je höher der Anteil von Kolleginnen und Kollegen ist, die freie Tage wollen, umso niedriger wird die Anzahl freier Tage, die sie erhalten können. Tarifangestellte ab Lohngruppe K/T5 oder M4 erhalten von vorneherein nur vier freie Tage.


Für die Auszubildenden konnte eine überproportionale Erhöhung (9 bis 18 Prozent ab dem zweiten Lehrjahr) und damit die Angleichung an die Ausbildungsvergütungen bei Metall und Elektro erreicht werden.

... aber fauler Kompromiss

Das Verhandlungsergebnis ist ein fauler Kompromiss, weil die gewerkschaftliche Kampfkraft bei weitem nicht ausgeschöpft wurde. Die Belegschaften waren bereit, um ihre Forderungen zu kämpfen, auch mit einem 24-Stunden-Streik und einem unbefristeten Streik. Wenn mit zwei relativ kurzen Warnstreiks erreicht werden konnte, dass die Stahlkapitalisten beim Urlaubsgeld und der Vergütung für die Azubis solche Zugeständnisse machen, warum wird dann die Kampfkraft nicht wirklich eingesetzt? Die reformistische Gewerkschaftsbürokratie der IG Metall hat aufgrund ihrer Rolle als Ordnungsfaktor im kapitalistischen System kein Interesse daran.


Das Verhandlungsergebnis ist auch der Versuch, sich zwei Jahre Ruhe an der Tariffront zu erkaufen - Ruhe für die Umsetzung der Fusion von ThyssenKrupp mit Tata. Dieses Ergebnis stärkt also keineswegs die „Selbstbestimmung bei der Arbeitszeit“, wie es IG Metall-Bezirksleiter Knut Gießler vertritt.

Verhandlungsergebnis ablehnen!

In den nächsten Tagen wird das Verhandlungsergebnis in den Betrieben und Vertrauenskörpern diskutiert. Am 27. März tagt die große Tarifkommission, um darüber zu beraten und zu beschließen. Umso wichtiger ist, jetzt die gewerkschaftliche Initiative der Basis zu entfalten und das Verhandlungsergebnis abzulehnen. Der Tarifkampf ist wieder aufzunehmen - mit klarem Kurs auf Urabstimmung und Streik!

 

Statt wegen Kritik aus der IG Metall auszutreten, gilt es jetzt erst recht, die Gewerkschaft zur Kampforganisation zu machen. Sollte der faule Kompromiss durchkommen, kann es angesichts des Reallohnabbaus durch die Inflation gegebenenfalls notwendig sein, den gewerkschaftlichen Rahmen zu durchbrechen und zu selbständigen Lohnkämpfen überzugehen. Ein Grund mehr, vor allem die Betriebsgruppen der MLPD zu stärken, mit ihrem Know-How zur Führung gewerkschaftlicher und selbständiger Kämpfe.

Stimmen aus dem Betrieben:

  • „3,7 Prozent - hört sich erstmal gut an – aber 26 Monate Laufzeit, das ist Verrat an unserer Forderung!“
  • „Wie soll das gehen ohne Neueinstellungen? Wenn bei uns nur die Hälfte der Kollegen die fünf freien Tage nimmt, dann kriegst du die Schicht übers Jahr nicht besetzt! Das geht dann noch mehr auf unsere Knochen, statt dass wir uns erholen können. Es müssen mehr Leute auf die Schicht!“
  • „Die wollen ihre Ruhe haben, um ihre Fusion ungestört durchziehen zu können!“
  • „Wir haben das heute im Pausenraum besprochen, und darüber abgestimmt. Bei uns waren alle dafür, das Ergebnis abzulehnen und für Urabstimmung. Die Laufzeit ist viel zu lang. Und so bringt uns das Urlaubsgeld nichts!“