Ukraine
Wahlergebnis zeigt Überdruss der Massen über das korrupte System
Der Koordinierungsrat der Arbeiterbewegung der Ukraine analysiert für "Rote Fahne News" die Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen in der Ukraine. Der Koordinierungsrat ist Mitglied der Internationalen Koordinierung revolutionärer Parteien und Organisationen (ICOR).
In der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen in der Ukraine hat der im Land bekannte Komiker Wladimir Selenski mehr als 30 Prozent der Stimmen erhalten. Er ist ein Schützling des Oligarchen Igor Kolomojski. Die aktive Vorbereitung der Kandidatur Selenskis begann schon 2014, kurz nach dem Wahlsieg von Petr Poroschenko. Auf dem zweiten Platz landete Poroschenko selbst mit ungefähr 16 Prozent der Stimmen. Es gab insgesamt 39 Kandidaten.
"Populistisches Wahlprojekt"
Die Wahlkampagne Selenskis baute darauf auf, ihn als jungen Kandidaten - außerhalb des Systems - fähig, die Korruption zu besiegen und das alte politische System zu zerschlagen, aufzubauen.
Es handelt sich unzweifelhaft um ein populistisches Wahlprojekt, vollkommen aufgebaut auf der Popularität des Artisten und auf der Komödienshow, die er leitet, aber auch auf seiner Hauptrolle in der Dauerserie „Diener des Volkes“, in der er die Rolle des „progressiven Reformer-Präsidenten aus Volkes Mitte“ spielt. Selenskis Stimmenergebnis spiegelt wider, wie sehr die Werktätigen und die ganze Gesellschaft von diesem System genug haben.
Poroschenko präsentiert das Großkapital
Der Stab von Noch-Präsident Petr Poroschenko hat seinerseits von Anfang an auf den National-Patriotismus mitsamt „dem Kampf für eine Stärkung der Rolle der ukrainischen Sprache“ gesetzt, sowie auf die Propaganda des Rummels rund um die Eigenkirchlichkeit, die die orthodoxe Kirche der Ukraine vom orthodoxen Weltpatriarchen von Istanbul erhalten hat.
Reale Errungenschaften hat Poroschenko für seine Zeit auf dem Präsidentenposten selbst aus bürgerlicher Sicht nicht vorzuweisen, deswegen war die Zustimmungsrate zu ihm ziemlich niedrig - trotz aller Anstrengungen der staatlichen Propaganda, der Reklame in den sozialen Netzen, im Fernsehen und in anderen Informationskanälen. Poroschenko repräsentiert als Präsident das Großkapital. Er ist selbst einer der Oligarchen.
In Bezug auf die übrigen Kandidaten weisen wir auf die äußerst geringe Unterstützung für den einzigen Kandidaten der Nationalisten hin, der gerade einmal 1,5 Prozent der Stimmen erhielt.
Antikommunistische Propaganda nur teilweise erfolgreich
Im Land gibt es weiterhin eine verbreitete antikommunistische Propaganda, eine Diskreditierung der sowjetischen Politiker, gleich aus welcher Periode der Sowjetunion, beginnend mit der Oktoberrevolution. Aber sie ist nur teilweise erfolgreich.
Viele Menschen lehnen die nationalistischen Thesen der bestehenden Macht und der rechten Kräfte, ihre Organisation OUN-UPA und die Heroisierung bürgerlich-nationalistischer, neofaschistischer Akteure wie Stepan Bandera¹ ab. Zugleich nützt der Macht unter Poroschenko, dass sie versucht, „Symbol“ und „Organisator“ des Kampfs gegen die offenkundige Aggression des Putin-Regimes zu sein.
Westliche Imperialisten heucheln
Am 21. April findet die zweite Runde der Wahlen statt. Die Stäbe beider Kandidaten, Poroschenko und Selenski, haben schon einen intensiven Kampf um die Stimmen der Wähler begonnen.
Die westlichen Länder und die führenden Politiker äußern sich zurzeit vorsichtig und erklären, dass sie „jede Wahl des ukrainischen Volkes unterstützen“: tatsächlich sind für sie die Personen nicht die Hauptsache, sondern, dass der zukünftige Präsident den prowestlichen Kurs des Landes fortsetzt.
Die Teilnahme von Arbeiterkandidaten an den Präsidentschaftswahlen wurde schon dadurch eingegrenzt, dass jeder Kandidat für seine Teilnahme eine Gebühr von 2,5 Millionen Griwna zu zahlen hatte (mehr als 83.000 Euro) – eine Summe, die ein Arbeiter oder Angestellter in der Ukraine bestenfalls im Lauf von 250 Monaten verdient, das heißt in mehr als 20 Jahren. So gibt es im Kern eine Vermögensgrenze für Kandidaten.
Position der Arbeiterklasse bekannter machen
Wir stehen für die Position, dass die bürgerlichen Wahlen nur eine Illusion von Demokratie sind und vor allem den Kampf zwischen verschiedenen Gruppierungen der Bourgeoisie widerspiegeln, aber auch dazu da sind, der Klassenregierung in den Augen der Ausgebeuteten Legalität zu verleihen.
Die proletarischen Organisationen müssen alle bürgerlichen Wahlen für die Propagierung der Klassenposition der Arbeiterklasse ausnutzen, ohne sich irgendwelchen bürgerlichen Illusionen und manchmal verlockenden Vorstellungen von einer „Zusammenarbeit“ hinzugeben, bei der nur eine Seite gewinnt, nämlich die herrschende Klasse. Nur eine politisch reife marxistisch-leninistische Partei kann in bestimmten Momenten und für die Lösung konkreter Aufgaben ein taktisches Bündnis, das dieser Partei Nutzen bringt, mit der Bourgeoisie eingehen.