Europawahl

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Offene Krise der Europäischen Union

Mit dem neuerlichen Brexit-Aufschub dokumentieren Europas Herrschenden ihre Handlungsunfähigkeit und den offenen Ausbruch der politischen Krise des imperialistischen EU-Bündnisses. Nach wie vor sind alle Möglichkeiten auf dem Tisch, vom sogenannten ungeordneten Brexit bis zum Verbleib Großbritanniens in der EU.

Von nek und jw
Offene Krise der Europäischen Union
Die drei Spitzenkandidaten der Internationalistischen Liste/MLPD (von links): Erhan Aktürk, Lisa Gärtner und Peter Weispfenning (Foto: RF)

Von einer offenen politischen Krise spricht man, wenn die Herrschenden in eine relative Handlungsunfähigkeit geraten sind. Mit dem Näherrücken des Austrittsdatums im März/April wurde dieser Zustand in Brüssel und London immer spürbarer. Die latente politische Krise in der die EU seit langem steckt brach offen aus. Sondertreffen in Paris, Berlin und London, Sondergipfel auf Sondergipfel, unzählige Abstimmungen im britischen Parlament. Die EU verharrt weiter auf ihrem 585-seitigen Austrittsvertrag und lehnt Nachverhandlungen mehrheitlich ab. Ob bis zum neuen Brexit-Termin am 31. Oktober 2019 eine Lösung in Sicht kommt, ist fraglich.

Dies- und jenseits des Ärmelkanals sind die führenden Monopole uneins, wie weiter verfahren werden soll. Ein Hintergrund für den Brexit ist der besonders starke wirtschaftliche Rückfall Großbritanniens im EU- und internationalen Maßstab. Über zehn Jahre nach dem Ausbruch der Weltwirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2008 hat die britische Industrie ihren früheren Höchststand vor dem Ausbruch der Krise noch nicht einmal wieder erreicht, sondern kam im vierten Quartal 2018 nur auf 92,9 Prozent.

 

Vor allem nationale Monopole und solche die stärker mit den USA ins Geschäft kommen wollen betreiben den Brexit. Für das allein herrschende internationale Finanzkapital der Rest-EU bedeutet der Brexit einen schweren Rückschlag. Der Austritt der zweitgrößten Wirtschaftsmacht der EU verschlechtert deren Konkurrenzfähigkeit empfindlich. Das Geschacher um den Austrittsvertrag dreht sich genau darum, wer aus dem Austritt den größeren Nutzen ziehen kann bzw. den Schaden vor allem für die Exporte zu minimieren.

Ungeordneter Brexit kann Weltwirtschafts- und Finanzkrise auslösen

Die Nervosität in den europäischen Konzern- und Regierungszentralen kommt nicht von ungefähr. Seit November 2018 ist die Industrieproduktion sowohl in der Euro-Zone als auch in der EU insgesamt rückläufig. Zahlreiche EU-Staaten haben den früheren Höchststand vor dem Ausbruch der Weltwirtschafts- und Finanzkrise bis heute nicht wieder erreicht. So kam die Euro-Zone im 4. Quartal 2018 nur auf 95,7 Prozent, die EU28 nur auf 97,8 Prozent des Höchststands vor dem Krisenausbruch.  Die Entwicklung in der EU ist gleichzeitig sehr ungleichmäßig, was die Widersprüche in der EU zusätzlich vertieft.

 

Mit dem Brexit verliert die EU 15 Prozent ihres Anteils am Weltsozialprodukt und 17 Prozent ihrer internationalen Übermonopole auf einen Streich. Ein ungeordneter Brexit kann in dieser Situation zum Auslöser einer neuen Weltwirtschafts- und Finanzkrise werden. Zumal der anhaltende Handelskrieg die Exportmöglichkeiten und Aufträge weiter einschränkt.

Auch in anderen Fragen heillos zerstritten

Auch außenpolitisch gelingt es dem europäischen allein herrschenden Finanzkapital immer weniger, eine gemeinsame Linie zu finden. Im Bürgerkrieg in Libyen, steht man auf unterschiedlichen Seiten. So unterstützt Frankreich die Milizen des selbsternannten General Chalifa Haftar, während die restliche EU, vor allem Italien, die Regierung in Tripolis stärkt. Auch dem politischen Vereinigungsprozess wird mit dem Brexit ein Ende gesetzt.

Füchtlingspolitik: eine "Schande für Europa"

Erzbischof Jean-Claude Hollerich

In der Flüchtlingspolitik fällt der EU nichts anderes ein, als bis nächstes Jahr weitere 10.000 militärische Frontex-Grenzschützer aufzubieten. Sogar der Vorsitzende der EU-Bischofskommission COMECE, Erzbischof Jean-Claude Hollerich, hat die EU scharf kritisiert. "Das Drama der Flüchtlinge und Migranten auf dem Mittelmeer ist eine Schande für Europa". Das Mittelmeer, das eigentlich Europa, Asien und Afrika verbinde, habe sich in eine "Trennmauer aus Wasser" und einen "riesigen Friedhof" verwandelt. Die EU hatte im März die Mission Sophia zur Rettung von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer vorerst eingestellt.²

 

In ganz Europa ist ein fortschrittlicher Stimmungsumschwung gegen die Rechtsentwicklung der Regierungen spürbar. Aufkommende Kämpfe wie der Gelbwesten in Frankreich, auf dem Balkan, gewerkschaftliche und selbständige Aktionen in Deutschland, Massendemonstrationen in vielen Ländern bereiten den Herrschenden Sorgen.

Europawahl kommt genau richtig

In dieser Situation kommen die Europawahlen genau richtig, um eine Massendiskussion über den imperialistischen Charakter der angeblich so humanitären und friedliebenden EU zu führen und die revolutionäre Alternative zu stärken. Angesichts der offenen EU Krise haben alle Berliner Parteien einschließlich der Linkspartei auf eine positive Beschwörung der EU umgeschaltet. Selbst die Grünen nennen - trotz der katastrophalen Klimapolitik - nun „Europa, die beste Idee, die Europa je hatte“. Im gleichen Tenor gibt die Linkspartei ein „klares Bekenntnis zur EU“ ab. Es ist Teil der bürgerlichen Heuchelei, dass trotzdem die Rechtsentwicklung der Regierung und bürgerlichen Parteien weiter voranschreitet.

 

Gegen diesen Kniefall vor der imperialistischen EU-Politik macht die Internationalistische Liste/MLPD mobil, unter dem Motto: „Rebellion gegen die imperialistische EU ist gerechtfertigt! Hoch die internationale Solidarität!“  Bei der Europawahl gilt nicht die in Deutschland übliche undemokratische 5-Prozent-Klausel. Jede Stimme zählt. Bei den letzten Europawahlen reichten bereits 0,6 Prozent der Stimmen für einen Sitz im Europaparlament. Im Fall der Internationalistischen Liste wäre er ein wichtiges Sprachrohr für die fortschrittliche Rebellion gegen die EU.

 

Wer wirklich etwas ändern will, muss selbst aktiv werden und radikal links wählen! Das ist auch die Antwort auf die Demagogie der faschistoiden und ultrareaktionären Parteien. Diese Politik wie von Orban in Ungarn, Salvini in Italien, Meuthen in Deutschland usw. bedeutet Entrechtung und Knebelung der Arbeiterinnen und Arbeiter und der breiten Massen.

Mach mit im Internationalistischen Bündnis, unterstütze den Wahlkampf und die Bewegung!

 

Hier gibt es den kompletten Wahlaufruf der Internationalistischen Liste / MLPD