Wohnungspolitik
Harsche Kritik an Bundeskanzlerin Merkel beim Mietertag
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erntete heute als Gastrednerin beim Mietertag des Deutschen Mieterbunds in Köln massive Kritik. Hintergrund ist die wachsende Wut der Menschen über steigende Mieten und fehlenden bezahlbaren Wohnraum.
In mindestens 20 Städten Deutschlands fanden am 6. April Großdemonstrationen „gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn“ statt. Bereits im letzten Jahr gab es Demonstrationen in Großstädten wie Hamburg oder Berlin mit mehreren Tausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern als Teil des fortschrittlichen Stimmungsumschwungs.
"Häuser fürs Wohnen und nicht für den Profit"
Die größte Demonstration am 6. April war mit bis zu 40.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Berlin. Sie stand unter dem Motto: „Wir wollen eine Stadt, in der Häuser fürs Wohnen und nicht für den Profit gebaut werden."
Die MLPD unterstützt die wachsende Massenbewegung. Schon seit vielen Jahren arbeiten ihre Wohngebietsgruppen aktiv in örtlichen Mieterinitiativen mit. Sie fordert, ausreichenden, umweltgerechten und preisgünstigen Wohnraum zu schaffen und zu erhalten.
Sozialwohnungsbau am Boden
Der wachsenden Massenkritik an der herrschenden Wohnungspolitik trug auch ein Teil der Redner auf dem Mietertag Rechnung. Sie kritisierten insbesondere die Vernachlässigung des "sozialen Wohnungsbaus". Nötig seien "80.000 bis 120.000 neue Sozialwohnungen jährlich", so der Leipziger Oberbürgermeister und Präsident des Deutschen Städtetags, Burkhard Jung. Derzeit seien es nur etwa halb so viele.
Der gesamte Wohnungsneubau bleibt auch 2019 um rund 25 Prozent hinter dem Mindestbedarf von 375.000 neuen Wohnungen pro Jahr zurück. Von den 285.914 fertiggestellten Wohnungen im Jahr 2018 waren außerdem 64.649 - in der Regel teure - Eigentumswohnungen.
Immobilienmonopole treiben die Mietpreise
So berechtigt die Kritik an dieser völlig unsozialen Wohnungspolitik ist, blieben die Ursachen in der Rolle von Regierung und Staat als Dienstleister der internationalen Monopole auf dem Mietertag weitgehend im Dunkeln. Ihre Politik dient heute ausschließlich den Interessen der zum internationalen Finanzkapital zählenden Wohnungskonzerne Vonovia, Deutsche Wohnen, LEG Immobilien, GRAND City und TAG Immobilien AG.
Die massenhafte Privatisierung ehemals staatlicher Wohnungsbetreiber schuf die Voraussetzung dafür, dass diese internationalen Übermonopole den Immobilienmarkt als Quelle ihrer Maximalprofite nützen. Der Bund, ehemals größter Wohnungsbesitzer des Landes, stieß alle seine Wohnungen ab, ebenso taten dies Bahn, Post sowie viele Länder und Kommunen.
In großen Mietshäusern schmilzt bezahlbarer Wohnraum weg wie Butter in der Sonne. Allein in Berlin wurden zwischen 2011 und 2016 ca. 62.000 Mietwohnungen in Eigentumswohnungen verwandelt. Die Mietpreise stiegen in Berlin in den zehn Jahren von 2008 bis 2018 um 78 Prozent, in München um 61 Prozent.
Merkel eiert herum
Was Angela Merkel angesichts der Kritik vorbrachte, lag ganz auf der Linie ihrer Regierungsmethode des Betrugssystems der kleinbürgerlichen Denkweise: Verständnis für die Nöte der Mieterinnen und Mieter äußern, unverbindliche Versprechungen machen, wirksame Maßnahmen ablehnen und die Förderung der internationalen Wohnungskonzerne als Lösung für das „Gemeinwohl“ anpreisen.
Die Bundeskanzlerin erklärte, 13 Milliarden Euro werde die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode in den sozialen Wohnungsbau, das Baukindergeld und viele andere wohnungspolitische Maßnahmen investieren. Doch das angepriesene Baukindergeld ist in Wirklichkeit nur eine Subvention für besserverdienende Eltern und die Bauindustrie und Banken.
Der Großteil der Gelder fließt in die „wohnungpolitischen Maßnahmen“. Das sind vor allem Fördergelder für die Bau- und Wohnungskonzerne. Dagegen ging die Zahl der Haushalte, die Wohngeld erhalten, gegenüber 2010 um ein Drittel zurück.
Mietpreisbremse – eine Nullnummer
Merkel lenkte die Hoffnungen darauf, dass die Bundesregierung die Mietpreisbremse „reformiert“ habe. Dabei war dieses Gesetz von Anfang an eine Farce. Es schließt Mieterhöhungen gar nicht aus, sondern erlaubt sogar einen kontiniuerlichen Anstieg.
Nun sollen die Vermieter Neumietern die Höhe der Vormiete mitteilen, wenn sie die Miete um mehr als zehn Prozent erhöhen wollen. Doch der Bruch des Gesetzes, zum Beispiel durch eine manipulierte Mietangabe, ist für sie weiterhin völlig risikofrei. Und welcher Mieter wird die Miete anfechten, wenn er dringend die Wohnung braucht? Die „Verschärfung“ ist also eine Nullnummer.
Enteignung durch den Staat der Monopole?
In Berlin treibt die Bürgerinitiative "Deutsche Wohnen und Co enteignen" eine Unterschriften-Sammlung für ein Volksbegehren zu Enteignungen von Wohnungskonzernen voran. Die Debatte über die Enteignung von Grund, Boden und Wohnungskonzernen ist vollauf berechtigt. Aber kann sie geführt werden, ohne die gesamtgesellschaftlichen Ursachen dieses Problems ins Visier zu nehmen?
Zurecht wendet der bisherige Mieterbund-Präsident Rips ein: „Eine Enteignung muss laut Grundgesetz gesetzlich geregelt sein, außerdem ist eine Entschädigung vorgesehen.“ Es könne dann „zehn bis 15 Jahre“ dauern, bis eine Entscheidung gefallen sei. Das wäre auch keine wirkliche Enteignung, sondern nur eine Verstaatlichung durch den Staat der Monopole.
Dabei war die Linkspartei, die jetzt das Volksbegehren unterstützt, genauso wie die Grünen, an der großflächigen Wohnungsprivatisierung in Berlin zu günstigsten Konditionen für die Konzerne maßgeblich beteiligt.
Für eine grundsätzliche Lösung der Wohnungsfrage durch die revolutionäre Überführung des Privateigentums an Grund und Boden in sozialistisches Gemeineigentum ist im politischen System des staatsmonopolistischen Kapitalismus kein „Rechtsweg“ vorgesehen.
Gemeinsam mit den Bergleuten kämpfen
Über den weiteren Weg des Widerstands wird breit diskutiert. Orientiert man auf Gesetzesänderungen und die Einsicht der Regierenden oder richtet sich der Kampf auch in der Wohnungsfrage gegen die internationalen Monopole und ihre Regierungen.
Gegenwärtig spielt dabei der Protest der Bergleute eine besondere Rolle. Erst wurden die Bergbauwohnungen von der RAG an Konzerne wie Vivawest oder Vonovia verkauft. Jetzt sind die Bergarbeiter - die gleichzeitig ihre Arbeitsplätze verlieren - zusammen mit ihren Familien immer öfter von Mieterhöhungen und Schikanen der Wohnungskonzerne betroffen. Das liegt auf der gleichen Linie wie der Bruch des Versprechens "Keiner fällt ins Bergfreie". Es ist Bestandteil einer Politik der verbrannten Erde, die RAG und bürgerliche Politik auf dem Rücken der Bevölkerung im Ruhrgebiet und ganz Nordrhein-Westfalens durchsetzen wollen.
Dagegen, aber auch gegen betriebsbedingte Kündigungen, Abschiebung jüngerer Bergleute in Leiharbeit und hochgefährliche Flutung des Giftmülls unter Tage rufen die Zeitung der Bergarbeiterbewegung, Vortrieb, und die kämpferische Bergarbeiterinitiative Kumpel für AUF für Samstag, 15. Juni, zu einer weiteren Protestdemonstration in Bottrop auf. Sie steht unter dem Motto: „Jetzt nachlegen!“ Es ist wichtig, dass sich dort auch zahlreiche von der herrschenden Wohnungspolitik betroffene Menschen sowie Aktivistinnen und Aktivisten aus der Mieterbewegung beteiligen.
Aktuelles Flugblatt der MLPD zur Bergbaudemonstration am 15. Juni in Bottrop
Hier das Flugblatt als Druck-Datei