Einzigartiger Tabubruch
Stadtverwaltung Weimar verbietet Gedenkkundgebung für Ernst Thälmann - mit Fokus auf die MLPD
Am kommenden Samstag, 17. August, wird das Internationalistische Bündnis, ein Zusammenschluss von 38 fortschrittlichen, antifaschistischen und revolutionären Organisationen, an die Ermordung des früheren KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann vor 75 Jahren im KZ Buchenwald erinnern. Diese Gedenkkundgebung wurde heute von der Stadtverwaltung Weimar auf dem Gelände der Gedenkstätte verboten, indem sie an einen anderen Ort zwangsverlegt wurde.
Begründet wird dies vor allem mit angeblichen, teils frei erfundenen Positionen der MLPD, die Teil des Bündnisses ist. Dazu Monika Gärtner-Engel vom Zentralkomitee der MLPD:
"Ich protestiere entschieden dagegen, dass wohl zum ersten Mal in Deutschland eine antifaschistische Gedenkveranstaltung auf dem Gelände einer antifaschistischen Gedenkstätte verboten und damit Grundrechte entzogen, der Geist des Potsdamer Abkommens verletzt und der Schwur von Buchenwald mit Füßen getreten wird. Das muss jeden Antifaschisten alarmieren."
Monika Gärtner-Engel weiter: „Die Stadtverwaltung Weimar behauptet allen Ernstes, dass unser Gedenken an den unbeugsamen Antifaschisten und Revolutionär Ernst Thälmann 'die Würde der Opfer ... verhöhnen' würde. Das ist ungeheuerlich und spricht Kommunisten, den aktivsten, selbstlosen und aufopfernden Widerstandskämpfern gegen den Hitler-Faschismus, jede Würde und jedes demokratische Recht ab. Ich verwahre mich entschieden dagegen, dass solche ultrarechten Tendenzen sich ausgerechnet an einem solchen antifaschistischen Gedenkort wieder breitzumachen versuchen.
Zudem versteigt sich die Stadtverwaltung dazu, jede Ablehnung der vollständigen Distanzierung vom Aufbau des Sozialismus in der Sowjetunion als 'Verstoß gegen die Menschenwürde' zu diffamieren. Dabei war es die Rote Armee unter Stalins Führung, die mit Millionen Opfern aus der Sowjetbevölkerung, den Sieg gegen den Hitler-Faschismus garantierte – was in Deutschland gesellschaftlich überhaupt erst wieder Platz für 'Menschenwürde' gab."
Viele Menschen empört
Die Attacken auf das Thälmann-Gedenken stoßen auch bei vielen anderen demokratisch und antifaschistisch gesinnten Menschen auf helle Empörung. So bei Karl-Heinz Rotthoff, Mitglied der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit: "Ich habe mir sehr wohl überlegt, weshalb ich das Bild 'Ernst Thälmann im KZ Buchenwald' gemalt habe. Alle, die ihr Leben im Widerstand gegen den Nazi-Terror geopfert haben - ob Sozialdemokraten, Christen, evangelische und katholische Priester, ebenso wie Kommunisten - alle sollen auch in gleicher Weise geehrt werden können."
Und die Gelsenkirchener Freidenker schreiben: "Wir Gelsenkirchener Freidenker protestieren entschieden gegen die massiven Unterdrückungsversuche des Stiftungsrats der KZ-Gedenkstätte Buchenwald und jetzt auch noch der Stadtverwaltung von Weimar gegen die seit langem geplante Gedenkfeier zu Ehren von Ernst Thälmann, der vor 75 Jahren dort ermordet wurde.
Die Freidenker stehen in der Tradition des antifaschistischen Kampfs, in dem Ernst Thälmann eine führende Rolle wahrnahm – und für den er sein Leben gab. In der finstersten Jahren Deutschlands, der Hitler-Diktatur, wurde auch der Freidenker-Verband verboten, der damals bis zu 600.000 Mitglieder zählte. Viele Mitglieder wurden als Widerstandskämpfer verfolgt, inhaftiert und ermordet."
Wer hat seine Hände im Spiel?
Die MLPD fragt sich natürlich, wer da alles seine Hände im Spiel hat. Ausdrücklich abgesegnet wurde das skandalöse Vorgehen durch den OB der Stadt Weimar. Im Stiftungsrat der Gedenkstätte Buchenwald sitzen aber auch Vertreter von Landes- und Bundesregierung. Und Horst Seehofers Innenministerium ist schon lange jede antifaschistische oder gar revolutionäre Tätigkeit - insbesondere der MLPD - ein Dorn im Auge.
Monika Gärtner-Engel erinnert aber gleichzeitig an die Bruchlandung, die das Innenministerium und ultrarechte Kreise in Thüringen anlässlich des „Rebellischen Musikfestivals“ 2018 erlebt haben (mehr dazu).
Parteienrechte der MLPD werden angegriffen
Rechtsanwalt Peter Weispfenning von der Kanzlei Meister & Partner ergänzt: „Wir legen gegen das Verbot selbstverständlich alle erdenklichen Rechtsmittel ein. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die Gleichsetzung von Faschismus und Kommunismus versammlungsrechtlich nicht erlaubt. Es ist die Stadtverwaltung Weimar, die hier Grundrechte und höchstinstanzielle gerichtliche Entscheidungen mit Füßen tritt, das sind nicht die Veranstalter.
Hier werden auch die Parteienrechte der MLPD frontal angegriffen, denn in dem Verbot wird die Teilnahme der MLPD an der Gedenkfeier gleichgesetzt, mit einer Versammlung von 'Verfechtern des Nationalsozialismus in Buchenwald'. Die 56.0001 vom Hitler-Faschismus ermordeten Kommunisten, Gewerkschafter, Juden, Sinti und Roma werden schamlos gleichgesetzt mit den dort nach dem II. Weltkrieg in der Umsetzung der Beschlüsse der Alliierten zeitweise inhaftierten Leuten.“
Dazu Monika Gärtner-Engel: „Diese waren vielfach Hitler-Faschisten und Kriegsverbrecher! Wo Ungerechtigkeiten oder Verbrechen, womöglich im Namen des Sozialismus, geschehen sind, da haben wir an erster Stelle Interesse und Forschergeist, dies aufzuklären. Wir beugen uns aber keinem antikommunistischen Mainstream, wie er hier in unerträglicher, repressiver Weise durchzusetzen versucht wird. Das deutet die deutsche Geschichte in unerträglicher antikommunistischer Weise um, diffamiert den Sozialismus und verharmlost den Hitler-Faschismus.“
Morgen Informations- und Protestkundgebungen in Thüringen
Das Internationalistische Bündnis lädt jetzt erst recht breit ein zur Gedenkveranstaltung nach Buchenwald. In Thüringen plant es für den morgigen Mittwoch an vielen Orten Informations- und Protestkundgebungen.
Hier die aktuelle Pressemitteilung der MLPD
Schriftsatz des Rechtsanwaltsbüros Meister & Partner vom 11. August an das Verwaltungsgericht Weimar (freundlicherweise vom Internationalistischen Bündnis zur Verfügung gestellt)