Thomas-Cook-Pleite

Thomas-Cook-Pleite

Vernichtungskampf in der Tourismusbranche

In der Nacht vom 22. zum 23. September verkündete Vorstandschef Peter Frankenhauser das „Aus“ des britischen Tourismus-Riesen Thomas Cook, des ältesten Reisekonzerns der Welt.

Von dvp
Vernichtungskampf in der Tourismusbranche
Die Maschinen von Thomas Cook bleiben in vielen Ländern am Boden (foto: MilborneOne (CC BY-SA 2.5))

Für viele kam die Pleite von Thomas Cook völlig überraschend - mit dramatischen Folgen. Passagiere und Besatzung des letzten Thomas-Cook-Fliegers wussten bis zur Landung nichts davon. Die Maschine war am Vorabend in Florida gestartet - kurz bevor Thomas Cook den Betrieb einstellte.

 

22.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit sollen ihren Job verlieren. 600.000 Urlauberinnen und Urlauber sitzen an ihrem Urlaubsort fest oder können ihre bereits bezahlte Urlaubsreise gar nicht erst antreten. Teilweise werden Hotelgäste aus ihren Unterkünften geworfen, wenn sie nicht bereit sind, fehlende Überweisungen des Tourismuskonzerns aus eigener Tasche zu bezahlen. Ob sie ihr Geld je wiedersehen, steht in den Sternen - obwohl es aufgrund internationaler Übereinkünfte der Tourismus-Branche eigentlich Versicherungen gegen Insolvenzfolgen gibt.

 

Die MLPD solidarisiert sich mit den betroffenen Beschäftigten und Urlaubern und wird sie im Kampf um ihre Arbeitsplätze sowie für vollständige Entschädigung unterstützen. Die betroffenen Urlauberinnen und Urlauber müssen auf die Kosten der Verantwortlichen bei Thomas Cook in ihre Heimat zurückgeflogen werden!

"Der Tsunami kommt noch"

Für die Tourismuswirtschaft in vielen Urlaubsländern wie Spanien, Griechenland, Bulgarien, Türkei usw. ist diese Pleite „der stärkste Schlag seit der Finanzkrise“1 schreibt die griechische Wirtschaftszeitung Naftemporiki.

 

Michael Vlatakis, Präsident des kretischen Tourismusverbandes, spricht von einem „Erdbeben der Stärke sieben, und der Tsunami kommt erst noch“. Für viele Hotels, vor allem die kleineren, könnten die zahlreichen unbezahlten Rechnungen des insolventen Reiseveranstalters der Ruin bedeuten.

Seit Jahren drücken Schulden

Thomas Cook war ein internationaler Tourismus-Konzern mit Sitz in London. Zu ihm gehören unter anderem die deutschen Reiseunternehmen Neckermann-Reisen, Bucher-Reisen und die Fluggesellschaft Condor. 2010, während der letzten Weltwirtschafts- und Finanzkrise (2008 bis 2014), kaufte Thomas Cook die deutschen Öger-Tours.

 

Bereits 2012 schrammte der Konzern knapp an der Pleite vorbei. Seit damals drückten die Schulden. Zuletzt beliefen sie sich auf 1,9 Milliarden Euro.

Spekulanten hoffen auf fette Gewinne aus der Pleite

Viele Jahre konkurrierte Thomas Cook insbesondere mit dem deutschen TUI-Konzern um die Weltmarktführerschaft. Nun ist Thomas Cook im Strudel des Vernichtungskampfs der Tourismusmonopole, der sich durch die zunehmenden weltweiten Krisenerscheinungen zuletzt verschärft hat, untergegangen. Aber nicht nur TUI geht als Gewinner hervor, auch Spekulanten wie Sona Asset Managemanet und Xaia Investment hoffen auf Millionengewinne.

 

Mittels Kreditausfallversicherungen wetten Hedgefonds auf Pleiten von Großkonzernen. In diesem aktuellen Fall könnte ihnen das Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 250 Millionen US-Dollar bescheren, so spiegel-online. Sie bereichern sich auf Kosten der Existenzgrundlage von 22.000 Beschäftigten und dramatischer Folgen für 600.000 Urlauberinnen und Urlauber sowie Tausende Hotels.

Der Brexit lässt grüßen

Die Thomas-Cook-Insolvenz ist auch Folge der sich vertiefenden Wechselwirkungen verschiedenster Krisenerscheinungen. Zwar konnte Thomas Cook für die Sommersaison noch einen Anstieg der Buchungen um zwölf Prozent verzeichnen, der durchschnittliche Verkaufspreis sank jedoch durch den Preiskampf und den geringeren Anteil von Fernreisen um fünf Prozent.

 

Im Juni und Juli gingen die Buchungen wegen des extrem heißen Sommers zurück, weil viele Menschen im Urlaub zuhause blieben, statt zu verreisen. Aufgrund des sich verschärfenden Konkurrenzkampfs sanken die Preise im August und September weiter. Die Buchungen für die Wintersaison lagen sogar um zwei Prozent unter dem Vorjahresniveau.

 

Besonders stark gingen die Reisen von britischen Touristen ins Ausland und von ausländischen Touristen nach Großbritannien zurück. Letztere sanken im April und Mai um 8 bzw. 6. Prozent gegenüber den Vorjahresmonaten. Die Reisen nach Großbritannien gingen in diesen beiden Monaten um 14 bzw. 1 Prozent zurück. Das Brexit-Chaos sowie die dadurch geschwächte britische Währung Pfund2 verunsichert die Menschen. Die Aktie von Thomas Cook brach an der Londoner Börse zuletzt um mehr als 20 Prozent ein.

Erhält Lufthansa Zuschlag für Condor-Übernahme?

Während die zu Thomas Cook gehörenden deutschen Reiseveranstalter Neckermann, Bucher und Öger ebenfalls Insolvenz anmelden mussten, wollen Bundesregierung und hessische Landesregierung die Fluggesellschaft Condor mit einem staatlichen Überbrückungskredit in Höhe von 380 Millionen Euro weiter in der Luft halten und aus dem Thomas Cook-Konzern heraustrennen. Das muss allerdings von der EU genehmigt werden.

 

Spekuliert wird bereits über eine Übernahme durch die Lufthansa, die durch ihre Aktienstruktur eng mit dem deutschen Finanzkapital verbunden ist. Andere Berichte sprechen von Kaufinteressen auch durch Easyjet und Ryanair. Das britische Billigflugkonzern Easyjet befindet sich mehrheitlich im Besitz von Stelios Haji-Ioannou, dessen Vater die griechische Schiffsreederei Stelios besitzt. Der irische Billigflieger Ryanair gehört der Familie Ryan, die ihn 1984 gründete.

 

Bei diesem Übernahmekampf geht es auch um Widersprüche zwischen dem britischen und den deutschen Finanzkapital, das versucht, die Thomas-Cook-Pleite auszunützen, um aus der Lufthansa einen weltmarktführenden Luftfahrtkonzern zu machen. Die Pleite gibt zugleich einen Vorgeschmack nicht nur auf die Folgen eines bevorstehenden Brexit, sondern vor allem auf die Folgen der weiteren Vertiefung der weltwirtschaftlichen Krisenerscheinungen.

Kann man gegen Insolvenzen kämpfen?

Im Fall von Insolvenzen werden Pläne zur Arbeitsplatzvernichtung meist als unausweichlich dargestellt, weil es ja keine Umsätze mehr gibt, aus denen die Löhne und Gehälter bezahlt werden könnten. Letztlich ist es im staatsmonopolistischen Kapitalismus immer auch eine politische Entscheidung, ob Konzerne zahlungsunfähig werden oder mit staatlichen bzw. privaten Krediten über Wasser gehalten werden. Das zeigt aktuell der Fall Condor.

 

Ein Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze oder um die Schaffung gleichwertiger Ersatzarbeitsplätze kann erfolgreich geführt werden, wenn er politischen Druck auf die Regierungen ausübt. Solange wie im Fall von Condor der Flugbetrieb aufrechterhalten wird, können die Beschäftigten auch wirkungsvoll streiken. Dazu müssen sie mit Befürchtungen fertigwerden, ein solcher Kampf werde den Konzern erst Recht in die Insolvenz treiben. Dass die Bundesregierung Condor weiterführen will, ist im Gegenteil ein wichtiges Faustpfand in der Hand der Arbeiter und Angestellten.

Kapitalistische Krisen beseitigen - aber wie?

Entscheidend ist, dass sich die Beschäftigten der verschiedenen Tourismuskonzerne international zusammenschließen und ihren Kampf gegenseitig koordinieren. Denn es geht auch um die Zukunftsinteressen der Arbeiter und Angestellten in der gesamten Branche. Sie können und müssen sich zusammentun mit den geprellten Urlauberinnen und Urlaubern.

 

Allerdings wird der Kapitalismus immer wieder von Neuem Konzernpleiten und gesetzmäßig Wirtschaftskrisen hervorbringen. Wer die kapitalistischen Krisen und ihre Folgen ein für allemal aus der Welt schaffen will, muss mitkämpfen für eine internationale sozialistische Revolution. Das geht am besten als Mitglied der MLPD und ihres Jugendverbands REBELL.