30 Jahre Mauerfall
Die Massen können nicht nur Mauern überwinden ...
Freude und Stolz, aber auch große Enttäuschung und Nachdenklichkeit - das alles bestimmte die Gemengelage der Gefühle am 30. Jahrestags des Mauerfalls am gestrigen 9. November. Vor allem auch die Frage nach den Lehren für die Zukunft.
Mehr als 100.000 Menschen kamen nach Angaben der Veranstalter zur großen Mauerfall-Jubiläumsparty am Brandenburger Tor in Berlin. Schon den ganzen Tag über gab es Gedenk- und Kulturveranstaltungen an verschiedenen historischen Stätten.
Wie Merkel sich dem Ruf nach Freiheit anzubiedern versucht
Bei ihrer Ansprache in der „Kapelle der Versöhnung“ auf dem früheren Grenzstreifen mitten in Berlin sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel unter anderem: „Keine Mauer, die Menschen ausgrenzt und Freiheit begrenzt, ist so hoch oder so breit, dass sie nicht doch durchbrochen werden kann.“
Ob sie dabei wohl auch an ihren "Lieblingsfreund" US-Präsident Donald Trump gedacht hat, der eine neue, noch viel höhere Mauer an der Grenze zu Mexiko errichten will, um Fluchtwege abzuriegeln? Oder an die mit Deutschland verbündete israelische Regierung, die im Westjordanland bereits Mauern um die Palästinensergebiete gebaut hat. Vielleicht gar an ihren eigenen Innenminister Horst Seehofer, der zur Zeit die Grenzkontrollen verschärft, um Flüchtlinge an der Einreise zu hindern?
Es ist zutiefst unglaubwürdig, wenn sich ausgerechnet Merkel dem Ruf der Massen in der ehemaligen DDR nach Freiheit anzubiedern versucht. Unter ihrer Führung schränkt die Regierung im Zuge ihrer Rechtsentwicklung systematisch bürgerlich-demokratische Rechte und Freiheiten ein und treibt die Faschisierung des Staatsapparats voran.
Was Merkel mit "Freiheit" wirklich meint
Scheinheilig bedankte sie sich bei allen, die damals auf die Straße gegangen waren - ließ aber unerwähnt, dass der „Dank“ der westdeutschen Monopole die skrupellose Vernichtung zahlreicher Existenzen war. Kein Wort zu den niedrigeren Löhnen und Renten sowie längeren Arbeitszeiten, die bis heute in Ostdeutschland zementiert werden.
Merkels "Freiheit" - das ist nicht anderes als die "Freiheit" der heute in Gesamtdeutschland herrschenden Monopole, nun auch wieder im Osten die Arbeiter ausbeuten und unterdrücken zu können und dazu die Spaltung in Ost und West bewusst aufrechtzuerhalten.
Wirkliche Freiheit und wirkliche Demokratie gegen die Diktatur der Monopole müssen sich die Arbeiter und breiten Massen in Deutschland erst noch erkämpfen - mit einem neuen Anlauf im Kampf für den Sozialismus. Mit der Losung "Wir sind das Volk" haben sie vor 30 Jahren gezeigt, wie die dafür entscheidende Kraft entstehen kann.
Wir müssen alles daransetzen, den gemeinsamen Widerstand in Ost und West zu stärken
Fred Schirrmacher, aktiv in der Volksbewegung der DDR
Die große Mehrheit der Deutschen ist froh darüber, dass die demokratische Volksbewegung der DDR vor 30 Jahren den Fall der Mauer sowie der Grenzanlagen, die Möglichkeit der freien Ausreise, das Ende des bürokratisch-kapitalistischen Honecker-Regimes und schließlich die Wiedervereinigung erkämpfte. Fred Schirrmacher, aktiv in der Volksbewegung der DDR und heute Mitglied der Koordinierungsgruppe der bundesweiten Montagsdemo-Bewegung, ist einer von vier Zeitzeugen, die dazu in der neuen Ausgabe des Rote Fahne Magazins zu Wort kommen. Er zieht den Schluss:
"Die Bürger im Osten sollten sich an die Erfolge des Widerstandes auf der Straße 1989 erinnern. Wir müssen alles daransetzen, den gemeinsamen Widerstand in Ost und West wieder zu stärken. Die letzten Jahre zeigen, dass es hier schon Fortschritte gab, dennoch denke ich, dass wir dieses Thema noch intensiver behandeln müssen. Durchbrechen wir die Barriere antikommunistischer Hetze und Spaltung, erreichen wir einen höheren Grad der Öffentlichkeitsarbeit und Information - und damit eine höhere Schlagkraft."
Enttäuschte Aufbruchstimmung
Die MLPD unterstützte den „Freiheitskampf der Werktätigen in der DDR“ in einer Erklärung des Zentralkomitees der MLPD vom 14.11.1989, mahnte angesichts der massiven Einflussnahme der westdeutschen Monopolparteien aber auch „äußerste Wachsamkeit“ an.
Der Stolz auf die erkämpfte „Wende“ vermischt sich unter den Menschen in Ostdeutschland heute mit wachsender Empörung, wie ihre damalige Aufbruchstimmung von den Herrschenden der BRD instrumentalisiert wurde, um sich einen schwächeren kapitalistischen Konkurrenten einzuverleiben - aber auch darüber, wie die Spaltung bis heute aufrechterhalten wird.
MLPD – Partei der Arbeitereinheit in Ost und West
Stefan Engel, Leiter der Redaktion des theoretischen Organs REVOLUTIONÄRER WEG der MLPD, sagt in einem aktuellen Interview mit dem Rote Fahne Magazin voraus: „Ich gehe weiter davon aus, dass die Bundesregierung nicht noch zwei Jahre im Amt bleiben wird. ... Je mehr die Tendenz zu Faschismus und Krieg wächst, desto wichtiger wird ein breites, kämpferisches, antifaschistisches, antiimperialistisches und internationalistisches Bündnis gegen die Rechtsentwicklung der Regierung, der Berliner Parteien, der Medien, aber auch in der Kultur und in der Gesellschaft.“
Die MLPD ist heute in ganz Deutschland die Kraft, die konsequent für die Arbeitereinheit in Ost und West steht. Wer will, dass der Ruf nach Demokratie und Freiheit Wirklichkeit wird, der muss sie stärker machen und mit ihr gemeinsam kämpfen - denn nur in einem echten Sozialismus wird dies möglich sein.
Zur Vertiefung des Themas empfehlen wir:
Das neue Rote Fahne Magazin "30 Jahre Mauerfall - Bilanz für die sozialistische Zukunft" - es kann hier bestellt werden.
Broschüren der MLPD "DDR aktuell" 1 und 2, erschienen 1990
"Sozialismus an Ende" von Willi Dickhut, erschienen 1992
Webseite des theoretischen Organs der MLPD, REVOLUTIONÄRER WEG