EU-Kommission

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Von der Leyens „Green Deal“ – eine imperialistische Mogelpackung

Voll des Lobes sind die meisten bürgerlichen Medien für den von der neuen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgestellten "Green Deal". Europa könne damit nun den Kampf gegen die Erwärmung des Planeten "anführen".

Von ba
Von der Leyens „Green Deal“ – eine imperialistische Mogelpackung
Foto: schissbuchse / Pixabay

Mit einem Machwerk, das lediglich aus der unverbindlichen Ankündigung einer Vielzahl von Gesetzen und Programmen besteht, die irgendwann noch ausgearbeitet werden sollen? Während Hunderttausende europa- und weltweit auf die Straße gehen und längst überfällige Sofortmaßnahmen zur Rettung des Weltklimas fordern, ist der "Green Deal" das genaue Gegenteil eines wirksamen Sofortprogramms. Was ist das anderes als eine Beruhigungspille für die massenhaft unzufriedenen und teils demonstrierenden Menschen?

 

Statt sich gegen die Hauptverursacher des beschleunigten Übergangs in eine globale Umweltkatastrophe in den Chefetagen der internationalen Monopole zu richten, sollen diese mit einem gigantischen Subventionsprogramm auch noch belohnt werden.

Lukrativer Zertifikatehandel wird ausgeweitet

Die bisher für die Autoindustrie von der EU festgelegten Flottengrenzwerte zur Reduzierung des klimaschädlichen CO2, aufgrund derer ab 2020 voraussichtlich hohe Strafzahlungen fällig geworden wären, sollen in den lukrativen Emissionshandel eingebunden werden. Die Konzerne sollen dafür zusätzliche CO2-Zertifikate kaufen, mit denen sie gewinnbringend handeln können, deren Kosten sie aber auf die Verbraucher abwälzen werden.

 

Der Emissionshandel soll unter anderem auf den Seeverkehr ausgeweitet werden, so dass auch Reedereien davon profitieren können. Die Preise von CO2-Zertifikaten für Flugkonzerne will von der Leyen erhöhen. Beides insbesondere mit der Folge, dass sich Flug- und Seereisen verteuern werden. Es werden also die Massen in der einen oder anderen Weise dafür bezahlen, während die Konzernprofite in jedem Fall verschont bleiben.

Auftragsförderung für EU-Konzerne

Zusätzliche Subventionen sind insbesondere auch für neue Umwelttechnologien vorgesehen, unter anderem durch die Finanzierung entsprechender Projekte in sogenannten Entwicklungsländern durch die Europäische Investitionsbank (EIB). Sie soll dafür in den nächsten zehn Jahren rund eine Billion Euro bereitstellen. Die Aufträge erhalten selbstredend EU-Konzerne.

 

Angeblich soll mit dieser "neuen Wachstumsstrategie", die vor allem die internationalen Monopole mit Sitz in der EU im Konkurrenzkampf fördert, zugleich die Umwelt gerettet werden. Mit dem „Green Deal“ werde Europa bis 2050 angeblich als erster Kontinent "klimaneutral". Er werde die Treibhausgas-Emissionen senken, zugleich Arbeitsplätze schaffen und die Lebensqualität der Menschen verbessern, so von der Leyen großmundig bei der Klimakonferenz in Madrid. Kurzum: Eine eierlegende Wollmichsau!

"Green Deal" völlig untauglich für Klimaschutz

Der „Green Deal“ ist in Wirklichkeit völlig untauglich, den Übergang in die globale Umweltkatastrophe zu stoppen. Konkrete Maßnahmen zur Reduktion des CO2-Ausstoßes sucht man vergeblich. Und "klimaneutral" bedeutet keineswegs, dass der Ausstoß der Treibhausgase bis 2050 auf Null gesenkt wird. Vielmehr sollen "Ausgleichsmaßnahmen" wie Aufforstung der Wälder "gegengerechnet" und soll der Ausstoß auch durch CO2-Speicherung reduziert werden.

 

Das überschüssige CO2 würde dann mit der Methode des Carbon Capture Storage (CCS) einfach in die Erde verpresst. Was nichts anderes bedeutet, als seinen Ausstoß auf die Zukunft zu verschieben, denn es kann niemand absichern, dass es dort dauerhaft gebunden bleibt. Die Aufforstung neuer Wälder ist zwar sinnvoll, kann aber die tatsächliche Reduzierung des Ausstoßes klimaschädlicher Gase durch Einstellung der Kohleverbrennung und Umstellung auf ein umweltfreundliches Verkehrswesen nicht ersetzen. Sonst sterben die Wälder nur noch schneller ab als sie wiederaufgeforstet werden.

 

Selbst die groß verkündete und völlig unzureichende Erhöhung des allgemeinen Reduktionsziels der EU auf 40 bis 55 Prozent gegenüber dem Wert von 1990 ist Augenwischerei. Wieso ist denn der CO2-Ausstoß in den letzten 30 Jahren nicht annähernd entsprechend den bisherigen Zielen gesunken, sondern seit 1990 sogar um über 60 Prozent gestiegen? Der CO2-Ausstoß müsste bis 2030 um 70 bis 90 Prozent reduziert werden, um eine weitere drastische Erderwärmung zu verhindern.

 

Was Ursula von der Leyen und die neue EU-Kommission damit vor allem erreichen wollen, ist eine neu verpackte Neuauflage des mehrfach gescheiterten imperialistisch-ökologistischen Betrugs von der Vereinbarkeit von kapitalistischer Ökonomie und Ökologie.

Gegensätze in der EU nur notdürftig überdeckt

Ob der „Green Deal“ überhaupt Wirklichkeit wird, steht in den Sternen. Zwar haben sich die EU-Staaten in der Nacht auf Freitag auf einen Kompromiss geeinigt. Polen verweigerte allerdings auch dem seine Zustimmung.

 

Aufgrund der wachsenden zwischenimperialistischen Widersprüche in der EU werden auch schon weitere Einzelzugeständnisse an verschiedene Länder in Aussicht gestellt. So will Frankreich seine Atomkraftwerke aus dem „Green Deal“ heraushalten, während Polen als aufstrebendes neuimperialistisches Land auf keinen Fall seine Kohlekraftwerke abschalten möchte. Solche Gegensätze werden durch den „Green Deal“ nur notdürftig überdeckt.

BDI beschwert sich

Dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) gehen selbst die völlig unzureichenden Pläne von der Leyens schon zu weit. Neue Klimavorschriften führten zu einer Verunsicherung der Unternehmen, behauptet BDI-Präsident Dieter Kempf. Das sei "Gift für langlebige Investitionen". Der European Round Table for Industry (ERT) forderte, dass die Pläne von der Leyens die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie nicht gefährden dürfen.

 

Diese beeilte sich dann auch, zu erklären, dass der „Green Deal“ die Wirtschaft nicht „übermäßig belasten“ dürfe. Sie will deshalb an den Außengrenzen der Europäischen Union (EU) eine Art Öko-Zoll einführen, um Importe teurer zu machen, bei deren Produktion mehr CO2 ausgestoßen wird als bei europäischen Produkten. Solch ein Öko-Zoll könnte allerdings den Handelskrieg vor allem mit den USA und China weiter anstacheln.

Sinnvolle Sofortmaßnahmen sehen anders aus

Es sind die industriellen Hauptverschmutzer, die mit strengen Forderungen zu einer jährlicher Absenkung der CO2-Belastung verpflichtet werden müssen. Bei Nichteinhaltung müssen sie drakonische Strafen bekommen. Das wären sinnvolle Sofortmaßnahmen. Sie können nur auf Kosten der Profite erkämpft werden.

 

Aber um die Umwelt zu retten, reicht auch das nicht! Denn in der weltweit organisierten kapitalistischen Produktion mit ihrem zum gegenseitigen Vernichtungskrieg gesteigerten Konkurrenzkampf ist die Zerstörung unserer natürlichen Umwelt zu einer systembedingten Gesetzmäßigkeit geworden. Für eine wirkliche Systemänderung muss der Kapitalismus mit seiner immer verheerenderen Ausbeutung von Mensch und Natur revolutionär überwunden und ein echter Sozialismus aufgebaut werden.

 

Literaturtipp: "Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?", Stefan Engel, Verlag Neuer Weg