Braunkohle-Ausstieg
Die Konzerne machen noch mal große Kasse
„Stilllegungspfad“ bezeichnet die Bundesregierung die in der Nacht zu Donnerstag, 16. Januar, beschlossene Einigung zum Ausstieg aus der Braunkohleverstromung.
Laut dem "Stilllegungspfad" zum Ausstieg aus der Braunkohleverstromung soll ein Gesetz folgen. Darin enthalten ist ein dreistufiger Plan ausschließlich zur Stilllegung der Braunkohlekraftwerke bis Ende 2038. Damit wird der vor einem Jahr bereits als verfehlt geltende sogenannte Kohlekompromiss noch einmal um Jahre verzögert. Einen konkreten Plan für die Stilllegung der Steinkohlekraftwerke gibt es nicht – im Gegenteil: Die vereinbarte Nichtinbetriebnahme des Kraftwerks „Datteln 4“ von Uniper wird aufgehoben. Die Regierung will auf Druck der NRW-Landesregierung und als Kniefall vor Uniper das Kraftwerk umgehend ans Netz gehen lassen.
Milliarden Euro Entschädigung - für Konzerne
Verbunden wird das mit Entschädigungszahlungen an die Energiekonzerne – vornehmlich RWE und die tschechische Energetický a Průmyslový Holding (EPH), mit den Betreibern Uniper, LEAG und MIBRAG). Sie erhalten 4,35 Milliarden Euro für die schon seit Jahren abgeschriebenen Kraftwerke.
Solche Entschädigungen lehnt die MLPD grundsätzlich ab. Die Konzerne haben Milliarden Profite aus der Ausbeutung von Mensch und Natur gescheffelt, ziehen sich jetzt aus der Verantwortung für Ersatzarbeitsplätze und bekommen noch Geld hinterhergeschmissen.
Die Konzerne machen hier nur noch mal große Kasse
Henry Matuš, Lausitzer Allianz
Henry Matuš, Mitglied bei „Lausitzer Allianz“, äußerte sich gegenüber Rote Fahne News eindeutig: „Die Konzerne machen hier nur noch mal große Kasse. Mit Umweltschutz hat das wenig zu tun. Und es gibt keinen Plan und keine Garantien für Strukturmaßnahmen in den betroffenen Gebieten. Das gilt natürlich auch für Ersatzarbeitsplätze. Seit Jahren versprechen sie Neuansiedlungen. Gleich hinter der Landesgrenze bei Spreetal im Industriepark Schwarze Pumpe entstanden die Papierfabrik Hamburger-Spremberg und die Wellpappenfabrik Dunapack. Das sind die einzigen Ansiedlungen weit und breit, die nicht etwas mit der Braunkohle zu tun haben. Alle weiteren Ansiedlungen sind mit der Braunkohle verbunden.“
In der Region hat sich großes Misstrauen gegenüber angekündigten Infrastrukturmaßnahmen entwickelt. Angeblich stünden für die betroffenen Regionen bis 2038 40 Milliarden Euro zur Verfügung , "um sich von der Kohle zu lösen". Die Summe setzt sich aus 14 Milliarden Euro Bundeshilfen für die betroffenen Länder und 26 Milliarden für direkte Investitionen des Bundes zusammen. In der Regel fließen solche Gelder über Großprojekte meist und sehr schnell in die Taschen großer Monopole.
Auch die Lausitzer sind skeptisch: So wurde unmittelbar nach der Wende angekündigt, die eingleisige Bahnstrecke von Cottbus nach Lübbenau zweigleisig auszubauen und zu elektrifizieren. Nach 30 Jahren existieren nur vage Versprechen, dieses Projekt bis 2027 zu realisieren. Bisher ist nur bekannt, dass es einzelne Umsiedlungen von Institutionen in die Lausitz geben soll. Henry Matuš: „Selbst die Infrastrukturmaßnahmen sind mehr kosmetischer Natur.“
Nicht nur die Verbrennung, auch der Abbau von Braunkohle geht weiter. In Aussicht gestellt wurde der Erhalt des Hambacher Waldes. Aber für weitere Dörfer bedeutet dieser Beschluss die Unterschrift unter das Todesurteil. So wollen in NRW Regierung und RWE für das Abbaugebiet des Braunkohletagebaus Garzweiler II ganze Dörfer umsiedeln, darunter ist der Ort Kuckum.
RWE kündigt Arbeitsplatzvernichtung an
Unmittelbar nach Bekanntgabe des Stilllegungspfads kündigte RWE die Vernichtung von Arbeitsplätzen im Braunkohletagebau und in den Kraftwerken an: kurzfristig 3000, bis 2030 insgesamt 6000 – eine Reduzierung um 60 Prozent. Insgesamt sind weit über 20.000 Jobs betroffen, weitere Tausende bei Zulieferern und in den Steinkohlekraftwerken.
Im Abkommen wird nur angedeutet, dass Beschäftigte „Ausgleichszahlungen“ erhalten sollen, Sozialpläne mit „Anpassungsgeld“ sollen nur bis 2043 reichen. Von Ersatzarbeitsplätzen in der schwierigen Renaturierung der Braunkohletagebauen mit nachhaltiger Wasserwirtschaft oder in anderen Branchen ist nicht die Rede.
Kampf für Arbeitsplätze und Umweltschutz
Die Arbeiter- und Umweltbewegung ist herausgefordert, den Kampf für Arbeitsplätze und Umweltschutz auf Kosten der Profite zu verstärken und eine weltweite, gesellschaftsverändernde Widerstandsfront aufzubauen. Das Abkommen ist arbeiterfeindlich und umweltzerstörend.
Im Umweltprogramm der MLPD heißt es dagegen:
Sukzessives und dann vollständiges Ersetzen fossiler Brennstoffe durch regenerative Energien! Energiegewinnung vor allem aus Sonne, Wind, Wasser und Bioabfällen! Senkung der Treibhausgas-Emissionen um 70 bis 90 Prozent bis zum Jahr 2030 und klarer Kurs auf Absenkung des CO2-Gehalts in der Luft auf 350 ppm!
Die MLPD steht für den gemeinsamen Kampf der Arbeiter- und Umweltbewegung. Sie denkt weiter und kämpft für eine echte sozialistische Gesellschaft, die die soziale und die ökologische Frage löst. Eine Gesellschaft, in der die Einheit von Mensch und Natur teils erst wiederhergestellt, gefestigt und planmäßig höherentwickelt werden kann. Grundlinien dieses gesamtgesellschaftlichen Paradigmenwechsel skizziert Stefan Engel in seinem Buch "Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?"" (mehr dazu)